Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing
Morris' Seele zu finden und aus dem Jenseits zurückzuholen... Er stellte eine Art Verbindung zu einer Welt her, die vielleicht so etwas wie das Totenreich ist..."
"Aber er fand nur diese dämonenartigen Kreaturen."
"Ja. Und es scheint so, als müssten diese Geschöpfe töten, um mit Hilfe der Lebensenergie ihrer Opfer zurück in ihre Höllenwelt zu gelangen. Allans Kräfte zwangen sie gegen ihren Willen in unsere Welt."
"Warum hört er nicht auf damit?"
"Er glaubte, alles unter Kontrolle halten zu können, Miss Vanhelsing. Aber ich glaube mehr und mehr, dass das ein Irrtum war. Deshalb habe ich auch die Gemälde aus der Galerie zurückrufen lassen." Sie schlug die Hände vor das Gesicht.
"Allan kann nicht mehr damit aufhören, die Dämonen zu rufen... Die Tatsache, dass er in das LIBRUM geschaut hat, hat ihn verändert."
"Wir müssen etwas tun", erklärte ich entschlossen. "Die Dämonen auf den Gemälden werden nach und nach aus ihrer Erstarrung erwachen...
Rovenna nickte. "Ich weiß... aber was soll ich tun? Allan lässt mich nicht an das LIBRUM HEXAVIRATUM. Er will nicht, dass ich einen Blick in dieses Buch werfe - aber wenn es eine Möglichkeit gibt, das drohende Verhängnis zu stoppen, dann nur mit dem Wissen, das in diesen rätselhaften Zeichen verborgen ist." Sie stellte das Foto zurück auf den Flügel.
"Nichts hätte ich mir sehnlicher gewünscht, als Morris zu finden und meine Schuld ausgleichen zu können. Aber der Preis ist zu hoch..."
In diesem Moment hallte ein schauerlicher Schrei zwischen den hohen Wänden der Villa wider.
Ein Schrei, so heiser und voller Verzweiflung, dass er einem kalte Schauder über den Rücken jagte.
"Allan!", stieß Rovenna hervor.
"Wo ist er?", fragte ich.
"Im Atelier", flüsterte sie. "Tag und Nacht ist er dort - bis auf kurze Phasen völliger Erschöpfung!"
*
Rovenna führte uns in das von Kerzenlicht erfüllte Atelier.
Unzählige von - zumeist noch sehr frischen - Kerzen waren im Raum verteilt. Ihr unruhiges Flackern ließ die Dämonengestalten auf den überall herumstehenden Gemälden noch unheimlicher und fast lebendig erscheinen.
Die Leinwand, an der der Meister gerade arbeitete, war nur von einer schlammfarbenen Grundierung überzogen...
Allan Brennan lag auf dem Boden und rang mit einer schlangenhaften Kreatur, deren langgezogener Leib sich um seinen Körper gelegt hatte. Eine gespaltene schwarze Zunge züngelte aus einem lippenlosen Maul heraus. Kalte Facettenaugen blickten den Maler mitleidlos an. Das Schlangenwesen hatte mehrere Dutzend winziger Arme, an deren Enden sich kleine Krallenhände befanden.
Mit diesen klammerte sich der Dämon an Allan Brennan fest.
Der Künstler schrie, versuchte den Angreifer abzuwehren und sich aus der tödlichen Umklammerung zu lösen. Allans Augen veränderten sich. Sie begannen glühend rot zu leuchten. Mit einem zischenden Geräusch schossen grelle Strahlen aus ihnen heraus und trafen auf den Kopf des Monstrums. Ein dumpfer, röchelnder Laut ging von dem Dämon aus.
Beide verloren an Substanz, wurden langsam durchsichtig und verblassten zusehends.
"Nein!", schrie Rovenna aus Leibeskräften.
Ihr Gesicht verzog sich.
Einige der Kerzen flackerten hoch auf.
Allan Brennan war im nächsten Moment ebenso verschwunden, wie sein dämonischer Gegner...
Ich dachte mit Schaudern an die Begabung, über die Rovenna verfügte. Irgend etwas musste geschehen. Und zwar sehr schnell.
"Vorsicht!", rief Jim Field unterdessen und deutete in eine Ecke des Raums.
Ein knurrender Laut kam aus dieser Ecke. Auf einem der Gemälde bewegte sich ein mit Hornplatten besetzter, reptilienhafter Kopf. Krallenhände bewegten sich, ragten aus der Gemäldeoberfläche heraus...
"Wir müssen hier weg!", meinte Tom.
Tierhafte, brüllende Laute drangen jetzt von überall her.
Die Dämonen in Öl erwachten zum Leben. Genau so, wie ich es bereits einmal erlebt hatte in der Galerie.
Aber ich war mir nicht sicher, ob ich es auch diesmal schaffen würde, mit Hilfe meiner übersinnlichen Kräfte, den Bann aufrechtzuerhalten, der sie in der Erstarrung gehalten hatte...
Das Erlebnis in der Galerie Sounders & McInnerty hatte mich einen Großteil meiner Kraft gekostet und mich an den Rand des Zusammenbruchs gebracht.
Jim war bereits in Richtung Tür gegangen, und ich war ebenfalls einen Schritt zurückgewichen.
Aber Rovenna machte keinerlei Anstalten, uns zu folgen.
"Kommen Sie hier raus!", rief Tom an Rovenna Brennan gewandt.
Doch die
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