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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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flatterte zu Boden. Als John ihn aufhob und Maggie gab, sah er das Logo des East Wind auf der Lasche. Maggie las laut vor:
    Liebe Maggie,
    anbei findest du meinen Fliegerschal und die Sonnenbrille. Ich trage sie manchmal, aber nicht oft. Du hast eine bessere Verwendung dafür, weil sie dir helfen, dich in Amelia zu verwandeln.
    Amelia Earhart war für meine Schwester und mich immer ein großes Vorbild, und ich hoffe, dass sie auch dich beflügelt. Ich glaube, auch dir wurden die Gaben, die sie besaß, in die Wiege gelegt: Du bist klug und mutig. Das habe ich schon bei unserer ersten Begegnung gewusst. Du hast an jenem Tag einen kühlen Kopf bewahrt …
    Ich reise heute ab. Das East Wind war eine angenehme Bleibe, aber ich spüre, dass mich der Wind weitertreibt, einem neuen Bestimmungsort entgegen. Ich muss meinen eigenen Weg gehen, wie Amelia. Wie wir alle! Es ist wichtig, dass du an dich glaubst, wenn du deinen Weg im Leben gehst. Ich glaube jedenfalls an dich!
    Deine Freundin
    Kate Harris
    P. S. Bitte grüß Teddy, deinen Vater und Brainer von mir.
    »Sie ist weg, Dad!« Maggies Stimme klang bedrückt und atemlos.
    »Wir kannten sie doch kaum, Mags«, sagte John tadelnd.
    »Aber ich mochte sie … und sie mochte mich! Sie hat mir ihren Schal und ihre Brille geschenkt!«
    »Das wäre nicht nötig gewesen! Ich wäre mit dir ins Einkaufszentrum gefahren.«
    »Das hier ist besser«, flüsterte Maggie. »Sie hat gesagt, dass ich mutig bin … woher will sie das wissen?«
    »Wie sie bereits sagte – du hast dich an dem Tag, als ihr euch das erste Mal begegnet seid, sehr mutig verhalten.«
    »Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich heute auf die Mutprobe verzichtet.« Maggies Kinn begann erneut zu zittern. »Dann hätte ich die Bilder nicht anschauen müssen …«
    »Darauf warst du aus?« John zog sie auf seinen Schoß, saß in demselben Ohrensessel, in dem er schon als kleiner Junge gesessen hatte.
    »Ja.« Sie brach abermals in Tränen aus und drückte Kates Schal an ihr Gesicht. »Ich wünschte, ich hätte dieses Mädchen nie gesehen …«
    »Ich auch, Mags.«
    John küsste seine Tochter auf den Scheitel. Er dachte an Willa Harris, hoffte, dass sie nicht dazugehörte, zu den Mädchenleichen, die noch nicht gefunden waren. Er hoffte, dass Kate nie Aufnahmen zu Gesicht bekam, wie Maggie sie gerade gesehen hatte.
    »Wir dürfen nicht vergessen, Teddy ihre Grüße auszurichten«, schniefte Maggie. »Er wird traurig sein.«
    John schwieg. Auch das war ihm klar gewesen. Es gab nicht nur schlechte, sondern auch nette Menschen auf der Welt; durch seine Arbeit kam er gleichwohl nur selten mit ihnen in Berührung. Unwillkürlich strich er über ihren Schal.
    Was hatte es zu bedeuten, dass er nach Teddy, aber vor Brainer auf ihrer Grußliste stand? Überrascht stelle er fest, dass er auf unerklärliche Weise dankbar dafür war, dass sie ihn überhaupt erwähnt hatte. Er überlegte, wohin ihr Weg sie als Nächstes führen mochte.
    Er staunte darüber, dass sie ihm nicht mehr aus dem Kopf ging.

[home]
    11
    D as Seven Chimneys Inn, ein weitläufiges Herrenhaus aus Stein, östlich von Breton Point in Newport an der gezackten Küstenlinie von Rhode Island gelegen, hatte einst Rufus Macomber gehört, dem legendären Eisenbahnmagnaten. Er hatte einen offenen Kamin im Schlafzimmer jeder seiner sieben Töchter errichten lassen und das Anwesen, obwohl es darüber hinaus noch fünf weitere Kamine gab, zu Ehren seiner Mädchen »Seven Chimneys« genannt.
    Kate erledigte die Anmeldeformalitäten, dann fuhr sie unverzüglich zur Newport Police Station. Sie stellte ihren Wagen an einer Parkuhr auf dem öffentlichen Platz ab, ging zu Fuß die Anhöhe zu dem Backsteingebäude hinter dem Gerichtshof hinauf und erkundigte sich, ob Detective Joseph Viera zu sprechen sei.
    »Hallo«, sagte sie, als der gedrungene, muskulöse Kriminalbeamte aus einem Büro im hinteren Teil des Reviers trat, die Ärmel seines Hemdes herunterrollte und die Krawatte glatt strich. »Ich bin Kate Harris – wir haben miteinander telefoniert.«
    »Ja, natürlich. Kommen Sie.«
    »Freut mich, Sie endlich einmal persönlich kennen zu lernen«, sagte Kate, als er ihr die Tür des kleinen Büros aufhielt und ihr den Vortritt ließ.
    »Ganz meinerseits. Immer noch kein Lebenszeichen von ihr?« Detective Viera bedeutete ihr mit einer Handbewegung, auf der anderen Seite des überladenen Schreibtisches Platz zu nehmen.
    Kate schüttelte den Kopf. Der Boden unter

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