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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
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»Anjali.«
    Als hätte er sie beschworen, öffnete sich die Tür und Anjali kam herein.
    »Es ist ziemlich tot in Magazin zwei«, sagte sie. »Ms.Callender hat mich nach oben geschickt, um zu schauen, ob ihr Hilfe braucht. Natürlich nur, wenn ihr nicht schon fertig seid.«
    »Ha«, sagte Marc. »Mit Fräulein Zwei-Linke-Hände? Du träumst.« Er zwinkerte mir zu.
    Anjali lachte. »Wie überaus liebenswürdig! Du solltest besonders nett sein – du schuldest ihr was. Mach dir keine Sorgen, Elizabeth, ich erinnere mich an einen Marc Merritt vor gar nicht allzu langer Zeit, der hatte fünf dicke Daumen, an jeder Hand. Nenn ihn einfach Daumen-Dussel und achte auf seine Reaktion.«
    Sie grinsten einander an.
    Anjali nahm ein besticktes Seidengewand, das vielleicht die Zeremonienrobe eines Edelmannes oder einfach nur ein ausgefallener Bademantel war, und suchte eine Garnrolle in passendem Smaragdgrün. Sie fädelte den Faden ein und begann schnell und mit kleinen Stichen zu nähen. Bei ihr sah es so einfach aus.
    »Du, Elizabeth«, sagte sie ernst, die Augen auf die Näharbeit gerichtet, »es tut mir wirklich leid, dass ich vergessen habe, dir zu erklären, wie du rauskommst. Ich komme mir wie ein Idiot vor.«
    »Ist schon in Ordnung. Ist ja alles gutgegangen.«
    »Ich weiß. Es tut mir trotzdem leid.«
    »Nun ja, wenn ihr noch ein bisschen gewartet hättet, hätte ich meinen eigenen Schlüssel benutzen können – Dr.Rust hat mir gerade einen gegeben.«
    »Wow, Glückwunsch!« Anjali legte ihr Nähzeug weg und umarmte mich. »Lass mal sehen! Oh, eine Vielzweckklemme? Cool!«
    »Das erinnert mich an was. Ich sollte dir deinen Schlüssel wohl besser wiedergeben«, sagte Marc und überreichte ihr die Haarspange. Sie steckte ihr Haar damit hoch.
    »Wie war eigentlich Zandra so, die Pagin, die gefeuert wurde?«, fragte ich. »Doc Rust und Ms.Callender haben über sie gesprochen.«
    »Ich mochte sie nicht«, sagte Anjali. »Alles, was sie interessierte, waren Kleidung, Urlaubsreisen und Musikanlagen. Sie wollte immer das neueste und teuerste Zeug haben. Es hat mich nicht überrascht, dass sie sie beim Klauen erwischt haben.«
    »Aber wieso eine Vase?«, fragte ich. »Das ergibt keinen Sinn.«
    »Ich weiß«, sagte Anjali. »Wieso sollte sie sich für eine Ming-Vase interessieren? Die kann sie ja nicht anziehen. Sie wollte sie wohl verkaufen.«
    »Sie ist zu blöd, um selbst auf so eine Idee zu kommen«, verkündete Marc. »Ich wette, sie hat für jemanden gearbeitet.«
    »Aber für wen?«, überlegte ich laut, aber Marc zuckte nur mit den Schultern. »Das ist die große Frage.«
    »Was ist mit der anderen Pagin? Die verschwunden ist?«
    »Mona? Die mochte ich sehr«, sagte Anjali. »Aber irgendwas machte sie fertig. Bevor sie ging, war sie sehr nervös, aber sie wollte nicht darüber reden. Und eines Tages gab sie ihren Schlüssel zurück und verschwand einfach.«
    »Wovor hatte sie Angst? War es wirklich dieser riesige Vogel? Das hört sich so unglaubwürdig an. Zumindest hat es sich unglaubwürdig angehört, bevor ich das Grimm-Sammelsurium gesehen habe.«
    »Ich weiß. Deswegen wusste ich am Anfang nicht, ob ich es dir sagen sollte«, meinte Anjali. »Ich dachte, du würdest denken, ich wäre verrückt. Aber nun hast du die Magie mit eigenen Augen gesehen, und wenn man darüber nachdenkt, gibt es eine Menge riesiger Vögel und phantastischer Kreaturen in Märchen.«
    Ich erinnerte mich daran, wie furchterregend der Schneewittchen-Spiegel gewesen war, und der hatte nicht mal Krallen. »Gut, aber woher hast du dieses Gerücht über den Vogel?«
    »Ich habe es zufällig bei einigen Gästen aufgeschnappt«, sagte Anjali. »Und dann kam dieser schmierige kleine Kunsthändler und hat mir was gesagt.«
    »Der, der dich immer anstarrt?«
    Anjali nickte. »Er sagte, ich solle auf einen gigantischen Vogel achten und sichergehen, dass ich nichts Wertvolles allein mit mir herumtrage. Er hat sogar angeboten, mich nach Hause zu bringen.«
    »Iiihhhh!«, sagte ich. »Bist du dir sicher, dass er nicht einfach versucht hat … dir zu nahe zu treten?«
    »Ich kann dich jederzeit nach Hause bringen, wenn du es willst«, sagte Marc. »Du brauchst keinen schleimigen Gast, der auf dich aufpasst. Ich hoffe, das hast du ihm gesagt.«
    »Ich beließ es bei
Nein, danke
. Aber er hat sich so angehört, als meine er das mit dem Vogel ernst, und die anderen Gäste schienen es zu glauben. Diese Russen, die die ganze Zeit Schach spielen, sagten, sie

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