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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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ganzen Nachmittag lang. Sie stellte mir Fragen über meine Kindheit und erzählte mir dann von Arthurs Kindertagen. »Er und sein Bruder haben sich schnell in unsere Familie eingefügt, und Arthur war in der Schule gleich in seinem Element. Er war ein sehr guter Schüler, stets bemüht, der Beste in seiner Klasse zu sein, und das war genauso, als er auf die Universität ging. Er hat eine Zeitlang als Lehrer gearbeitet, müssen Sie wissen, und einen fürsorglicheren und hingebungsvolleren Lehrer hat die Welt nie gesehen. Ich hätte nicht stolzer sein können, als er seine Absicht kundtat, Pfarrer zu werden. Auch Alan Nicholls ist ein guter Mann. Ich liebe alle meine Kinder, Charlotte, obwohlich weiß, dass Ihr Arthur und Alan nicht wirklich meine Kinder sind. Aber eine Mutter könnte sich keine besseren Söhne wünschen, und ich danke Gott jeden Tag, dass er meinem Mann den weisen Gedanken eingegeben hat, sie in unser Leben zu holen.«
    Wie wunderbar war es doch, Arthur so von der Frau gepriesen zu hören, die ihn aufgezogen hatte! Gleichzeitig empfand ich Beschämung, denn ich erinnerte mich daran, wie falsch ich ihn so viele Jahre lang beurteilt und wie sehr ich ihn unterschätzt hatte.
    Am Abend hörte ich, wie die Ausflügler in bester Laune heimkehrten und laut verkündeten, sie hätten ordentlich Hunger. Ich stand auf und kleidete mich rasch an, weil ich entschlossen war, mich ihnen zum Abendessen anzuschließen. Ich wurde im Esszimmer mit großem Hallo empfangen, und alle betonten, wie viel besser ich schon aussähe.
    »Beim nächsten Mal müssen Sie mitkommen, Charlotte«, rief Mary Anna. »Es gibt nichts Entspannenderes, als um diese Jahreszeit ruhig über den Shannon zu gleiten.«
    »Ich bin froh, dass du wieder auf bist und es dir besser geht«, sagte Arthur, als er sich am Tisch neben mich setzte. »Ich hatte ein schlechtes Gewissen, dich allein zurückzulassen.«
    Erneut zeigte sich für kurze Zeit auf seinem Gesicht die Zuneigung, an die ich mich in den letzten Wochen gewöhnt hatte; doch dann, als hätte er sich wieder daran erinnert, dass er seine Empfindungen verbergen musste, erstarb sein Lächeln, und er wandte den Blick ab. Oh! Wie unerträglich es doch war, dass wir in einem Raum voller Menschen saßen und keine Gelegenheit hatten, miteinander zu sprechen. Ich wollte mich gerade zu Arthur hinüberbeugen und ihm die Bitte zuflüstern, sich kurz mit mir für auf einige vertraute Worte zurückzuziehen,als Mrs. Bell plötzlich rief: »Du liebe Güte, jetzt ist Charlotte schon ganze zwei Tage bei uns, und wir haben wohl alle vergessen, dass wir eine gefeierte Schriftstellerin unter uns haben!«
    Zu meinem Kummer stürzten sich alle sofort auf dieses Thema, als wäre es für sie außerordentlich faszinierend. Ich musste jeden Gedanken daran aufgeben, mich mit meinem Ehemann zurückzuziehen. Als schon bald der erste Gang aufgetragen wurde, sagte Mary Anna aufgeregt: »Wir haben es nicht vergessen, Mama, aber wir haben uns große Mühe gegeben, den Mund zu halten, damit Charlotte nicht glaubt, dass wir nur das literarische Genie an ihr lieben.«
    »Ich mag
Jane Eyre
wirklich sehr«, erklärte ihre Schwester Harriette und strahlte mich an. »Es ist das beste Buch, das ich je gelesen habe.«
    »Die drei Bände sind hier in Irland getrennt erschienen«, sagte Mrs. Bell. »Das Buch hat uns so bewegt, dass wir die folgenden Teile geradezu herbeigesehnt haben. Wir sind eigens nach Birr gefahren, um den nächsten Band so bald wie möglich zu bekommen! Natürlich hatten wir damals noch keine Vorstellung davon, wer die Verfasserin ist!«
    »Und glauben Sie ja nicht, dass nur die Frauen dieser Familie zu Ihren Bewunderern zählen«, fügte Alan Bell hinzu. »Wir haben alle
Jane Eyre
und
Villette
gelesen, und beide Romane haben uns begeistert. Mir hat auch
Shirley
sehr gut gefallen, besonders das Grüppchen der Hilfspfarrer. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so gelacht zu haben. Stimmt es – wie uns Arthur so stolz erzählt hat –, dass er das Vorbild für die kleine Szene mit Mr. Macarthey am Ende des Buches war?«
    Ich lächelte und schaute liebevoll zu Arthur hin – (versuchte, ihn durch bloße Willenskraft dazu zu bringen, in meinen Augen zu sehen, was ich ihm noch nicht hatte sagen können) –, aber er schaute nicht zu mir. »Das stimmt, Sir. Natürlich istdas schon einige Jahre her. Ich kannte Arthur noch nicht so gut, wie ich ihn jetzt kenne.«
    »Ich denke, er ist ziemlich glimpflich davongekommen«,

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