Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
Vom Netzwerk:
nervös gewesen war zum Lesen, fächerförmig ausgebreitet neben einem Kristallaschenbecher. Der Arzt begrüßte sie mit warmem Händedruck, als er ins Wartezimmer kam, und sagte: »Schön, Sie wiederzusehen«, als meinte er es so.
    Ihre Bluttests waren normal gewesen und Levs Spermienanzahl ebenso. »Glückwunsch«, sagte sie zu Lev, als sie die Ergebnisse bekamen, und er scherzte, er würde das Probefläschchen zu einem anderen Date mitnehmen. Sie lachte, tat so, als wäre sie eifersüchtig, dass er den ganzen Spaß haben sollte, war sich jedoch eines tieferen, versteckten Neids bewusst: Für ihn war es vorbei. Alles, was der Arzt jetzt feststellen würde, wäre ihr Fehler.
    »Ich schätze, damit bist du vom Haken«, sagte Sima gekünstelt fröhlich.

    »Ja, ich schätze schon«, antwortete er immer noch lächelnd.
    Er neckte sie, das war klar, aber es tat weh wie eine Ohrfeige, und wie rücksichtslos von ihm, nicht zu wissen oder zu ahnen, wie einsam sie sich fühlte. Sie ging weg, um seine Berührung zu vermeiden. »Ich muss nach der Wäsche sehen«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Ich habe Mrs. Rosen versprochen zu klopfen, wenn der Trockner durchgelaufen ist.«
    »Sima«, rief er ihr nach, »es ist kein Wettkampf …«
    Sie weinte, als sie die Treppe erreichte, schnell über den gekachelten Boden lief und sich auf dem Weg die Stufen hinab am schmiedeeisernen Geländer festhielt. Sie hatte sich wegen Levs Test Sorgen gemacht und sich vorgestellt, wie sie auf ein negatives Ergebnis reagieren würde: Sie hätte ihm gesagt, wie sehr sie ihn liebe, ihn gestreichelt, wie er es mochte - zärtlich mit den Fingern übers Kinn zur Wange hinauf -, ihn wissen lassen, dass es nicht seine Schuld sei, dass sie ihn nicht dafür verantwortlich mache. »Es ist nicht das Ende«, hätte sie gesagt, »sondern ein Neuanfang.« Wenn sie sich bereit fühlten, würden sie sich für eine Adoption entscheiden und ihren Kindern eines Tages sagen: »Wir haben euch ausgesucht, genauso wie wir einander ausgesucht haben.«
    Aber stattdessen war es Lev, der ihr nachgerufen hatte, mit dem gleichen sanften Mitgefühl in der Stimme, das sie geübt hatte. »Es ist kein Wettkampf«, hatte er gesagt, und sie konnte bloß denken: Du hast leicht reden.
    Sima öffnete die schwere Kellertür und trat in den dämmrigen Raum: staubiger Zementboden, alte Holzscheite, aufgeschichtet vor der Wand aus Betonziegeln. Sie öffnete den Trockner, drückte die warme Wäsche an ihre Brust und wiegte sich langsam hin und her. Sie hasste sich für ihren Wunsch: Ich wünschte, es läge an ihm, ich wünschte, es läge an ihm.
    »Also, Sima«, erklärte der Arzt, als er mit ihrer Akte in der
einen und einem Clipboard in der anderen Hand ins Untersuchungszimmer kam, »wollen mal sehen, wo wir heute stehen.«
    Sima legte sich zurück und schob die Füße durch die Haltebügel, während er einen Blick in ihre Akte warf.
    »Haben Sie daran gedacht, während der letzten vierundzwanzig Stunden Verkehr zu haben?«
    Sie nickte.
    »Braves Mädchen«, lobte er sie und schob ihre Knie auseinander.
    »Dann nehmen wir jetzt eine Probe von diesem Sperma, um zu sehen, ob es in Ihnen noch aktiv ist.«
    Sima drehte den Kopf zur Seite, um nicht zu hören, was er sagte. Die Offenlegung dieses intimsten Details, noch intimer als ihr eigener Körper, in dem das Spekulum steckte, erfüllte sie mit Scham.
    Der Arzt schob eine dünne Kanüle in ihren Körper und zog tief aus ihrem Innern etwas heraus. »Da haben wir’s«, sagte er und tätschelte ihr Knie, »wir sind fast fertig, fast fertig.«

    Sie bestand den Test.
    »Die Spermien waren aktiv und reichlich vorhanden«, erläuterte er ihr am Telefon, »alles hat gut ausgesehen.«
    Sima drückte den Hörer ans Ohr, unsicher, was sie antworten sollte. Sie konzentrierte sich auf die Einkaufsliste an der Wand neben dem Telefon: Karotten, Gurken, Tomaten, dachte darüber nach, zum Laden zu gehen, um alles zu kaufen und anschließend in saubere Stücke zu schneiden. »Großartig«, antwortete sie dem Arzt, »ich bin so froh.«
    »Es bedeutet, ihr Körper tötet die Spermien nicht ab«, sagte er. Er hielt einen Moment inne, um seine Sekretärin etwas zu fragen - Sima verstand ein paar Worte, irgendetwas über seinen Schwager, ober er angerufen habe -, und Sima dachte, dies würde
zumindest den Stoff für einen amüsanten Bericht abgeben: Stell dir vor, würde sie zu Connie sagen, wie sich herausgestellt hat, bin ich keine

Weitere Kostenlose Bücher