Die geheime Welt der Frauen
konzentrierte sich darauf, die Bilder in sich aufzurufen, sich vorzustellen, wie sich das Fleisch der beiden anfühlte - weich, aber mit runden Muskeln darunter, warm und zum Zupacken bereit. Doch ihre Körper waren nur kreiselnde Farben, und obwohl sie versuchte, das Bild festzuhalten - den Leberfleck auf Timnas Bauch, Alon, der sich hinabbeugte, um ihn zu küssen -, entglitt es ihr.
Erneut spürte sie die Nachwirkung von Timnas Worten: Halten Sie sich aus meinem Leben raus, und kümmern Sie sich stattdessen um Ihr eigenes.
Sie legte die Finger auf die Augenlider und strich leicht darüber. Es fühlte sich gut an, die Haut war so zart dort. Sie glättete die Augenbrauen und fuhr dann im Kreis von der Nasenwurzel zu den Brauen hinauf, dann zu der welken Haut unter den Augen, die leicht spannte, als sie darüberstrich. Sie wiederholte die Bewegung und spürte, dass ihr die Berührung durch und durch ging.
Sie legte die Finger in die Mitte der Stirn, fuhr mit den Händen am Haaransatz entlang, bevor sie zu den Wangen hinab und hinter die Ohren strich. Sie erinnerte sich, wie sie als junge Frau Parfüm aufgelegt hatte, wenn sie, immer noch ganz aufgeregt über ihre neue Rolle, am Abend ausging. Sie fuhr von den Rändern ihres Gesichts zu dem weichen Doppelkinn, rieb mit dem Handrücken hin und her und dann zum Kiefer, den Lippen und zum Nasenbein hinauf. Ihre Finger folgten dem dünnen Nasenknorpel, bevor sie im Kreis über die Wangen fuhren und gezwirbelte Bartspitzen über dem Mund zeichneten.
Sie öffnete die Lippen, strich mit dem Finger über Ober- und Unterlippe und dann über die Innenseite, wo es nass war. Sie legte die Zunge an die Fingerspitze und biss leicht hinein. Mit dem feuchten Finger strich sie wieder über die Lippen und spürte, wie sie voller und dunkler wurden, als das Blut einströmte.
Sie erlaubte sich kein Zögern, sondern knöpfte ihre Bluse auf.
Sie strich entlang des Brustbeins und umschloss dann, tief atmend, ihre warmen Brüste. Sie drückte sie leicht, ihre Hände tasteten sich langsam weiter voran, folgten dem Drang ihres Körpers, und glitten hinab, um ihren Bauch, ihre Hüften, ihre
Schenkel zu streicheln. Sie dachte an Timna, an ihren weichen, schönen Körper, an dessen Versprechen, und an Connie auf der Couch, wo sie den Mann küsste. Und dann dachte sie an die intimen Momente ihres eigenen Lebens vor Jahren - an die Zeit, als sie sich auf jemanden gestürzt hatte. Tief Luft holend, lehnte sie sich auf die Stufen zurück und zog den Rock über die Taille hinauf. Sie schloss die Augen.
Den Kopf gegen die Kellerstufen gedrückt und mit entblößtem Hals, hielt sie mit einer Hand das Geländer fest und holte mit der anderen die Erinnerung zurück, bis sie einen Schauer spürte, der sie von dem Ort wegriss, an dem sie sich vor so langer Zeit eingesperrt hatte.
März
26
D ie Mutter und die Tochter stritten sich, als sie hereinkamen. Sima hörte die Tochter fragen: »Das hier?«, und sah die Mutter mit zusammengebissenen Lippen nicken.
»Was hab ich dir gesagt?«, sagte Sima, zu Sylvie gewandt, »hier war’s heute wie in der Grand Central Station.«
»Ich kann mich nicht beklagen«, antwortete Sylvie und legte die Hand auf Timnas Arm. »Du bedienst die anderen, ich nehme Timna.« Sie lächelte Sima zwinkernd zu. »Vielleicht lass ich mir doch noch diesen grünen BH von ihr andrehen, was?«
Sima nickte und ließ den Blick einen Moment lang auf Sylvies Hand ruhen - die Haut an Timnas Arm schimmerte zwischen den Fingern hindurch -, bevor sie auf die Mutter und die Tochter zuging. Sie und Timna hatten heute Morgen, dem ersten Zusammentreffen nach ihrem Streit, kaum miteinander geredet.
Timna war am Tag zuvor nicht zur Arbeit erschienen. Sima war verzweifelt und überzeugt, die junge Frau würde nur noch vorbeikommen, um ihren letzten Lohnscheck und vergessene Schals und Pullover abzuholen. In ihrer Abwesenheit probte Sima Sätze, die nicht überzeugend klangen - »Ich möchte mich entschuldigen, ich hoffe, Sie verstehen« -, doch als Timna heute Morgen in den Laden gekommen war, hatte Sima einfach mit gefalteten Händen wortlos dagestanden.
»Timna«, brachte sie schließlich heraus, als das Mädchen die Treppe hinaufgehen wollte, um Kaffee zu trinken, »es tut mir leid.«
Sie war von ihrer eigenen Aufrichtigkeit überrascht. Als sie
die Worte aussprach, spürte sie die Heftigkeit ihres Schmerzes. »Es tut mir leid«, wiederholte sie und meinte es auch so: Jedes ihrer Worte
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