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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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Hunde oder Falken.
    »Eure Bulldogge da… Eine so große habe ich mein Lebtag nicht gesehen. Habt Ihr sie schon einmal auf Bären angesetzt?«
    »Gargantua und Bärenjagd? Er ist das nutzloseste Geschöpf, das Gott je erschaffen hat. Tut nichts anderes als fressen und wachsen. Ihr könnt mir glauben, der würde sogar vor einem Kaninchen Reißaus nehmen, ganz zu schweigen von einem Bären. Ich hätte ihn schon längst ertränkt, wenn meine Töchter nicht heulen und wehklagen würden.«
    »Oh, wer möchte diese reizenden Demoiselles auch nur einen einzigen Augenblick unglücklich machen.« Der charmante Fremde warf uns ein gewinnendes Lächeln zu.
    »Wir können wirklich nicht noch länger bleiben«, warf Annibal ein.
    »Ich habe einen neuen Wanderfalken, den ich auf Enten ansetzen möchte. Mögt Ihr die Falkenjagd, Monsieur d'Estouville?«
    »Das könnte mich locken. Schließlich dürfen wir Le Vaillant nicht durch Gewaltmärsche ermüden, oder? Ein weiterer Tag. Sagt, welches Federspiel verwendet man in dieser Gegend des Landes?«
    »Für die Falkenjagd am Bach? Wildentenflügel, nichts als Wildentenflügel. So haben es schon mein Vater und mein Großvater gehalten.«
    »Ausgezeichnet! Also, Annibal, dein Vater hat mich in Versuchung geführt, noch einen Tag zu bleiben. Die Enten – und dann dieser herrliche Wein. Woher stammt er, sagt Ihr?«
    »Von meinem Weinberg, südlich von Orléans gelegen – in Wirklichkeit gar nicht so weit von Blois. Bester Boden.«
    »O ja, den Boden kann man immer herausschmecken.«
    »Und die Sonne. Das Wetter ist in diesem Jahr prächtig für Trauben gewesen. Sicherlich ein außergewöhnlicher Jahrgang. Ich freue mich schon darauf, wenn der Großteil erst hier im Keller ist…«
    »Dank Sibille«, sagte Annibal und lachte.
    »Und ihrer religiösen Inbrunst. Nein, das ist ein Familienwitz. Sagt, welcher Vogel läßt sich nutzbringender ausbilden, einer mit gutem Körperbau und schlechtem Gefieder oder einer mit schlechtem Körperbau und gutem Gefieder?«
    »Es gibt Leute, die lassen sich durch das Gefieder täuschen, aber ich würde den Vogel mit dem guten Körperbau vorziehen. Er hat mehr Standvermögen.«
    »Ich hatte einmal einen, der hat Enten schlicht verweigert. Sah zudem auch nicht gerade gut aus. Den habe ich einem Nachbarn verkauft, der mit ihm geliebäugelt hat und dachte, er könnte ihn ausbilden. Beim ersten Mal blieb er hocken; beim zweiten Mal ist er abgezischt und nie zurückgekehrt. Das war Monsieur de La Tourette, habt Ihr schon von ihm gehört?«
    »La Tourette? Liegt das in der Grafschaft? Wie lautet der Familienname?«
    »Villasse.«
    »Villasse. O ja, ähem…«
    Meine üppig blühende Phantasie malte sich den kleinen Wanderfalken aus, wie er über Villasse kreiste und kreiste, und der saß auf seinem Pferd und befahl den Vogel zuerst mit dem Handschuh zurück, dann brüllte er wutentbrannt, während der Vogel merkte, daß ihn nichts mehr zurückhielt und selig in die Freiheit entfloh. Den Rest der Unterhaltung hörte ich nicht mehr, bis Annibal sagte: »Sibille, Sibille, du kommst doch mit, ja?«
    »Was? O ja«, antwortete ich gedankenverloren.
    »Wie schön, daß uns die Damen begleiten wollen«, sagte d'Estouville und schenkte mir ein ausnehmend hinreißendes Lächeln. Ich tat die ganze Nacht kein Auge zu.

    Wir waren noch auf der Jagd, als Villasse' Brief bei Mutter abgegeben wurde. Ich stellte mir vor, wie sie die Hand aufs Herz legte, als er eintraf, und ein wenig blaß wurde. Doch da platschten wir gerade im leichten Galopp durch die Binsen am Teich und erschreckten die Enten, daß sie aufstoben, wo die bereits freigelassenen Falken auf sie warteten und munter kreisten, bis ihnen die Beute zugetrieben wurde. Funkelndes Wasser spritzte nach allen Seiten, Laurette lachte und bekam rosige Wangen, und Annibal zeigte in den hellblauen Himmel über uns.
    »Seht mal, er hat eine.« Vaters Wanderfalke stürzte jählings hinab, packte eine Wildente mit den Krallen, und beide schlugen unter Gequake und Flügelschlagen im Wasser auf.
    »Habe ich nicht gesagt, daß er kühn ist«, sagte Vater und ritt ins Wasser, um den Wanderfalken zu retten, der die noch lebende Ente nicht loslassen wollte.
    Sonnenschein glitzerte auf den Blättern der Bäume jenseits des binsenumstandenen Teiches. Die Enten kehrten bereits zum Wasser zurück, jedoch weit entfernt von unseren Pferden, wo sie vor den Wanderfalken sicher waren. Wie im Traum sah ich Annibal seinen Vogel aufnehmen, der

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