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Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
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sich sorgte, dass sie ihre Kunden enttäuschen könnte, sobald sie im Laden waren, fand sie bald heraus, dass die Stellung als Ladenbesitzerin ihr ein neues Selbstvertrauen gab, um ein bisschen Small Talk zu machen, hier einen Scherz, dort ein Kompliment. Als Fayes Waren zu Ende gingen und sie neue bestellte, lernte sie die Händler kennen, bildete sich ihre eigene Meinung zu den Marken - welche ihren Preis wert waren und welche nicht - und entwickelte allmählich das Gefühl, dass ihre Position wohlverdient war. Eines Nachmittags ging sie wieder zu Bloomingdale’s, diesmal als Spionin, und war geschockt über die Schäbigkeit der Wäsche, die dort verkauft wurde, über die Unwissenheit der Verkäuferinnen, ihre Gleichgültigkeit, die richtige Passform für eine Kundin zu finden.
    »Ich hätte dort mit einem BH in der völlig falschen Größe rausgehen können, und niemand hätte das gekümmert«, sagte sie zu Connie. »Ist das nicht entsetzlich?« Obwohl Connie nicht so schockiert war, wie sie hätte sein sollen - »Du bist bei Bloomies gewesen? Warum hast du mich nicht angerufen?« -, wusste Sima, dass sie Connies Bestätigung nicht mehr brauchte, um
etwas auf die Reihe zu kriegen. Verglichen mit Warenhausverkäuferinnen war sie eine Expertin, und schließlich wurde sie auch zu einer. Sie entwickelte größeres Selbstvertrauen darin, Frauen bei der Anprobe zu helfen, zog den Vorhang beiseite, um Größe und Form zu prüfen, und vergaß, wenn sie den BH einschätzte, dass es sich um den Körper einer anderen Frau handelte, genauso unvollkommen und ungeschützt wie ihr eigener. Weil sie es vergaß, vergaßen es die Frauen auch, und wenn sie ihr Spiegelbild anlächelten, war Sima stolz, dass sie, genauso wie Faye früher, jeder Frau etwas mehr Wohlgefühl, etwas mehr Freude vermittelte.
    Eines Tages überraschte eine Kundin Sima, indem sie ihren Arm berührte und erklärte, Simas Laden bestehe ja nun schon ein Jahr, und sie frage sich, wohin sie früher gegangen sei.
    Es war August, draußen herrschte die Art stickiger Sommerhitze, bei der man nicht glauben konnte, dass das Viertel ans Meer grenzte, mit dunkelblauen Wellen, feinem Sand und vom Wasser stumpf geriebenen Glasscherben. Sima dankte der Kundin, rot vor Stolz - ein Gefühl, das sie seit den frühesten Tagen mit Lev nicht mehr erlebt hatte. Als die Kundin fort war, griff Sima unter den Ladentisch und holte ein Foto heraus, das Faye ihr geschickt hatte, nachdem sie nach Florida gezogen war: Faye am Strand mit weißen Hosen und einem blau gestreiften Pullover, die Arme ausgebreitet, als wollte sie sagen: Das ist es. »Danke, Faye«, flüsterte Sima, »ich schulde dir was.«
    Das Geschäft wuchs. Von BHs und Unterhosen erweiterte Sima ihr Angebot auf Unterröcke, Nachthemden, Brautausstattung und Badeanzüge. ›Simas Unterwäsche für Damen‹ wurde ein Begriff in der Nachbarschaft, es sprach sich in der Gegend herum und wurde schließlich über Boro Park hinaus bekannt. Frauen aus Bensonhurst, Brighton Beach, Coney Island, Crown Heights und Flatbush kamen vorbei, Pensionäre aus Miami
und Boca Raton, Kinder kehrten aus Houston, Chicago und Los Angeles zurück, um bei Sima einzukaufen und sich bis zu ihrem nächsten Heimatbesuch einzudecken.
    Von einer der zu Besuch kommenden Pensionärinnen erfuhr Sima von Fayes Tod. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass Faye krank war - die Verbindung war Jahre zuvor abgebrochen. Und noch während sie sich die Einzelheiten anhörte, seufzte und anteilnehmende Laute von sich gab - Brustkrebs, doppelte Mastektomie und Chemotherapie, ein zweijähriger Kampf, am Ende ein Hospiz, wo sie vom Bett aus ein Stück des Ozeans sehen konnte -, schob Sima die Nachricht beiseite und wartete auf einen freien Moment, um darüber nachdenken zu können.
    Sie erinnerte sich erst wieder daran, als sie sich am Abend vor dem Zubettgehen das Gesicht wusch - das kalte Wasser brachte irgendwie die Erinnerung an Fayes Tod zurück. Sima sah Faye so vor sich wie auf dem Foto, das sie schon lange weggeworfen hatte, nachdem Cola light darauf gespritzt war: die Arme weit geöffnet am Strand, eine Geste, mit der sie die Sonne, den Sand und das Meer zu umfassen schien.
    Sie erinnerte sich daran, dass Faye an sie geglaubt hatte, wie sie darauf beharrt hatte, dass sie nicht unfruchtbar sei. Ihr eigener Laden hatte ihr ein Ziel gegeben und sie mit Stolz erfüllt, genau wie Connie es ihr prophezeit und Faye ihr versichert hatte. Aber Sima wusste, dass

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