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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
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Bösewicht, nicht wir.«
    »Ich weiß, dass du es gut meinst, Elizabeth. Aber du blickst nicht richtig durch. Du findest Marc eben bezaubernd.«
    »Tu das nicht, Aaron!«
    »Geht von den Sandalen weg.«
    Marc sah Aaron an wie ein König einen Schweinehirten, dessen Tiere ihm den Weg versperren. »Es lohnt sich nicht, mit ihm zu streiten, Elizabeth«, sagte er, während er sich losschnallte und den Stock wie einen Speer über der Schulter trug. »Er ist es nicht wert. Ich gebe ihm den Schlüssel.«
    »Wieso du? Du hast ihn doch gar n-«
    Marc starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Ich sagte,
ich
gebe ihm den
Schlüssel
. Komm aus deiner Sandale, bevor er dir noch was bricht. Ungeschickt genug ist er ja.«
    Marc öffnete seinen Rucksack und nahm einen Schlüssel von der Größe eines Kalbs heraus. Er war gelb wie Messing. Er hielt ihn Aaron hin.
    »Danke, Marc. Ich bin froh, dass du so vernünftig bist«, sagte Aaron. »Und nun bitte die Adresse.«
    »Welche Adresse?«
    »Du weißt genau, welche ich meine. Die Adresse der Person, die Anjali gefangen hält.«
    »Ich gebe sie dir, wenn du mich entschrumpft hast.«
    »Von wegen. Du gibst sie mir sofort, oder ich entschrumpfe dich nicht.«
    Ich konnte sehen, wie sich die Kiefermuskeln in Marcs Gesicht anspannten. Er holte ein Notizbuch und einen Stift aus seinem Rucksack, schrieb etwas auf und riss das Blatt ab. Er übergab es Aaron, der es wie eine Briefmarke an der Ecke hielt und versuchte, es zu lesen.
    »Lieber Himmel, kannst du nicht etwas größer schreiben?«
    »Nimm eine Lupe.«
    Aaron zuckte mit den Schultern und steckte das Papier sorgfältig in seine Jeanstasche. Er hob eine große Tasche aus dem Archiv auf, eine der festen, aber luftdurchlässigen Tüten, die man im Magazin 8 für Blumenzwiebeln benutzte, und packte Marc an der Hüfte.
    »Aaron, was machst du da? Er hat doch getan, was du von ihm wolltest. Er hat dir den Schlüssel und die Adresse gegeben«, rief ich.
    Aaron ließ Marc in die Papiertüte fallen. »Au!«, sagte Marc.
    Aaron ignorierte ihn. »Es tut mir leid, Elizabeth. Es ist ja nur, bis ich Anjali befreit habe. Das könnte gefährlich werden – so lange seid ihr hier drin ganz sicher, und ich kann das Risiko nicht eingehen, dass Marc Stone hilft. Ich komme so schnell ich kann zurück, versprochen.« Er hob mich ebenfalls hoch und ließ mich hinter Marc her in die Papiertüte gleiten.
    Die Tüte öffnete sich noch einmal, und etwas Großes, Weißes und Feuchtes fiel hinein: eine riesige Apfelscheibe. Wir krochen beiseite.
    Aarons Gesicht schwebte über uns und sperrte das Licht aus. »Falls ihr Hunger kriegt«, sagte er. Die Tüte wurde an der Spitze gefaltet, und das Licht verschwand. Etwas später wurde die Tüte noch mal bewegt, und ich hörte das laute Klicken eines Tackers. Aaron wollte anscheinend kein Risiko eingehen.
    Es gab einen Stoß, und dann schaukelte die Tüte im Takt von Aarons Schritten hin und her, so dass Marc und ich immer wieder aneinanderschlugen. Marc hielt mich fest, damit ich nicht dauernd gegen ihn prallte.
    Wenn man mir zwei Monate zuvor gesagt hätte, dass ich in Marc Merritts Armen landen würde, hätte ich das für einen paradiesischen Zustand gehalten. Aber so? Das Paradies beinhaltet allerdings auch nur selten, dass man fünfzehn Zentimeter groß ist und in einer zugetackerten Papiertüte durch die Gegend getragen wird.
    Marc stöhnte: »Mir wird schlecht.«
    »Bitte, bitte, bitte übergib dich nicht.«
    Er stöhnte noch lauter.
    »Marc«, flüsterte ich, »was war das für ein Schlüssel?«
    »Hm?«
    »Der Schlüssel, den du Aaron gegeben hast. Ich habe den richtigen. Was war das für einer?«
    »Oh …« Er schluckte trocken und atmete tief ein. »Das ist der Schlüssel …« Wieder ein Stoß. »Der Schlüssel zu allen Mythologien. Er war im Schrank mit den anderen Schlüsseln. Ich dachte mir, den könnten wir gebrauchen«, wieder ein Stoß, »um ein bisschen besser durchzublicken.«
    »Marc! Du warst damit einverstanden, dass wir nichts anderes mitnehmen«, zischte ich. Im Augenblick war ich wirklich kein großer Fan von Aaron Rosendorn, aber ich verstand, warum er so schlecht von Marc dachte.
    Marc stöhnte wieder.
    Endlich standen wir still. Die Schritte entfernten sich.
    Marc setzte sich auf. »Uh«, stöhnte er, aber nicht mehr so schlimm.
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Schon besser.«
    »Kannst du die Tüte aufreißen?«
    Wir versuchten es beide, aber für unsere winzigen Finger war das Papier

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