Die geheime Waffe
muss etwas passiert sein. Er ist schließlich nicht mehr der Jüngste!«
»Wir sollten ihn anrufen. Hat einer von euch seine Handynummer? « Sedersen musste vorgeben, die Sorge um den alten Mann zu teilen. Dabei war Körver seit über einer Woche tot, und kein Mensch hatte ihn bisher vermisst.
Von Straelen nickte. »Ich mache das. Bin gleich wieder zurück! «
Während er das Zimmer verließ, schüttelte Olböter den Kopf. »Es ist schon eigenartig, dass Hermann nicht anruft, wenn er sich verspätet.«
Sedersen betrachtete den Mann, der ebenso wie Themel früher Richter gewesen war und seit seiner Pensionierung
ständig auf die zu milden Urteile der jetzigen Gerichte schimpfte. Olböter war einer der Initiatoren für die Hüter der Gerechtigkeit gewesen. Auch Körver hatte sofort zugestimmt, während Themel zunächst ablehnend reagiert hatte. Doch gerade dieser hatte inzwischen Gefallen daran gefunden, über Tod und Leben anderer zu entscheiden, und bereits mehrfach gefordert, bei dieser Versammlung endlich neue Urteile zu verhängen. Deshalb brachte es ihn besonders auf, dass Körver mit dem Spezialgewehr nicht auftauchte.
Themel schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich will nicht hoffen, dass Hermann die Hosen voll hat. Immerhin hat er beim letzten Mal dafür plädiert, dass wir die Sache aufgeben. Womöglich hat er das Gewehr inzwischen in die Lippe geworfen!«
»Das wäre fatal. Immerhin handelt es sich um eine Spezialentwicklung aus meiner Fabrik, und die war nicht gerade billig«, warf Sedersen ein.
Olböter versuchte, ihn zu beruhigen. »Hermann weiß, dass die Waffe dir gehört, und wird sie dir zurückgeben, falls wir die Sache hier beenden sollten.«
»Ich bin dagegen, dass wir sie beenden! Ich habe noch einige Leute ausgeforscht, die vor Gericht viel zu billig davongekommen sind. Hier ist zum Beispiel ein Iraker, der seine Kusine erschossen hat. Ein klarer Fall von Ehrenmord. Seine Familie hat ihm jedoch ein Alibi verschafft, und die einzige Zeugin, die den Mörder gesehen hat, ist spurlos verschwunden. «
Da Olböter eine abweisende Miene aufsetzte, blickte Themel Sedersen beschwörend an. »Du sagst doch auch, dass der Kerl erschossen gehört! Ich habe da noch ein paar Ausländer, die sich vor Gericht durch dubiose Aussagen ihrer Clans und Einschüchterung von Zeugen durchmogeln konnten.«
Olböter schüttelte den Kopf. »Findest du nicht, dass deine Auswahl arg einseitig ist, Friedmund? Wenn wir so urteilen,
wie du vorschlägst, stellen wir uns geistig auf eine Stufe mit den Schurken, die Suhl verwüstet haben.«
»Willst du etwa behaupten, ich wäre ein Neonazi?« Themel sprang auf und ballte die Fäuste.
»Ich sage nichts anderes, als dass Hermann mit seiner Kritik an unserer Handlungsweise recht hat. Wir hätten diese Sache niemals anfangen dürfen. Auf jeden Fall ist es jetzt zu Ende. Ich werde keinem Urteil mehr zustimmen.«
»Dann machen wir eben ohne dich weiter. Das sagst du doch auch, Geerd?«
Die Rückkehr ihres Gastgebers enthob Sedersen einer Antwort. Von Straelens Stimme klang brüchig. »Hermann ist weder zu Hause noch auf dem Handy zu erreichen. Ich fürchte, ihm ist etwas zugestoßen!«
Sedersen musste einen spöttischen Ausruf unterdrücken. In seinen Augen war von Straelen ebenso senil wie Olböter und wie Körver es gewesen war. Themel war auch nicht viel besser. Zwar hatten die vier ihm mit ihren Verbindungen zehn Jahre lang geholfen, seine Geschäfte auszuweiten und vermögend zu werden. Dennoch empfand er keine freundschaftlichen Gefühle für sie. Er hielt sie für ewig Gestrige, die unsinnigen Idealen und Moralvorstellungen aus dem vorletzten Jahrhundert anhingen. In ihrer Mitte hatte er sich stets zusammenreißen und heucheln müssen, denn Kritik von seiner Seite kam bei diesen starrsinnigen Greisen schlecht an.
Inzwischen aber hatte er ihre Hilfe nicht mehr nötig. Da sich der Nachbau des SG21 wieder in seinem Besitz befand, würde es das Beste sein, die Brücken zu diesen Leuten abzubrechen. Er hatte bereits den Fehler begangen, die Waffe aus den Händen zu geben. Im Nachhinein konnte er kaum noch begreifen, warum er so gehandelt hatte. War es ihm um die Anerkennung oder gar um die Bewunderung dieser alten Knacker gegangen? Das waren Beweggründe, von denen er sich auf keinen Fall weiterhin leiten lassen durfte, wenn er seine Ziele erreichen wollte.
Er war schon im Begriff aufzustehen, um diese lächerliche Versammlung auf Nimmerwiedersehen zu
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