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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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mit seinen Freunden«, verteidigte sie sich.
    Â»Ich weiß, daß du jetzt eine erwachsene Frau bist, Thomasine, eine verheiratete Frau, und daß ich kein Recht habe, mich in dein Leben einzumischen, aber …«
    Ã„rgerlich schob Thomasine den Gedanken beiseite, daß Hildas Mißbilligung nur ihre eigene zunehmende Unzufriedenheit mit ihrem Leben widerspiegelte.
    Sie setzte zu einer Erklärung an. »Als ich Nicholas geheiratet habe, habe ich auch seinen Lebensstil annehmen müssen. Partys, Dinners und Theaterbesuche gehören nun mal zu seinem Leben. Außerdem ist jetzt nichts mehr so wie früher, Tante Hilly – seit dem Krieg hat sich alles verändert.«
    Doch als sie Hilda ansah, wußte sie, daß das nicht stimmte. Hilda hatte sich überhaupt nicht verändert: Ihre Maßstäbe, ihre moralischen Grundsätze waren die gleichen geblieben. Sie hatte nie die Fehler begangen, die Thomasine gemacht hatte, sie hatte nie die Entscheidungen treffen müssen, die sie treffen mußte. Diese Fehler und Entscheidungen, dachte sie traurig, hatten eine tiefe Kluft zwischen sie gerissen, eine Kluft, die einfach nicht mehr zu überbrücken war.
    Hilda antwortete nur: »Ich verstehe, daß die gesellschaftliche Stellung gewisse Verpflichtungen mit sich bringt. Dennoch glaube ich, daß Leichtfertigkeit nicht unbedingt ein Teil dieser Verpflichtungen ist. Und sich als Russen zu verkleiden … wenn man bedenkt, welches Elend dieses Land durchmachen mußte … wo so viele umgekommen sind … und wahrscheinlich sogar der Zar und seine Familie hingerichtet wurden … Im Moment herrscht Hungersnot in Rußland, Thomasine.«
    Sie ärgerte sich, daß sie von Hilda, die ihr so wenig über bestimmte Aspekte des Lebens beigebracht hatte, kritisiert wurde. »Was soll ich deiner Meinung nach tun, Tante Hilly? Den Notleidenden Körbe mit Essen bringen? Die gute Fee spielen, wie Nicholas’ Mutter?«
    Â»Ja«, antwortete Hilda schlicht. Ihre Stirn war gerunzelt.
    Sie strich ein paar Strähnen zurück, die den Haarnadeln entkommen waren, und fügte freundlicher hinzu: »Komm und setz dich neben mich, Thomasine, bitte . Du siehst so wütend aus.«
    Ein wenig unwillig ließ sie sich neben ihrer Tante auf der Couch nieder.
    Â»Ich will dich nicht kritisieren, meine Liebe. Natürlich sollst du dich vergnügen – und natürlich hast du gesellschaftliche Pflichten zu erfüllen. Ich finde nur, daß es im Moment soviel Elend gibt … sowohl in London als auch auf dem Land … und nachdem du mit Nicholas Blythe verheiratet bist …«
    Â»â€¦ habe ich sowohl die Stellung als auch das Geld, um die Welt zu verbessern, genau wie du es immer wolltest, Tante Hilly.« Thomasine lehnte sich zurück. »Bloß, daß wir kein Geld haben, verstehst du, wir haben alles in Frankreich ausgegeben. Und jedermann weiß, daß ich nur eine hochgekommene kleine Tänzerin bin, was einige Leute nicht stört, andere aber schon.«
    In dem Schweigen, das darauf folgte, hörte Thomasine den Regen gegen die Scheiben trommeln und den Wind um die Schornsteinkappen heulen.
    Zögernd erwiderte Hilda: »Lady Blythe … stört es sie?«
    Â»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.«
    Sie stand auf und begann, das Teegeschirr aufs Tablett zu räumen. Sie würde niemandem, nicht einmal Hilda verraten, wie sehr sie sich davor fürchtete, nach Drakesden zu fahren.
    Â»Du mußt mir alles erzählen, Tante Hilly. Hast du Antonia in letzter Zeit gesehen? Vor zwei Wochen hab ich in Gorringes mit ihr Tee getrunken. Und deine Schule – ich bin schon ganz gespannt, darüber zu hören. Du hast jetzt zwanzig Schüler … oder dreißig?«
    Das Wasser fiel, und die Nässe sickerte durch den losen Ziegelboden des Cottages in den Torf zurück. Daniel trug die Möbel wieder nach unten und schrubbte den schwarzen Schlamm von Fußboden und Wänden. Ein Hauch von Frühling lag in der Luft. Seine Ernte und Vorräte hatten die Überschwemmung überstanden, und nachdem Fay beim Kochen keine Galoschen mehr tragen mußte, stand auch der Haussegen nicht mehr ganz so schief. Als Daniel auf den blassen Himmel mit den weißen zerklüfteten Wolken hinaussah, war er eigentlich ganz glücklich.
    Er stellte einen der Dorfbewohner an, der ihm bei der Feldarbeit helfen sollte. Harry

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