Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die geheime Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
Vom Netzwerk:
konnte, die er für sich selbst geschrieben hatte: kühl, aber freundlich; zögernd; zurückhaltend in den Details; intelligent, aber nicht in dem Maße, in dem er es tatsächlich war. Es hatte ihm wirklich Spaß gemacht, mit ihnen zu sprechen, erzählte er mir. Davenport war vulgär und weiter nicht der Rede wert, aber der Italiener war ernst und höflich, durchaus charmant. (»Wie einer dieser alten Florentiner, die Dante im Fegefeuer trifft.«) Sein Name war Sciola. Er interessierte sich sehr für die Reise nach Rom und stellte viele Fragen dazu, weniger als Ermittler denn vielmehr als Mittourist. (»Wart ihr zufällig auch draußen bei – na, wie heißt es doch gleich? – San Prassede, draußen beim Bahnhof? Mit der kleinen Kapelle an der Seite?«) Er sprach auch Italienisch, und er und Henry führten eine kurze, fröhliche Unterhaltung, die Davenport bald verärgert beendete, weil er kein Wort verstand und endlich zur Sache kommen wollte.
    Henry war nicht allzu auskunftswillig – zumindest mir gegenüber -, was die Natur dieser Sache betraf. Er sei indessen, sagte er, ziemlich sicher, daß die Spur, der sie da nachgingen, was immer es sein mochte, nicht die richtige sei. »Und mehr noch«, fügte er hinzu, »ich glaube, ich habe herausgefunden, was sie vermuten.«
    »Was denn?«
    »Cloke.«
    »Sie glauben doch nicht, daß Cloke ihn umgebracht hat?«
    »Sie vermuten, daß Cloke mehr weiß, als er sagt. Und sie finden sein Benehmen verdächtig. Was es ja tatsächlich ist. Sie wissen alles mögliche, was er ihnen ganz sicher nicht erzählt hat.«
    »Zum Beispiel?«
    »Die Sache mit seinem Rauschgifthandel. Daten, Namen, Orte. Dinge, die passiert sind, noch bevor er nach Hampden kam. Und sie versuchten anscheinend, einiges davon mit mir in Zusammenhang zu bringen, was ihnen natürlich nicht in zufriedenstellender Weise gelang. Meine Güte. Sie fragten sogar nach meinen Arzneirezepten, nach Schmerztabletten, die ich im ersten Semester aus der Krankenstation bekommen habe. Sie hatten lauter Aktenordner mit Daten, zu denen kein einzelner Mensch Zugang hat – Krankengeschichten, psychologische Gutachten, Lehrerkommentare,
Arbeitsproben, Zeugnisse ... Natürlich waren sie sehr darauf bedacht, mich sehen zu lassen, daß sie all das hatten. Wollten mich vermutlich einschüchtern. Ich weiß ziemlich genau, was in meinen Akten steht, aber bei Cloke ... schlechte Zensuren, Drogen, Suspendierungen  – ich würde bereitwillig darauf wetten, daß er eine stattliche Papierspur hinter sich herzieht. Ich weiß nicht, ob es die Akten per se sind, was sie neugierig gemacht hat, oder ob es etwas war, was Cloke selbst gesagt hat, als er mit ihnen sprach; aber was sie hauptsächlich von mir wissen wollten – und von Julian und von Brady und Patrick Corcoran, mit denen sie gestern gesprochen haben –, waren Einzelheiten über Bunnys Beziehung zu Cloke. Julian wußte darüber natürlich nichts. Brady und Patrick haben ihnen anscheinend eine Menge erzählt. Und ich ebenfalls.«
    »Wovon redest du?«
    »Na, ich meine, Brady und Patrick waren vorgestern nacht mit ihm draußen auf dem Parkplatz des Coachlight Inn und haben Pot geraucht.«
    »Aber was hast du ihnen erzählt?«
    »Was Cloke uns erzählt hat. Über die Drogengeschäfte in New York.«
    Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück. »Oh, mein Gott», sagte ich. »Bist du sicher, daß du weißt, was du tust?«
    »Natürlich«, sagte Henry mit heiterer Gelassenheit. »Es war das, was sie hören wollten. Sie hatten den ganzen Nachmittag drumherumgeredet, und als ich schließlich beschloß, es fallenzulassen, stürzten sie sich darauf ... Ich nehme an, Cloke stehen ein oder zwei unbehagliche Tage bevor, aber ich glaube, für uns trifft es sich wirklich sehr glücklich. Wir hätten uns nichts Besseres wünschen können, um sie zu beschäftigen, bis der Schnee schmilzt-und hast du bemerkt, wie heiter es seit Tagen ist? Ich glaube, die Straßen fangen schon an zu tauen.«
     
    Mein blaues Auge rief mancherlei Interesse, Spekulationen und Debatten hervor – Francis erzählte ich, nur um zu sehen, wie er große Augen machte, die FBI-Männer hätten es mir verpaßt –, aber nicht annähernd so viel wie ein Artikel im Boston Herald. Sie hatten am Tag zuvor einen Reporter heraufgeschickt, genau wie die New York Post und die Daily News, aber der Herald- Reporter hatte ihnen den Knüller weggeschnappt.

RAUSCHGIFT WOMÖGLICH HINTERGRUND FÜR VERMONTER VERMISSTENFALL
    Im Fall des

Weitere Kostenlose Bücher