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Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Titel: Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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das mir dann jedesmal schier den Atem zu rauben drohte.
    Wenn ich dann wieder in die Kissen sank, plagten mich wirre Träume. Chaotische Collagen aus willkürlich zusammengestellten Bildern und Szenen. Ich sah Gesichter in rascher Folge vor mir. Die Gesichter der Brennan-Geschwister, Jim Fields Gesicht, so wie Brennan es auf die Leinwand gebannt hatte und die Gesichter jener furchtbaren Dämonen, die die Wände der Galerie Sounders & McInnerty zierten.
    Und zwischendurch erschien immer wieder ein pechschwarzes Sechseck, in dem ein Buch schwebte.
    Die goldfarbene Aufschrift kannte ich nur zu gut.
    Es war das LIBRUM HEXAVIRATUM.
     
    *
     
    Als am nächsten Morgen der Wecker schrillte, fühlte ich mich wie gerädert. Ich zog mich an, frisierte mich und dachte die ganze Zeit über darüber nach, was das LIBRUM HEXAVIRATUM
    wohl mit den Brennan-Geschwistern zu tun hatte. Es musste eine Verbindung geben. Meine Träume legten das nahe. Und wenn ich auch früher meiner Gabe oft misstraut hatte, so wusste ich doch längst, dass ich besser daran tat, ihr zu vertrauen.
    Tante Lizzy traf ich in der Küche.
    Sie hatte bereits den Tee aufgesetzt und den Frühstückstisch gedeckt. Ganz gleich, ob sie die ganze Nacht über in ihren magischen Schriften gestöbert hatte - das ließ sie sich nicht nehmen. Sie brauchte beneidenswert wenig Schlaf, was, wie sie sagte, einer der wenigen Vorteile des Alters war.
    "Setz dich, Kind! Der Tee muss gleich soweit sein..."
    Auf meinem Platz an dem schmalen Küchentisch lag ein vergilbter Zeitungsartikel. An der Kennzeichnung mit einer fünfstelligen Nummer sah ich, dass er aus Tante Lizzys Archiv stammte, das neben seltenen okkulten Schriften auch zahllose Presseartikel über ungewöhnliche Phänomene und Parapsychologie enthielt. Sämtliche Meldungen, die ihr in die Hände fielen, archivierte sie mit einer bewundernswerten Akribie.
    Sie streckte die Hand aus und deutete mit dem Zeigefinger auf den Artikel.
    "Ich wusste doch, dass ich den Namen Brennan schon einmal gehört hatte", stellte sie dann fest.
    VERFÜGT WUNDERKIND ÜBER PARA-KRÄFTE?, stand dort in den rot unterstrichenen Lettern eines Boulevard-Blatts. Ein kleines schwarz-weiß Foto war daneben platziert worden. Es zeigte ein kleines Mädchen mit langen Haaren und einem sehr ernsten, traurigen Blick. Mit dem Blick einer Erwachsenen!, durchfuhr es mich.
    Ich überflog den Artikel.
    "Rovenna Brennan wurde als eine Art medizinisches Wunder in der Öffentlichkeit präsentiert", erläuterte mir Tante Lizzy indessen. "Angeblich soll sie mit ihren geistigen Kräften ein Feuer in einem Nachbarraum entzündet haben..."
    "Gibt es noch weitere Artikel dazu?"
    "Nein. Wahrscheinlich wurde sie daraufhin völlig abgeschirmt. Erst als sie zehn Jahre später damit begann, öffentlich Konzerte aufzuführen, trat sie wieder in die Öffentlichkeit... Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich um dieselbe Rovenna Brennan handelt, denn erstens stimmt das Alter und zweitens kommt dieser Name nicht so häufig vor..."
    "Sie ist es", erklärte ich. "Dieser melancholische Blick...
    Sie hatte ihn schon damals... Es ist fast erschreckend, wie wenig sie sich seit damals verändert hat."
    Ich aß ziemlich schnell, obwohl Tante Lizzy mich ermahnte, das nicht zu tun. Aber die Zeit drängte einfach. Und nach der Standpauke, die ich von Swann wegen der angeblich nachlassenden Qualität meiner Artikel bekommen hatte, wollte ich nicht gerade heute zu spät in der Redaktion sein.
    Ich fröstelte, als ich eine Viertelstunde später hinaus ins Freie trat. Es war ein nebeliger, feuchtkalter Tag. Dafür war von Sturm und Regen nichts mehr zu sehen. Es herrschte beinahe Windstille, während dicke Nebelschwaden durch die Straßen krochen.
    Ich setzte mich in meinen kirschroten 190er Mercedes, den Tante Lizzy mir einst geschenkt hatte, als ich beim London City NEWS anfing, setzte zurück, so dass ich von der Einfahrt herunterkam und fuhr los. Man musste sehr vorsichtig fahren. Die Sicht war so schlecht, wie ich es schon seit langem nicht mehr erlebt hatte. Die Gebäude ragten wie dunkle, drohende Schatten auf. Entgegenkommende Fahrzeuge waren oft erst im letzten Moment zu sehen, wenn die Scheinwerfer wie glühende Katzenaugen aufleuchteten.
    Es war eine jener Ahnungen, in denen sich meine Begabung zeigt, die mich plötzlich dazu veranlasste, doch nicht auf direktem Weg zur Lupus Street zu fahren, wo sich das Gebäude unseres Verlages befand.
    Ich hatte einfach das Gefühl,

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