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Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die geheime Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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diese Typen gehört.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, daß sie den verdammten Teufel anbeten.«
    »Die Griechen haben keinen Teufel«, antwortete ich pedantisch.
    »Na, ich hab’s anders gehört.«
    »Na und. Du irrst dich eben.«
    »Das ist ja nicht alles. Ich hab’ auch noch andere Sachen gehört.«
    »Was denn noch?«
    Sie wollte es nicht sagen.
    »Wer hat es dir erzählt? Judy?«
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    »Seth Gartrell«, sagte sie, als sei die Sache damit erledigt.
    Natürlich kannte ich Gartrell. Er war ein schlechter Maler und ein bösartiges Tratschmaul mit einem Vokabular, das fast ausschließlich
aus Obszönitäten und dem Wort postmodern bestand. »Das Schwein«, sagte ich. »Kennst du ihn?«
    Sie sah mich mit feindseligem Funkeln an. »Seth Gartrell ist ein guter Freund von mir.«
    Ich hatte wirklich ein bißchen zuviel getrunken. »Ach ja?« sagte ich. »Dann erzähl mir mal. Woher hat seine Freundin dauernd diese blauen Augen? Und pißt er wirklich auf seine Bilder wie Jackson Pollock?«
    »Seth«, sagte sie eisig, »ist ein Genie.«
    »Tatsächlich? Dann ist er sicher ein Meister der Täuschung, nicht wahr?«
    »Er ist ein wunderbarer Maler. Das heißt, konzeptionell. Jeder im Fachbereich sagt das.«
    »Na, wenn das jeder sagt, dann muß es ja stimmen.«
    »Viele Leute mögen Seth nicht.« Jetzt war sie wütend. »Ich glaube, viele Leute sind einfach neidisch auf ihn.«
    Eine Hand zog hinten, über dem Ellbogen, an meinem Ärmel. Ich schüttelte sie ab. Bei meinem Glück konnte das nur Judy Poovey sein, die versuchen wollte, mich anzumachen, wie sie es jeden Freitagabend um diese Zeit tat. Aber die Hand zupfte erneut an mir, diesmal fester und ungeduldiger; verärgert drehte ich mich um und wäre dann fast nach hinten in die Blonde zurückgeprallt.
    Es war Camilla. Ihre eisenfarbenen Augen waren zuerst alles, was ich sah – leuchtend, verändert, klar im trüben Licht von der Bar. »Hi«, sagte sie.
    Ich starrte sie an. »Hal lo «, sagte ich und bemühte mich, nonchalant zu sein, strahlte aber doch entzückt auf sie hinunter. »Wie geht’s denn? Was machst du hier? Kann ich dir was zu trinken besorgen?«
    »Bist du beschäftigt?« fragte sie.
    Das Denken fiel mir schwer. Die feinen goldenen Haare lockten sich auf ganz bestrickende Art an ihren Schläfen. »Nein, nein, überhaupt nicht«, sagte ich und schaute ihr nicht in die Augen, sondern auf die faszinierende Korona rings um ihre Stirn.
    »Wenn ja, mußt du es nur sagen«, erklärte sie mit einem gewissen Unterton und blickte über meine Schulter. »Ich will dich nicht von irgend was wegschleifen.«
    Natürlich: Miss Gaultier. Ich drehte mich um und rechnete halb mit irgendeinem giftigen Kommentar, aber sie hatte das Interesse verloren und redete demonstrativ mit jemand anderem. »Nein«, sagte ich, »es ist schon o. k.«
    »Möchtest du dieses Wochenende aufs Land?«
    »Was?«
    »Wir fahren jetzt. Francis und ich. Er hat ein Haus, ungefähr eine Stunde von hier.«
    Ich war wirklich betrunken; sonst hätte ich nicht einfach genickt und wäre ihr gefolgt, ohne eine einzige Frage zu stellen. Um zur Tür zu kommen, mußten wir über die Tanzfläche: Schweiß und Hitze, blitzende Weihnachtslichter, ein furchtbares Gedränge von Leibern. Als wir schließlich ins Freie hinaustraten, war es, als fielen wir in einen Teich mit kühlem, stillem Wasser. Gekreisch und animalische Musik dröhnten gedämpft durch geschlossene Fenster.
    »Mein Gott«, sagte Camilla. »Diese Feten sind die Hölle. Überall wird gekotzt.«
    Der Kies in der Zufahrt schimmerte silbern im Mondlicht. Francis stand im Schatten unter ein paar Bäumen. Als er uns sah, trat er plötzlich auf den hellen Weg. »Buh«, sagte er.
    Wir machten beide einen Satz rückwärts. Francis lächelte schmal, und das Licht blinkte auf seinem betrügerischen Kneifer. Zigarettenrauch kräuselte sich aus seinen Nasenlöchern. »Hallo«, sagte er zu mir und sah dann Camilla an. »Ich dachte schon, du wärest weggelaufen«, sagte er.
    »Du hättest mit mir hineinkommen sollen«, meinte sie.
    « Ich bin froh, daß ich’s nicht getan habe«, erwiderte Francis. »Ich habe nämlich ein paar interessante Sachen hier draußen gesehen.«
    »Was denn zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, wie Saalordner ein Mädchen auf einer Trage herausbrachten, und wie ein schwarzer Hund ein paar Hippies attackierte.« Er lachte, warf seine Autoschlüssel in die Luft und fing sie klirrend wieder auf. »Seid ihr

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