Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)
vermißten 24jährigen Hampden-College-Studenten Bunny Corcoran, der seit drei Tagen Gegenstand einer intensiven Suchaktion in Vermont ist, haben ermittelnde FBI-Agenten festgestellt, daß der verschwundene Jugendliche möglicherweise mit Rauschgift befaßt war. Bei der Durchsuchung von Corcorans Zimmer haben die Bundesbehörden Drogenzubehör sowie massive Kokainspuren entdeckt. Zwar ist Corcoran nicht als Drogenkonsument bekannt, aber aus ihm nahestehenden Kreisen verlautet, daß der eigentlich eher extrovertierte Student sich in den Monaten vor seinem Verschwinden zunehmend launisch und zurückgezogen gezeigt habe. (Lesen Sie dazu auch auf S. 6: »Was Ihr Kind Ihnen verschweigt.«)
Wir waren über diesen Bericht verblüfft, aber alle anderen auf dem Campus schienen genau darüber Bescheid zu wissen. Mir erzählte Judy Poovey die Story.
»Weißt du, was sie da in seinem Zimmer gefunden haben? Es war irgendwie dieser Spiegel, der Laura Stora gehörte. Ich wette, jeder in Durbinstall hat von dem Ding schon gekokst. Echt alt, mit so kleinen, an der Seite reingeschliffenen Rillen. Jack Teitelbaum nannte ihn immer ›die Schneekönigin‹, weil man immer noch eine oder zwei Lines da runterkratzen konnte, wenn man echt verzweifelt war oder so. Und klar, ich schätze, technisch gesehen ist es ihr Spiegel, aber eigentlich ist er so was wie Allgemeineigentum, und sie sagte, sie hat ihn seit ungefähr einer Million Jahre nicht mehr gesehen; jemand hat ihn im März aus dem Aufenthaltsraum in einem der neuen Häuser geholt. Bram Guernsey sagt, Cloke hätte gesagt, er wäre nicht in Bunnys Zimmer gewesen, als er da gewesen wäre, und die Bullen müßten ihn da reingetan haben, aber Bram sagt, Cloke meint auch, daß die ganze Sache irgendwie abgekartet ist. Inszeniert. Wie in ›Kobra übernehmen Sie‹, meint er, oder wie in einem der Paranoia-Bücher von Phillip K. Dick. Er hat Bram gesagt, er glaubt, daß die FBI-Bullen irgendwo in Durbinstall ’ne versteckte Kamera angebracht haben. Lauter so wildes Zeug. Bram sagt, das ist, weil Cloke Angst hat, schlafen zu gehen, und seit achtundvierzig Stunden auf Speed ist. Er sitzt bei verschlossener Tür in seinem Zimmer rum, zieht sich Koks rein und hört diesen
Song von Buffalo Springfield, immer wieder ... weißt du, welchen? ›Something’s happening here ... what it is ain’t exactly clear ... ‹ Schon unheimlich. Die Leute sind aufgeregt, und plötzlich wollen sie den alten Hippie-Müll hören, den sie sich nie anhören würden, wenn sie bei Verstand wären, wie, als meine Katze gestorben ist und ich losgezogen bin und mir die ganzen Simon-and-Garfunkel-Platten geliehen hab’. Jedenfalls ...« Sie zündete sich eine Zigarette an. »Wie kam ich jetzt darauf? Ach so – Laura tickt aus, irgendwie haben sie den Spiegel zu ihr zurückverfolgt, und sie ist doch sowieso schon auf Bewährung, weißt du, mußte ja im letzten Herbst den ganzen Sozialdienst leisten, weil Flipper Leach Trouble gekriegt und daraufhin Laura und Jack Teitelbaum verpfiffen hat – ach, du erinnerst dich doch an dieses ganze Zeug, oder?«
»Ich habe noch nie von Flipper Leach gehört.«
»Ach, du kennst doch Flipper. Sie ist ’n Biest. Alle nennen sie Flipper, weil sie mit dem Volvo von ihrem Daddy ’n Flipper gemacht hat, vierfacher Überschlag, gleich im ersten Jahr.«
»Aber ich verstehe nicht, was diese Flipper Leach mit der ganzen Sache zu tun hat.«
»Na, sie hat überhaupt nichts damit zu tun, Richard; du bist wie dieser Typ in ›Dragnet‹, der immer alle Fakten wissen will. Es ist bloß so, daß Laura eben austickt, und das Studentensekretariat droht, ihre Eltern anzurufen, wenn sie nicht sagt, wie der Spiegel in Bunnys Zimmer gekommen ist, wo sie doch nicht den leisesten Schimmer hat, und jetzt paß auf: Diese FBI-Typen haben rausgekriegt, daß sie vorige Woche bei ›Swing into Spring‹ Ecstasy dabeihatte - und jetzt soll sie ihnen Namen nennen. Ich hab’ gesagt: ›Laura, mach das nicht; das läuft sonst wie bei Flipper, und alle werden dich hassen, und du mußt auf ’n anderes College wechseln. ‹ Es ist ja, wie Bram sagt ...«
»Wo ist Cloke jetzt?«
»Das wollte ich dir ja sagen, wenn du bloß mal für’ne Minute die Klappe halten könntest. Das weiß nämlich niemand. Er war echt fertig, und gestern abend hat er Bram gefragt, ob er seinen Wagen leihen könnte, um wegzufahren, aber heute morgen stand der Wagen wieder auf dem Parkplatz, und die Schlüssel steckten, und
Weitere Kostenlose Bücher