Die geheime Waffe
Tatsache, dass die Drohungen aus mehreren dicken Bündeln Geldscheinen bestanden hatten. Das Geld hatte es ihm ermöglicht, diese Wohnung zu kaufen und einzurichten. Aber die Summe, die er bekommen hatte, war in seinen Augen noch lange kein ausreichender Gegenwert für den Stress, den die Angelegenheit ihm eingebracht hatte. Irgendetwas musste die Bundeswehr auf den Nachbau aufmerksam gemacht haben, denn in den letzten Tagen waren immer wieder Spezialisten eines Sonderkommandos in der Fabrik aufgetaucht und hatten alles auseinandergenommen und durchsucht. Er selbst hatte die Verhöre nur mit Mühe überstanden. Dabei hatte er verdammt viel Glück, den die Schnüffler hielten die Vorsichtsmaßnahmen, die bei der Fertigung des Prototyps der Waffe getroffen worden waren, für ausreichend und hatten ihn daher ohne direkten Verdacht befragt. Doch ein weiteres Mal, das ahnte Gans, würde er so ein Verhör nicht durchstehen.
»Vielleicht ist es ganz gut, dass wir miteinander sprechen können«, sagte er daher zu Rechmann. »Ihr könnt die Pläne für das Gewehr und die dazugehörige Munition haben. Aber das hat natürlich seinen Preis.«
»Ich glaube, wir dürften uns einig werden!«
Rechmanns beinahe freundschaftlicher Ton ließ Gans aufatmen. »Ich möchte von hier fort, versteht ihr? Allmählich wird mir der Boden zu heiß. Aber dafür brauche ich Geld.«
»Unser Auftraggeber ist nicht kleinlich. Du bekommst so viel, dass du dir den Rest deines Lebens keine Sorgen mehr zu machen brauchst. Dafür musst du nur mit uns zusammenarbeiten! « Das maliziöse Grinsen Rechmanns konnte Gans nicht sehen.
»Ich arbeite mit euch zusammen! Also macht endlich die Fesseln ab. Sie schneiden so ein. Außerdem – wo ist meine Schwester?« Gans schämte sich ein wenig, weil er erst jetzt an Linda dachte, rechtfertigte es aber in Gedanken sogleich mit dem Schock, den er nach seiner Ankunft erlitten hatte.
»Die haben wir in einem der Schlafzimmer auf einen Stuhl gefesselt. Es wäre doch nicht in deinem Sinn gewesen, wenn sie die Nachbarn zusammenschreit.«
Rechmann gab Jasten die Anweisung, die Kabelbinder, mit denen Gans gefesselt war, durchzuzwicken. »Pack sie ein und nimm sie später mit. Nichts darf in der Wohnung zurückbleiben. «
Jasten gingen diese ewigen Mahnungen mittlerweile gewaltig auf die Nerven. Außerdem begriff er nicht, worauf Rechmann hinauswollte. Spielte der Mann sein eigenes Spiel, um die Pläne des Gewehres selbst verkaufen zu können?
Unterdessen unterhielt Rechmann sich scheinbar angeregt mit dem Ingenieur. »Wie sieht es jetzt in der Fabrik aus? Wird noch gearbeitet?«
Der Ingenieur schüttelte den Kopf. »Nein, um siebzehn Uhr ist Feierabend. Derzeit fertigen wir in einer Halle Pistolen
in Lizenz für irgendwelche ausländische Kunden und in der anderen die Munition für das SG21. Wir haben nicht so viel zu tun, dass wir Überstunden oder gar Schichtbetrieb machen müssten.«
»Was ist mit der Munition? Wird die bei euch gelagert, oder geht die sofort an die Bundesheinis?«
»Wir fertigen derzeit zehn Stück pro Tag. Die werden einmal pro Woche abgeholt. Wieso wollen Sie das eigentlich alles wissen? Ach so! Sie wollen Ihrem Auftraggeber ein paar Geschosse mitbringen. Aber das können Sie sich aus dem Kopf schlagen. Die Fabrik wird so scharf bewacht, dass selbst ich keine einzige Patrone hinausschmuggeln kann.«
»Wer bewacht die Fabrik?«, fragte Rechmann weiter.
»Zwei Mann von Sedersens Werkschutz und vier Männer von der Bundeswehr.«
»Sind die Leute die ganze Nacht dort?«, fragte Rechmann.
»Ja! Das heißt, nicht dieselben. Um Mitternacht werden sie abgelöst.«
»Um Mitternacht also!« Rechmann blickte auf die Uhr und grinste Jasten an. »Da werden wir noch ein wenig hierbleiben müssen.«
»Ich muss auch, und zwar zur Toilette.«
»Mach’s im Sitzen und spül zweimal nach.«
»Ich weiß, sonst bleiben Spuren übrig!«, fauchte Jasten und schluckte seine Wut hinunter.
Unterdessen sagte Rechmann sich, dass es auffallen würde, wenn es in der Wohnung absolut still war, und schaltete den Fernseher ein. Ein aufgeregter Reporter stand neben einem Übertragungswagen und sprach hastig in sein Mikrophon, während im Hintergrund junge Burschen mit Stangen und Baseballschlägern auf geparkte Autos und Schaufensterscheiben einschlugen.
»… weiß niemand, wie das passieren konnte. Nach einigen Verhaftungen im Frühjahr und Sommer hat es so ausgesehen,
als wären die Rechtsradikalen in
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