Die geheimen Jahre
»Also Simon gehörte zu denjenigen, die sich rausgehalten haben. Er war 1914 auf der anderen Seite des Atlantiks. Das behauptet er zumindest. Ich weià nicht, ob das alles zusammenpaÃt: Kommunist und der illegitime Sohn einer irischen Gräfin, der aus Oxford rausgeworfen wurde. Ich persönlich glaube kein Wort davon.«
Sie achtete nicht darauf. Sie schloà nur aus Nicholas Gesichtsausdruck, daà er glücklicher aussah als seit Wochen.
Teddy lehnte gegen den Türpfosten und hatte einen Flachmann aus der Tasche gezogen. »Ich würde von dem üblen Gesöff nichts mehr trinken, meine liebe Mrs. Blythe. Nehmen Sie hiervon, oder Sie haben morgen schreckliches Kopfweh.«
Bald darauf fuhren sie in ihr Hotel zurück. Die andern verschwanden zu einem Tennisspiel auf einem künstlich beleuchteten Platz, doch Nicholas und Thomasine entschuldigten sich wegen Erschöpfung. Thomasine taumelte, als sie durch den langen Gang zu ihren Zimmern gingen. Nicholas legte den Arm um sie, um sie zu stützen.
»Eine lustige Truppe, nicht wahr?«
Sie nickte. Sie hatten das Schlafzimmer erreicht, alles drehte sich um sie. »Sehr lustig.« Vorwurfsvoll fügte sie hinzu: »Du bist nicht beschwipst, Nick. Ich aber. Warum bist du nicht blau?« Vollständig angekleidet fiel sie aufs Bett.
»Ich trinke nicht gern«, antwortete Nicholas. »Mir kommen dann schreckliche Träume. Aber dieses Gesöff von Marcus war übel. Simon behauptet, seine Drinks seien so dekadent wie seine Bilder.«
»Malergift«, murmelte Thomasine und kicherte. Vergeblich versuchte sie, sich aufzusetzen, fiel aber wieder in die Kissen zurück. »Ich komm nicht zu meinen Schuhen runter, Nick.«
Er setzte sich aufs Bettende und knöpfte vorsichtig ihre Schuhe auf. »Was für reizende kleine FüÃe. Ich mag FüÃe.«
Thomasine hatte die Augen geschlossen. »Tiny würde sagen, du hast einen Ãdipuskomplex. Oder einen ÃdiputÃkomplektÃ.«
Er küÃte ihren FuÃ. Sie fühlte sich herrlich träge, als sie so dalag und Nicholas ihre Strümpfe herunterrollte. Sie hätte auf der Stelle einschlafen können.
Aber sie durfte nicht einschlafen, wenn Nicholas ihren Rock hochschob und an ihrem Höschen fummelte. Sie zwang sich, ihm zu helfen, knöpfte sein Hemd und seine Hose auf, streichelte ihn und flüsterte ihm ins Ohr. Ein Glücksgefühl überkam sie, als er in sie eindrang, und sie erschauderte und keuchte vor unendlicher Erleichterung.
Auch in seinen Augen entdeckte sie Erleichterung und Stolz, als es vorbei war. Sie hielt ihn in ihren Armen, zog die Bettdecke über sie beide und strich ihm sanft die dunklen Locken aus den Augen.
»Es wird alles gut, nicht wahr, Liebste?« flüsterte er. »England wird herrlich.«
In diesem Moment glaubte sie, daà er recht hatte.
Im Februar drang Wasser durch den Boden des Cottage der Gillorys. Der weiÃe Schnee wurde schlieÃlich schwarz, als er schmolz, und legte die Torffelder frei, während das Wasser gefährlich hoch bis zu den Deichrändern stieg und sich in groÃen Pfützen auf dem Boden sammelte.
Daniel fluchte, als er eines Morgens die Leiter hinunterkletterte und Wasser um seine Knöchel schwappte. An der Spitze der Leiter tauchte, in Decken gehüllt, Fays Kopf auf.
»Es ist überschwemmt, verflucht. Ich hätte letzte Nacht die Möbel in Sicherheit bringen sollen.«
Er schickte sie wieder ins Bett und arbeitete, sich selbst verfluchend, allein weiter. Letzte Nacht war er müde gewesen und hatte nicht auf die dicken Wolken und den vollgesogenen Boden geachtet. Jetzt drang schmutziges Wasser durch den Ziegelboden und hinterlieà Schlammspuren an Wänden, Tisch- und Stuhlbeinen. Die Kehrschaufel schwamm in einer Küchenecke, und der Reisigbesen war tropfnaÃ, als er ihn anhob. Daniel begann, das Wasser aus der Tür zu kehren, aber er wuÃte, daà es keinen Sinn hatte. DrauÃen regnete es, und der Hof und die Felder waren mit einer dünnen Wasserschicht bedeckt. Der Torf saugte jeden Tropfen Feuchtigkeit in sich hinein und blähte sich auf wie ein Schwamm.
Er tat, was getan werden muÃte. In seiner Kindheit hatte seine Familie fast jeden Frühling das gleiche Ritual absolviert: Die leichteren Möbel wurden nach oben gebracht, und unter alles, was sich anheben lieÃ, wurden Ziegelsteine gelegt. Er dankte dem Himmel,
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