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Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
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erklärte sie und schüttelte den Kopf, »mir gefällt nicht, wie die Körbchen drücken.« Sie griff nach einem anderen.
    Nechama nickte, hakte den BH auf und reichte ihn Sima. »Du hast recht«, sagte sie, als sie den anderen BH über den Kopf streifte und über die geschwollenen Brüste zog. »Ich werde mich kaum mehr an den Schmerz erinnern, und in einem Jahr werde ich wieder schwanger sein.« Sie machte mit dem Kopf ein Zeichen auf das Baby im Kinderwagen. »Ich weiß, dass sie ein Segen sind. Aber Sima, ich bin manchmal so müde.«
    »Dieser BH ist besser für dich«, sagte Sima und zwängte einen Finger unter die dicken Baumwollträger. »Siehst du? Er gibt kaum nach, drückt aber nicht.«
    Nechama sah sich mit gerunzelter Stirn im Spiegel an. »Damit sieht es aus, als hätte ich bloß eine einzige Brust.«
    »Das ist so bei einem Sport-BH«, erklärte Sima, »er hält alles zusammen, damit nichts wippt. Schmeichelhaft ist das nicht, aber es erfüllt seinen Zweck.« Sie streckte die Hand nach dem
BH aus und wartete, bis Nechama ihn über den Kopf gezogen hatte. »Jetzt hol ich dir einen Schlaf-BH«, erklärte Sima, »aus Baumwolle, ohne Metallbügel.«
    Als sie den Vorhang hinter sich zuzog, warf sie einen Blick auf Timna, die abwesend aus dem Fenster starrte. Es gab nichts zu sehen: die Außentreppe aus Zement, ein paar dünne Risse, die ungleichmäßige Bögen zogen, wie von Kinderhand gezeichnet.
    »Timna, sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht?«, fragte Sima halb scherzend, um ihre Besorgnis zu überspielen.
    Timna schüttelte lächelnd den Kopf. »Tut mir leid. Nur müde, schätze ich.«
    Sima nickte, wollte näher nachfragen, dachte auch, Timna würde mehr sagen wollen, doch diese wandte sich wieder der Nähmaschine zu und begann, die Überreste des Frühstücks wegzuräumen: eine Papiertüte von einer Doughnut-Kette, einen Plastikbecher mit feuchten Papierservietten.
    Yossi beugte sich gerade über den Kinderwagen, als Sima wieder in die Kabine kam. Nechama lächelte ihren Sohn an, doch als sie sich mit dem Schlaf-BH am Körper wieder zum Spiegel umwandte, hielt sie seine Hand fest. »Als Leah zwei Wochen alt war«, flüsterte sie Sima zu, »hat Yossi ihre Wange gestreichelt, ganz zart. Dann bin ich ins andere Zimmer gegangen, und er hat sie so fest gezwickt, dass sie einen blauen Fleck bekam.« Sie sah ihn seufzend an. »Diesmal hat er mich um einen kleinen Bruder gebeten«, fuhr sie fort, während sie sich seitwärts drehte und die Passform begutachtete. »Er denkt, ich hätte mit Absicht wieder ein Mädchen bekommen, und ist böse auf mich.«
    »Der fängt sich schon wieder«, meinte Sima. »Nächste Woche kriegt er bei seinem ersten Haarschnitt alle Aufmerksamkeit, und dann ist er stolz, der einzige Junge zu sein.« Sima sah
zu Yossi hinüber. »Was für schöne Locken er hat. Wirklich schade, sie abzuschneiden.«
    Nechama folgte Simas Blick. »Es bricht mir das Herz, wenn ich ihn mir ohne diese Locken vorstelle. Dann ist er nicht mehr mein kleiner Junge. Selbst das hier, selbst ihn mit in die Umkleide zu nehmen, ist vorbei - in Zukunft muss er draußen warten.«
    »Es ist doch bloß ein Vorhang dazwischen.«
    »Es ist mehr als das.«
    An der Kasse nahm Nechama zusammengefaltete Geldscheine aus ihrer Geldbörse und ließ dabei ihren Sohn nicht aus den Augen, der den Kinderwagen langsam vor der Ladentheke auf und ab schob. Sima reichte ihr die BHs in einer dunkelbraunen, mit goldenen Glitzersteinen verzierten Plastiktüte, und Nechama bat Yossi, sie zu halten. Er schloss vorsichtig die Arme darum, stolz, so viel Verantwortung übernehmen zu dürfen.
    Timna hielt die Tür auf und half Nechama, den Kinderwagen die Treppe hinaufzubugsieren. Sima konnte von draußen hören, wie sie Komplimente über die Kinder machte und auf Wiedersehen rief.

    Diesmal zögerte Sima nicht.
    Irgendwas stimmte nicht, wenn Timna so traurig war. Sie würde ihr ein Stück nachgehen und sehen, ob sie etwas herausbekam. Sie eilte die Treppe hinauf und rief: »Lev! Ich geh aus!«, während sie schon in den Mantel schlüpfte und nach den Schlüsseln griff. Kurz bevor sie die Tür schloss, nahm sie ein Paisley-Tuch vom Haken im vorderen Schrank, warf es über den Kopf und band es unter dem Kinn, wobei sie sich nicht ganz eingestand, dass es der Tarnung dienen sollte.
    Timna befand sich noch in Sichtweite.
    Sima eilte ihr nach und ging langsamer, als sie sich ihr bis auf
zwanzig Meter genähert hatte. Durch das schnelle Laufen

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