Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing
gesehen.
Jetzt meldete sich Tom Hamilton zu Wort.
"Es gibt jemanden, der uns diese Frage vielleicht beantworten kann", meinte er.
Ich hob die Augenbrauen. "Du sprichst von Allan Brennan!"
"Ja."
"Kommst du mit, Jim?", wandte ich mich dann an unseren Kollegen. Er nickte stumm.
*
Die Brennan-Villa wurde von Nebelschwaden umwabert. Knorrige, verwachsene Bäume umgaben sie. Ihre Kronen wirkten wie schattenhafte Hände, die ihre Finger nach diesem Gebäude ausstreckten. Der Lastwagen einer Speditionsfirma stand vor der Einfahrt. Offenbar wurden gerade die Gemälde aus der Galerie zurückgebracht. In braunes Packpapier eingeschlagen trugen zwei Männer in blauen Overalls sie zum Eingang.
Wir folgten ihnen, betraten die Eingangshalle.
Dämonengesicher in Öl blickten von allen Seiten auf uns herab. Sie starrten uns von den Wänden her an, und ich glaubte den unheimlichen Hunger regelrecht zu fühlen, der diese Kreaturen beseelte. Hier und da glaubte ich in den Wandgemälden kleine Bewegungen erkennen zu können. Mal war es die Bewegung eines krallenbewehrten Fingers, der mich zusammenzucken ließ, dann wieder ein blitzender Reißzahn, der plötzlich ein Stück weiter aus einem der tierhaften Mäuler herausragte.
Die Angestellten der Spedition brachten die braun eingeschlagenen Gemälde hier her und lehnten sie gegen eine massive Kommode aus dunklem Holz. Sie waren nicht besonders vorsichtig. Hier und da riss das Packpapier auf. Eine schuppige Krallenhand oder ein Paar kalter Facettenaugen wurden durch die Löcher sichtbar. Den Männern ging es nur darum, ihren Job so schnell wie möglich zu erledigen, so als ahnten sie welch unheimliche Fracht sie transportiert hatten.
Der Butler stand ziemlich aufgebracht da und redete unablässig auf die Männer ein. Er beschwor sie geradezu, doch etwas vorsichtiger zu sein.
Es dauerte einige Augenblicke, bis er uns bemerkte.
Er trat etwas zögernd und mit misstrauischem Blick auf uns zu und fragte dann: "Ich wüsste nicht, dass Sie hier heute angemeldet sind..."
"Das waren wir auch bei unserem ersten Besuch nicht", erklärte ich kühl.
"Ich darf Sie bitten, ein anderes mal wiederzukommen, Madam. Meine Herrschaften sind keineswegs gewillt, heute Gäste zu empfangen. Und wenn Sie nicht die Grundregeln der Höflichkeit zu akzeptieren bereit sind, dann..."
Er stockte mitten im Satz, als er in Jims Gesicht sah.
Der Butler stand mit offenem Mund da.
Er schüttelte stumm den Kopf.
"Sie erkennen Mr. Field?", fragte ich.
"Ich..."
"Natürlich erkennen Sie ihn. Sie haben ihn gesehen - hier in diesem Haus. Auf einem von Mr. Brennans Gemälden..."
Unterdessen kam einer der Speditionsleute und hielt dem Butler einen Block mit Kugelschreiber hin. "Bitte unterschreiben Sie hier", forderte er. "Sie oder jemand anders. Ich brauche eine Bestätigung, dass wir alles ordnungsgemäß abgeliefert haben..."
Wie geistesabwesend unterschrieb der Butler. Der Mann im blauen Overall verabschiedete sich, aber das nahm der Butler gar nicht zur Kenntnis.
Die Haustür stand offen.
Ein eiskalter Hauch wehte von draußen herein.
"Sagen Sie bitte den Brennans Bescheid, dass wir mit Ihnen sprechen müssen. Mit allen beiden..."
"Das geht nicht!", stammelte der Butler.
Jetzt mischte sich Tom ein. Er packte den Butler bei den Schultern. "Nun machen Sie schon! Oder wollen Sie, dass es weitere Tote gibt..."
"Tote?", echote er.
Tom deutete auf die eingepackten Bilder. "All diese Kreaturen, die Allan Brennan auf die Leinwand gebracht hat, werden als mörderische Bestien aus den Bildern hervorkommen... Nach und nach..."
Der Butler schluckte. Wortlos wandte er sich um, und wir folgten ihm, ohne dass er uns dazu aufgefordert hätte.
Aus der Ferne erklangen die düsteren Akkorde, die Rovennas Musik prägten. Schwermut und Trauer klangen darin mit. Und vielleicht sogar so etwas wie Todessehnsucht. Jedenfalls bildeten sie eine schauderhafte Untermalung zu jenen Dämonengestalten, die Allan Brennan in Öl gebannt hatte.
Der Butler führte uns den düsteren Flur entlang, den wir schon einmal passiert hatten. Dann durchquerten wir den Salon. Die Blicke der zahllosen Dämonenbilder schienen jeder unserer Bewegungen zu folgen. Hier und da glaubte ich eine Bewegung zu erkennen. Aber das war vielleicht auch nur eine Täuschung, die die blanke Furcht in mein Hirn hineinprojizierte. Ich hoffte es zumindest. Hinter meinen Schläfen pulsierte es. Mentale Energie...
Durch die offenstehende Tür zum
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