Die geheime Sammlung
Kartoffel mit viel Käse in den Mund schob. »Wenn diese magischen Gegenstände so mächtig sind, wieso versucht dann niemand, damit die Weltherrschaft an sich zu reißen? Oder gibt es da jemanden? Ist das das Ziel der Diebe?«
»Das habe ich mich auch gefragt, als ich hier angefangen habe«, antwortete Anjali. »Aber viele der Gegenstände sind nicht so mächtig, wie man zuerst denkt. Und es gibt heute ja auch die moderne Technik.«
»Stimmt«, sagte Marc. »Verzauberte Schwerter und Knüppel, die Leute verprügeln können, sind nichts im Vergleich zu Gewehren und Bomben.«
»Oder nimm das verzauberte Widderhorn, mit dem man über viele Kilometer hinweg mit jemandem sprechen kann«, sagte Anjali. »Hallo? Handy gefällig? Oder der fliegende Teppich. Nette Sache, aber wir haben heute Flugzeuge. Die Sachen sind phantastisch, und Sammler lieben sie, aber bei der Eroberung der Welt wären sie keine große Hilfe.«
»Ja, aber es gibt doch bestimmt Dinge in dem Sammelsurium, die bis jetzt noch nicht erfunden wurden. Wie zum Beispiel Tarnmäntel. Oder was ist mit dieser Lampe in dem Märchen
Das Blaue Licht
von den Brüdern Grimm, in der sich ein Soldat seine Pfeife mit einem Lämpchen anzündet und dann ein kleines schwarzes Männlein erscheint, das ihm Wünsche erfüllt? Das wäre ziemlich hilfreich bei der Unterwerfung der Welt.«
»Ja, das stimmt. Aber die mächtigsten Gegenstände haben ihren eigenen Kopf – ich würde mich nicht darauf verlassen, sie kontrollieren zu können.«
»Vermutlich«, sagte ich.
»Jemand Nachtisch?«, fragte Marc.
»Vielleicht sollten wir vorher
arbeiten
, falls du noch weißt, was das ist«, sagte Anjali und schaute noch einmal in den Schrank. »Hier liegt ein Paar fliegende Sandalen. Sieht aus, als bräuchten sie eine neue Schnalle.«
»Fliegende Sandalen?«, fragte ich. »Echte
fliegende Sandalen?
«
»Fliegende Sandalen«, sagte Anjali und hielt sie hoch. Die Sandalen hatten Flügel an den Hacken und sahen aus wie die, die mich angeflattert hatten. Ich fragte mich, wie sie so schnell hier nach oben gekommen waren.
»Das kann ich machen«, sagte Marc. Er öffnete eine Schublade und wühlte in einer Auswahl an Schnallen.
»Und hier ist das kochende Töpfchen«, sagte Anjali und hielt eine Steinschüssel hoch, aus der es unten heraustropfte. »Ich brauch was zum Abdichten.«
»Schau doch mal im Schrank mit dem Klempner-Zubehör nach«, schlug Marc vor.
»Ja, hier ist was. Elizabeth, hilfst du mir bitte?«
»Klar«, sagte ich. Ich hielt das Töpfchen über die Spüle, während sie es abdichtete. Es war irgendwie ziemlich unglaublich, dass wir ganz gewöhnliche, alltägliche Silikonpaste benutzten, um ein magisches, ewig kochendes Gefäß abzudichten.
»Danke, Elizabeth, ich glaube, das geht so – Merritt! Was machst du da?«
Marc hatte seine Schuhe ausgezogen und schlüpfte in die fliegenden Sandalen. »Ich muss doch sichergehen, dass die Schnallen halten, oder?« Er sprang in die Luft und glitt vorwärts wie ein Schlittschuhläufer in der Luft. Bei ihm sah es so einfach aus. »Braucht ihr irgendwas von hier oben?«, witzelte er. Ich starrte ihn mit großen Augen an. Es regnete Staubkörner von der Decke. Ich nieste und rieb mir den Staub aus den Augen. »’tschuldigung, Elizabeth!« Er flog einen Looping und landete mit einem eleganten Schlenker.
»Fliegende Sandalen!«, flüsterte ich. »Fliegende.
Sandalen.
«
»Willst du mal probieren?«
»Ich? Echt?«
»Natürlich du.«
»Aber braucht man dafür nicht irgendein spezielles, ich weiß nicht …«
Marc lachte. »Du hast den Bogen schnell raus, es ist nicht schwer. Ich zeige es dir.« Er zog sich die Sandalen aus und gab sie mir.
Seine Füße waren viel größer als meine, aber die Sandalen passten trotzdem. Magie, dachte ich mir. »Wie bringe ich sie zum Fliegen?«
»Spring so hoch, wie du kannst, und wirf die Flügel an. Du musst mit den Hacken flattern.«
Ich versuchte es. Ich war keinen halben Meter in der Luft, als meine Füße unter mir weg und zur Seite rutschten. Ich landete ziemlich hart auf der Kehrseite.
Marc fing an zu lachen, aber Anjali funkelte ihn böse an und er hörte auf. »Das war gut für den Anfang, Elizabeth, aber du musst deinen Füßen mit deinem Körper folgen«, sagte er. »Versuch deinen Schwerpunkt direkt über deinen Füßen zu halten.«
»Hilf ihr lieber!« Anjali zog mich auf die Füße.
Ich versuchte es noch einmal. Diesmal stand Marc hinter mir und hielt mich unter den
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