Die geheimen Jahre
daà er Essen, Holz und Torf aufgestapelt hatte, und betete, daà die Wintersaat, die noch nicht erntereif war, nicht weggeschwemmt wurde.
Als am Horizont der Morgen graute und Daniel die schlimmste Unordnung beseitigt hatte, erschien Fay. Auf der vorletzten Sprosse der Leiter hielt sie inne.
»Es ist ja immer noch alles naÃ! Ich dachte, du hättest es rausgefegt!«
»Das geht nicht.« Er stopfte mehrere schmutzige Tücher in einen Kübel. »Das Wasser steckt im Torf, Fay, und das Haus ist auf Torf gebaut. Es ist direkt unter dem FuÃboden. Deswegen ist kein Zement zwischen den Bodenziegeln â das Wasser kann dann leichter abflieÃen, wenn sich der Boden wieder senkt. Daran ist nichts zu ändern, verstehst du?«
»Aber wie soll ich kochen? Ich kann darauf nicht gehen.«
Sie deutete auf den Küchenboden, der noch immer mit ein paar Zentimetern Wasser bedeckt war. Sie hörte sich eher verärgert als weinerlich an.
Zum erstenmal spürte Daniel ebenfalls Ãrger in sich aufsteigen. Er war müde, naà und fror und sorgte sich um seine Ernte. »Vielleicht ziehst du erst mal meine alte Hose an und die Galoschen, die ich dir gekauft habe.«
Sie trug ein dünnes, kirschrotes, weià eingefaÃtes Wollkleid. Unter anderen Umständen hätte er gedacht, wie gut es ihr stand, aber jetzt, in dem überschwemmten ErdgeschoÃ, empfand er nur Zorn. Er war sich bewuÃt, daà er ungerecht war: Wer hatte schon Lust, ein paar Monate im Jahr im Wasser herumzuwaten?
Um sie zu trösten, sagte er: »Wir sind viel besser dran als die meisten anderen, Liebling. Viele Leute in Drakesden müssen ihre Betten auf Ziegel stellen und jeden Abend zu ihnen hinpaddeln.«
Fay rümpfte die Nase. »Das ist lächerlich. Unzivilisiert. Dagegen könnte doch sicher was unternommen werden.«
»Nun, die GroÃgrundbesitzer hätten wahrscheinlich ein biÃchen mehr für die Entwässerung ausgeben können. Und die Verantwortlichen könnten aufwachen und sich der Tatsache stellen, daà es früher oder später zu einem Riesenunglück kommt und nicht nur zu ein paar Pfützen auf dem Boden. Aber ehrlich gesagt, im Moment ist vermutlich nichts dergleichen zu erwarten.«
Um seinen Ãrger abzuschütteln, legte er im Herd Kohlen nach. Gott sei Dank war das Wasser nicht so hoch gestiegen, um das Feuer zu löschen. »Es gibt keinen Grund zu schreien«, sagte Fay.
Als er sich zu ihr umdrehte, stand sie noch immer auf der Leiter. Sie sah klein, verfroren und elend aus. Er streckte den Arm aus und wollte sie umarmen, aber sie wandte sich ab.
»Du bist voller Kohlenstaub.«
Seine Hände waren schwarz und seine FüÃe naÃ. So freundlich er konnte, antwortete er: »Geh wieder ins Bett, Liebling. Ich bring dir eine Tasse Tee, wenn das Wasser heià ist.«
Als sie die Leiter wieder hinaufkletterte, wünschte er sich, sie hätte gesagt: »Sei nicht albern, Daniel. Ich mach den Tee.« Wie sehr hätte er sich gewünscht, sie hätte ihre ältesten Sachen angezogen, einen Besen genommen und gemeinsam mit ihm den Schmutz aus dem Haus gefegt. Wie sehr hätte er sich echte Kameradschaft gewünscht, genau wie ihr Begehren.
Am Ende ihres ersten Monats in England zogen die Blythes aus dem Hotel Claridges aus und nahmen sich ein kleines Haus in Chelsea. Die Rückkehr auf den Kontinent wurde auf unbestimmte Zeit verschoben: Nicholasâ Gespräch mit seinem Vermögensverwalter war nicht angenehm verlaufen. Das gemietete Haus war nicht groÃ, die Räume hatten niedrige Decken und pastellfarben gestrichene Wände, die Möbel waren wackelig und reichten nicht aus. Nicholas stellte eine Köchin und ein Dienstmädchen ein und mietete eine Garage für den Delage. Das kalte Wetter wurde milder, der Schnee schmolz, und der Regen wusch die StraÃen sauber.
Sobald sie sich in dem kleinen Haus eingerichtet hatten, ging Nicholas jeden Abend später zu Bett und stand jeden Morgen später auf. Es machte fast den Eindruck, als hätte er verlernt, sein eigenes Leben zu regeln, nachdem die vorgegebene Ordnung des Hotellebens nicht mehr vorhanden war. Thomasine konnte ihre Angewohnheit, früh aufzustehen, nicht aufgeben und verbrachte die Morgenstunden allein. An manchen Nachmittagen ging sie mit Nicholas ins Kino, oder sie machten eine Ausfahrt. Manchmal nähte sie auch, wenn Nicholas an seinem
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