Die geheime Welt der Frauen
bei ihm bleiben - hatten Sie da vielleicht nur Angst, genauso wie Ihre Mutter zu sein, Männer zu brauchen?«
Sie fühlte sich wie einer der Experten bei Talkshows - wie schnell, wie klar sie die Wahrheit enthüllte, worauf das Publikum in Beifall ausbrach.
Timna rollte die Garnspule mit der Handfläche hin und her.
»Sich so sehr zu fürchten, von jemandem abhängig zu sein, dass man ihn wegstößt, ist genau das, was Ihre Mutter tut und womit sie Sie verletzt.« Sima musste sich konzentrieren, um ruhig zu sprechen. Hin- und hergerissen zwischen Furcht und Triumph, erklärte sie: Aus Angst, wie ihre Mutter zu werden, habe Timna genauso gehandelt wie sie, und einen wunderbaren Menschen weggestoßen.
»So einfach ist das nicht, Sima«, erwiderte Timna mit angestrengter Stimme, »ich war jahrelang mit Alon zusammen …«
»Ich will daran auch nichts simpler machen, als es ist«, erklärte Sima, »glauben Sie mir, ich weiß sehr gut, dass daran nichts simpel ist.« Lächelnd sah sie Timna an. »Ich möchte Ihnen nur sagen, damit Sie es nicht vergessen - Sie sind nicht Ihre Mutter, Timna.«
Timna nickte.
»Ich weiß, es ist schwer, sich das anzuhören, und vielleicht ist es auch nicht fair von mir, das zu sagen …« Sima zögerte einen Moment, aber nur um des Effekts willen. »Sie haben sich von Alon getrennt, um zu zeigen, dass Sie sich vor dem Alleinsein nicht fürchten, aber es braucht viel Mut, vielleicht sogar noch mehr, bei jemandem zu bleiben.«
»Sima …«
»Timna, Ihrer Mutter mag es an Mut fehlen, aber Sie besitzen ihn. Das weiß ich.« Sima verschränkte die Arme vor der Brust.
Sie wollte Timna sagen, dass sie ihre Verschwiegenheit verstand, nachvollziehen konnte, was für zwiespältige Gefühle es in ihr auslösen musste, Mutter zu werden, aber sie zögerte, in der Hoffnung, Timna würde selbst damit herausrücken. »Timna«, begann sie. Erneut stellte sie sich einen Moment lang die Freude der zukünftigen Monate vor - wie Timna ihre Hand nahm, sie auf ihren Bauch legte und sie gemeinsam die Bewegungen des Babys spürten. »Sie waren in letzter Zeit nicht mehr Sie selbst. Wie kommt das?«
Timna hielt den Blick auf die Garnspule gerichtet. »Ich möchte nicht darüber sprechen.«
Sima nickte und verbarg ihre Enttäuschung: Sie würde warten müssen, bis Timna den letzten Schritt machte. Erneut griff sie nach dem Haar der jungen Frau und ließ ein paar Strähnen durch ihre Finger gleiten. »Dann denken Sie darüber nach, ja? Vergessen Sie nicht, Ihre Beziehung mit Alon, das war mutig.«
Timna blickte auf. »Vielleicht«, sagte sie, »vielleicht.«
Sima lehnte sich in ihrem orangefarbenen Plastikstuhl im Dairy Delicious zurück und verarbeitete, was Connie ihr gerade gesagt hatte. Wie viele Male hatten sie beide hier gesessen, wie oft hatten sie eine Tasse Kaffee getrunken und sich mit zwei Gabeln ein Omelette oder ein Stück Kuchen geteilt, wobei das Essen die Schmiere für ihre Unterhaltung bildete: Lev, Art, Howie und Nate, dieser und jener, hast du gehört, nein, ich hatte ja keine Ahnung? Aber jetzt stieß Connie ihre Worte flüsternd hervor, und Sima musste zwei Mal nachfragen, bis sie verstand: Connie hatte einen Begleitdienst kontaktiert.
»Ein Escortservice, das volle Programm«, sagte Connie. »Aber nicht aus dem Branchenbuch. Ich habe ihn über die Jewish Week gefunden.«
Sima starrte sie verblüfft an. »Was stand denn in der Anzeige?«
»Du hast sie vermutlich auch gesehen. Oder hättest sie gesehen, wenn du danach gesucht hättest. Er nennt sich selbst der Chasana-Mann. Verfügbar für alle Gelegenheiten: Hochzeiten, Bar-Mitzwahs, Brit Milot und so weiter.« Connie machte eine fahrige Geste. »Wie hat er es ausgedrückt? Wirtschaftsprüfer in mittleren Jahren, geschieden, fit, der gern tanzt.«
»Ach.« Sima wollte sich abwenden, sogar gehen. Sie wusste nicht, was sie von Connies Abenteuern halten sollte. Sie strich über ihre Tasche, in ihrem Kopf formte sich bereits eine Ausrede: Der Wagen musste zum Ölwechsel, sie musste ihn in die Werkstatt bringen.
Doch dann sah sie Connie an.
Connie beobachtete sie, wartete auf ihre Antwort. Aber was sollte sie sagen?
Meine beste Freundin hat gerade einen Escortservice kontaktiert, dachte Sima. Sie stellte sich vor, wie sie Timna davon erzählte, und wiederholte die Worte feierlich im Kopf. Doch bevor sie den Satz beenden konnte, wurde ihr plötzlich klar, wie komisch das Ganze war.
»Ein Chasana-Mann aus der Jewish Week «, Sagte
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