Die geheime Sammlung
würde es zulassen, dass meine eigene Freundin entführt wird? Reg dich mal für eine Sekunde ab und denk nach, Aaron! Versteh doch: Wir wissen, was zu tun ist. Aber wenn wir das den Bibliothekaren erzählen, werden sie es nicht zulassen.«
»Er hat recht, Aaron«, warf ich ein. »Er hat recht, und du weißt es. Wir müssen Anjali befreien. Können wir bitte aufhören, uns zu streiten, und darüber nachdenken, wie wir Anjali retten?«
Aaron starrte mich noch mal finster an, aber er versuchte nicht mehr, zur Tür zu kommen. »Na schön«, sagte er. »Wir befreien Anjali. Aber sobald sie in Sicherheit ist, sage ich aus, was Marc gemacht hat.«
»Von mir aus«, meinte der. »Mir ist egal, was mit mir passiert, solange Anjali in Sicherheit ist. Holen wir uns den Goldenen Schlüssel und befreien sie.«
»Gut, aber wie?«, fragte ich. »Er ist im Grimm-Sammelsurium, und die Schlösser sind ausgetauscht worden. Unsere Schlüssel funktionieren nicht mehr. Wie kommt man denn sonst noch ins Sammelsurium?«
Die beiden sahen wie vor den Kopf geschlagen aus.
»Da müsste man schon durch die Rohrpost kriechen«, murmelte Marc.
»Stimmt!«, meinte Aaron. »Du hast recht.«
»Was soll denn das heißen?«, fragte Marc. »Du bist zwar ein Zwerg, aber so klein bist du auch wieder nicht.«
Aaron blitzte ihn drohend an. »Wir können den Schrumpfstrahler aus dem Wells-Erbe nehmen. Ms.Minnian hat nichts von den anderen Sondersammlungen gesagt. Nur das Sammelsurium ist besonders gesichert – ich wette, mein Schlüssel für das Wells-Erbe funktioniert noch. Ich schrumpfe euch und schicke euch in einem Pneu in das Grimm-Sammelsurium.«
»Es gibt wirklich einen Schrumpfstrahler?«, staunte ich. »Das ist brillant.«
Marc grunzte zustimmend. »Es könnte klappen.«
Mir fiel etwas ein. »Okay, dadurch kommen wir ins Grimm-Sammelsurium hinein. Aber wie kommen wir wieder raus? Um die Rohrpost zurückzunehmen, bräuchten wir jemanden von normaler Größe, der uns zurückschickt.«
»Vielleicht können wir mit dem Goldenen Schlüssel rauskommen. Weißt du, was er kann?«, fragte Marc.
»Er öffnet ein Kästchen. Aber niemand weiß, was in dem Kästchen ist«, antwortete Aaron.
»Und woher weißt du dann, dass der Schlüssel dieses Kästchen öffnet?«, fragte Marc.
»Hast du Grimms Märchen nicht gelesen? Es ist die letzte Geschichte.«
»Natürlich, die letzte Geschichte. Stimmt ja!«, sagte ich.
»Oh. Die muss ich übersprungen haben. Ist sie richtig lang und öde, mit vielen Trotteln und Eseln? Die habe ich immer überflogen.«
»Nein, sie ist ganz kurz. Ein Junge findet beim Holzsammeln einen Goldenen Schlüssel. Als er weitersucht, findet er auch noch ein eisernes Kästchen. Er schließt das Kästchen auf, und die Geschichte ist zu Ende, und niemand erfährt je, was in dem Kästchen ist.«
»Und wie soll uns das helfen?«, fragte Marc.
Ich dachte nach. »Vielleicht schließt der Goldene Schlüssel mehr als nur ein Kästchen auf. Oder vielleicht können wir etwas anderes benutzen, wenn wir im Grimm-Sammelsurium sind, um herauszukommen. Einen Dschinn, einen Wunschring oder so etwas. Oder wir ziehen den Tarnumhang über und schleichen uns raus, wenn ein Bibliothekar reinkommt. Wir sollten den Schrumpfstrahler benutzen. Wenn wir erst mal im GS sind, finden wir bestimmt einen Weg heraus.«
»Ist gut«, sagte Aaron und nahm seinen Rucksack auf die Schultern. »Auf geht’s.«
Der Schrumpfstrahler war ein großes Gerät mit stromlinienförmigem Äußeren. Er hockte wie eine riesige Ratte in einem Abschnitt des Wells-Erbes, der nur für ihn eingerichtet worden war. Aaron nahm das lange, gewundene Ende in die Hand und untersuchte den Stecker an dessen Ende. »Wo habe ich denn das Verlängerungskabel gelassen?«
Mit wachsender Sorge musterte ich die Maschine, während Aaron und Marc sich darüber stritten, wer wen schrumpfte. Der Streit war rasch beendet. Die Gegenstände aus dem Wells-Erbe waren eindeutig Aarons Fachgebiet. Er war der Einzige, der den Schrumpfstrahler bedienen konnte.
»Zuerst schicken wir nützliches Zeug ins GS , Scheren und Schnur«, sagte Aaron. »Danach schrumpfe ich euch beide, so dass ihr in die Pneus passt, und ich schicke euch nach unten. Wer will zuerst?«
»Am besten ich«, meinte Marc. »Ich bin stärker, also kann ich Elizabeth besser aus der Röhre helfen.«
Wir beluden einige Pneus mit Vorräten und stopften noch ein paar Dinge mehr in unsere Rucksäcke. Aaron legte einen Hebel um, und
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