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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
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noch.«
    Das dauerte ja ewig. Es musste einen besseren Weg geben. Ich schloss meine Augen und atmete tief ein. Die Zauberei roch von links stärker, also bewegte ich mich darauf zu. Ich schnupperte mich an einem Elfenbeinkästchen von der Größe eines Sargs und an einem kopfgroßen Vorhängeschloss aus Messing vorbei.
    Ein starker Duft nach Muscheln, wahrscheinlich Austern, von einem Perlmuttkästchen verdeckte den Geruch, dem ich folgte. Ich umkreiste es schnuppernd. Ein weiterer starker Geruch kam mir in die Quere, wie aus einer Schlachterei. Ich hob meine Hand, schob sie durch einen wahren Vorhang aus Schlüsseln und fühlte etwas Warmes, Feuchtes. Blut …
    Rasch wischte ich mir die Hand an meiner Jeans ab und sah mir das Etikett an dem blutigen Schlüssel an: Blaubarts Schlüssel – das musste der Schlüssel zu der Kammer sein, in der er seine ermordeten Frauen versteckt hatte. Mir schauderte, und ich machte, dass ich hier wegkam, wobei ich den Blutgeruch so gut es ging ignorierte. Ich schnupperte wieder nach der unterschwelligen Note, der ich folgte. Geradeaus … dort herum … da!
    Ich war an der Rückwand des Schranks angelangt und konnte nur eine freie Wand sehen, aber der Geruch war hier am stärksten. Ich schloss die Augen und streckte die Hände aus. Sie schlossen sich um etwas, das glatt und kalt war. Ich öffnete die Augen und hielt einen schlichten goldenen Schlüssel von der Länge meines Unterarms fest.
    Er war sehr schwer, aber es machte mir nichts aus. Ich konnte den Blick nicht von ihm wenden. Ich fühlte mich, als ob ich davon träumte, auf einer Straße zu gehen, die ich für immer verloren glaubte, oder als ob ich am ersten Frühlingstag erwachte.
    Ich überprüfte das Etikett. Die Nummern stimmten überein.
    »Ich hab ihn!«
    »Klasse. Dann mal los.«
    »Rede weiter! Ich muss deiner Stimme folgen.« Ich erreichte Marc, der auf seiner Sandale schwebte.
    »Mann!« Marc konnte den Blick ebenfalls nicht von dem Schlüssel abwenden. »Mann, ist er das?«
    Ich nickte.
    »Kann ich ihn mal haben?«
    Ich gab ihm den Schlüssel widerstrebend. Er lehnte sich an die Hacke seiner Sandale an und starrte auf den Schlüssel in seiner Hand.
    »Dann mal los«, sagte ich. »Gib her.« Ich streckte meine Hand nach dem Schlüssel aus.
    »Ich kann ihn tragen«, sagte Marc. »Er ist ganz schön schwer.«
    »Ist schon in Ordnung. Ich trage ihn«, antwortete ich.
    Er gab mir den Schlüssel widerwillig zurück. Ich steckte ihn in meinen Rucksack – er passte nur in den Rucksack selbst, nicht in eine der kleineren Taschen – und machte mich bereit. »Wo ist die Tür?«, fragte ich.
    »Links, aber sollten wir uns nicht zuerst das Extramaterial besorgen?«
    »Was denn?«
    »Eine ganze Menge. Den Tarnmantel. Das blaue Licht. Die Geldbörse, die nie leer wird. Auch das Tischleindeckdich, falls wir irgendwo ohne was zu essen eingesperrt werden«, sagte Marc.
    »Wie sollen wir das alles tragen? Hast du vergessen, dass wir fünfzehn Zentimeter groß sind?«
    »Binde es an die Sandalen. Die können einen Erwachsenen tragen.«
    »Okay, aber … mir gefällt das nicht, Marc. Ich halte das für eine ganz schlechte Idee. Du weißt doch, wie Märchen ausgehen. Die Gierigen werden bestraft und die Bescheidenen belohnt.«
    »Der Held bekommt immer die magischen Gegenstände, die er braucht. Und die Helden stehlen andauernd. Wie die verzauberte Harfe des Riesen oder das Huhn, das goldene Eier legt.«
    »Ja, aber wenn du die Geschichte schon anführst, wirst du dich auch daran erinnern, dass die Harfe nicht begeistert davon ist, dass Hans sie stiehlt. Sie schreit und macht jede Menge Ärger.«
    »Okay, auf die Harfe können wir verzichten.«
    »Du weißt, was ich meine. Wir sollten den Goldenen Schlüssel holen. Niemand hat ein Wort von Lampen und Geldbörsen gesagt. Weißt du noch, was mit dem Knüppel passiert ist? Komm, wir wollen hier raus.«
    »Ist ja gut«, sagte Marc.
    Unter ständigem falschen Abbiegen und versehentlichem Zickzackflug erreichten wir den Ausgang. Ich hielt meine Sandale ganz ruhig, wuchtete den Goldenen Schlüssel hoch und wollte ihn ins Schlüsselloch stecken.
    Er passte nicht.
    »Und jetzt?«
    »Ich hab eine Idee. Ich glaube, bei den Schlüsseln sind wir auch an was Nützlichem vorbeigekommen«, sagte Marc. »Warte hier.« Er flog den Weg, den wir gekommen waren, zurück.
    Er blieb eine ganze Weile weg. Ich strich über den Flügel meiner Sandale. Während ich wartete, freute ich mich über die

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