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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
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fangen. Und Anjali will das auch. Genau wie Marc. Und auch Mr.Mauskopf, da bin ich mir sicher.«
    Aaron schnaubte. »Das werden wir ja sehen.« Er drehte sich zum Gemälde um.
»Meisterstück, komm sei so lieb, zeige uns den wahren Dieb.«
    Ich glaubte nicht, dass das funktionieren würde, sonst hätte Dr.Rust schon vor Wochen das Bild befragen können, wer die Gegenstände stiehlt. Auf jeden Fall hatte das Gemälde einen eigenen Willen. Die Formen flossen ineinander, der Schlamm blich aus und wurde zu einer hell erleuchteten Kunstgalerie voller Menschen. Sie gingen gemeinsam umher, zeigten auf Gemälde oder standen in Gruppen, mit sich bewegenden Mündern, nickten und tranken aus Gläsern. Es waren Dutzende von Leuten dort. Wenn der Dieb unter ihnen war, war es unmöglich zu sagen, wer er oder sie war – der Raum war zu überfüllt, als dass man die meisten der Gesichter hätte erkennen können.
    »Danke vielmals, du bist wirklich eine große Hilfe!«, sagte Aaron.
    »Ist es tatsächlich«, hob ich hervor. »Marc und Anjali sind nicht dabei. Wir haben sie gerade im Gang zusammenkleben sehen.«
    »Also ist Marc nicht der Dieb. Vielleicht arbeitet er nur mit ihm zusammen.«
    »Kannst du nicht einmal zugeben, dass du unrecht hast? Vielleicht sollten wir, anstatt unsere Freunde zu beschuldigen, herausfinden, wer wirklich die Gauner sind.«
    Aber das Gemälde gab uns keinen Hinweis, und nachdem wir den Leuten eine Weile beim Herumlaufen und Weintrinken zugesehen hatten, befahl Aaron dem Bild aufzuhören. Er wartete, während ich Anjali schrieb, dass ich nach Hause gegangen sei, und die verstreuten Papiere zurück auf die Schreibtische legte.
    »Hör mal«, sagte er, als ich fertig war. »Ich … ich möchte mich entschuldigen, dass ich all das gesagt habe. Ich habe so meinen Verdacht, was Marc angeht, aber ich glaube nicht, dass
du
… du und Anjali, ihr seid einfach so …«
    »Das ist okay«, meinte ich schnell, bevor er etwas Ätzendes sagen konnte und ich wieder die Geduld verlor. »Es tut mir auch leid. Ich hätte die ganzen Sachen auch nicht sagen sollen. Eigentlich denke ich … ich denke nicht wirklich so über dich.«
    »Na dann, Frieden?« Aaron streckte mir seine Hand entgegen. »Oder«, sagte er ironisch, »vielleicht sollte ich Weltfrieden oder gleich World Peace sagen?«
    »Frieden«, stimmte ich ihm zu.
    Wir zogen unsere Mäntel an, löschten das Licht und schlossen die Tür hinter uns. Aaron ging mir nach, während ich den Ausgang-Schildern nach draußen folgte. Sie führten uns zum Hintereingang hinter der Cafeteria, aber wenigstens wanderten wir nicht endlos im Gebäude umher.
    »Bis nächste Woche«, sagte er, als die große Schultür hinter uns zuschlug.
    »Warte … würde es dir etwas ausmachen … könntest du mich zur U-Bahn bringen?«, fragte ich. Ich hatte Angst, dass ich ohne meinen Richtungssinn die ganze Nacht brauchen würde, um nach Hause zu kommen.
    Aaron sah überrascht aus, aber er protestierte nicht, nicht einmal, als ich mich einhakte.
    Er sagte nicht viel auf dem Weg zur U-Bahn-Haltestelle. Er schaute mir nach, als ich die Stufen hinunterging; ich sah ihn oben stehen, bis die Wand meine Sicht versperrte.
    Als ich aus dem Zug stieg, hatte ich eine Nachricht von Anjali auf meiner Mailbox. Ich hörte sie mir an, während ich nach Hause ging (nachdem ich zuerst einen halben Block in die falsche Richtung gegangen war).
Entschuldigung! Ich wollte dich nicht versetzen. Marc und ich haben uns ein wenig … gehenlassen, und als wir bei der Bibliothek angekommen waren, warst du, glaube ich, schon nach Hause gegangen. Ich hoffe, du bist nicht sauer! War das nicht ein phantastisches Spiel? Ich mag deine Freunde. Vielen, vielen Dank, dass du mich eingeladen hast, ich schulde dir wirklich was. Na ja, bis nächste Woche.
    In dieser Nacht träumte ich von der Szene im Gemälde, der Szene mit dem Kuss. Der Traum hatte dieselbe beunruhigende Intensität wie das sich verändernde Bild, dasselbe sehr intime Gefühl peinlicher Berührtheit, als Marcs Mund in ihren Nacken wanderte, und sogar denselben Eindruck, als sich das Bild fleckig in Dunkelheit auflöste. Nur war der Junge im Traum Aaron.
    Und noch verstörender: Das Mädchen war ich.

[home]
    Kapitel 17
    Anjali verschwindet
    A ls ich am nächsten Tag zur Arbeit ins Repositorium kam, ging ich in Dr.Rusts Büro, um den Kamm zurückzugeben.
    Die Tür stand offen. Ich klopfte an den Türrahmen und schaute um die Ecke in das Zimmer

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