Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing
mit dir?", flüsterte sie.
"Geh, ich bitte dich..."
Draußen peitschten Blitze in rascher Folge über den grauen Himmel. Durch die offenen Fenster war ihr geisterhaftes Licht deutlich zu sehen. Die Donner folgten dicht auf. Aber es gab keinen Regen. Der heiße Wind, der durch die Fenster hereinwehte, raubte einem schier den Atem.
Wie der Feuerhauch der Hölle!, durchfuhr es mich. Ich begegnete dem Blick des Namenlosen Abtes. Wir sind uns schon einmal begegnet, dachte ich. W arum hast du mich nicht getötet? So wie die anderen? Konntest du es nicht? Reichten deine Kräfte nicht aus, weil ich mich besser mental abzuschirmen wusste - so wie offenbar auch Brent?
Der Puls schlug mir bis zum Hals. Fieberhaft überlegte ich, was ich tun konnte. Ich schluckte. Dann spürte ich die Gedankenimpulse meines Gegenübers.
HUNGER....KRAFT...BRAUCHE KRAFT...GIER... Mir schauderte.
Ich wusste plötzlich, dass Wesen alles tun würde, um das zu erreichen, wonach es hungerte. Ein Hunger nach Seelen, nach purer mentaler Energie.
Sekunden drehten sich zu Ewigkeiten.
Meine Gedanken wirbelten chaotisch durcheinander. Toms Gesicht sah ich plötzlich vor mir. Tom, ich liebe dich... Wo magst du sein? Auch du hättest mich in dieser Situation nicht retten können...
Dann sah ich vor meinem inneren Auge die Steine von SixStones. Blitze zuckten, Donner grollte wie der Vorbote eines apokalyptischen Erdbebens.
Und zwischen dem archaischen Stein-Hexagon befand sich eine Gestalt.
"Tom", flüsterten meine Lippen tonlos. "Tom..." Rechts und links der Kultstätte schlugen die Blitze ein. Sie versengten das Gras, sie spalteten Bäume und sie fuhren auch hin und wieder direkt in die gewaltigen Steine hinein. Aber der Mann, der auf dem ascheartigen Untergrund im Zentrum dieses uralten Heiligtums stand, ließ sich nicht irritieren. In seinem Gesicht standen Furcht und Schauder. Mit einem faustgroßen, spitzen Stein ritzte Tom Zeichen auf die Oberfläche der Findlinge. Er schien genau zu wissen, was er tat.
Tom...
Er wandte den Kopf, so als hätte meinen Gedanken wahrgenommen. Einen Sekundenbruchteil lang wirkte er irritiert... Dann war die Vision zu Ende. Hinter meinen Schläfe pulsierte es dennoch.
Der Namenlose Abt hob unterdessen erneut die Hand. In seinen Augen leuchtete es. Offenbar wollte er zum vernichtenden Schlag gegen Brent ausholen.
Der junge Mann schob Catherine zur Seite.
In diesem Moment zuckte ein Blitz aus dem grauen Himmel heraus. Er fuhr direkt durch eines der Fenster herein und erfasste den Namenlosen Abt. Ein gewaltiger Donner ertönte. Der Blitz verästelte sich und diese Verästelungen tanzten wie Irrlichter um seinen Körper herum. Der Namenlose Abt stöhnte auf. Ein verbrannter Geruch verbreitete sich. Sekundenbruch teile später war von dem Abt nichts mehr zu sehen, außer einem kleinen Haufen jener ascheartigen Substanz, die man auch zwischen den Findlingen von SixStones antreffen konnte...
Wir standen einige Augenblicke lang fassungslos da. Brent brach schließlich das Schweigen. Er wandte sich an mich. "Wer sind Sie?"
"Das ist Patricia Vanhelsing von den LONDON EXPRESS NEWS", stellte Catherine mich vor. "Sie hat mir geholfen, dich zu finden..."
Brent nahm Catherine in den Arm und drückte sie an sich. Sie schmiegte sich gegen seine Schulter, während er ihr über das lange seidige Haar strich.
"Ich habe keine Erklärung für das, was geschehen ist... Aber du hattest von Anfang an recht! Ich hätte mich niemals auf das Spiel mit diesen unkontrollierbaren Mächten einlassen sollen..."
"Brent, ich liebe dich", flüsterte Catherine. "Und ich hoffe, dass nun alles vorbei ist..."
"Es wird niemals vorbei sein", sagte ich in die entstehende Stille hinein.
Brent und Catherine sahen mich an.
"Was meinen Sie damit?", fragte Catherine. Ich blickte Brent an. "Sie haben im LIBRUM HEXAVIRATUM gelesen..."
"Ja..."
"Ich habe einst auch einen Blick in eines der noch erhaltenen Exemplare geworfen... Einen Blick..." Brents Gesicht wurde ernst.
"Vielleicht verstehe ich, was Sie meinen."
"Es heißt, dass man von dem Gedanken an dieses Buch nie wieder loskommt...Dieses unermessliche Wissen..." Brent nickte leicht. "Wahrscheinlich haben Sie recht..." Ich wandte mich zum Gehen.
"Wohin wollen Sie jetzt?", fragte Catherine.
"Zu den Findlingen von SixStones. Ich möchte wissen, was hier vor sich gegangen ist. Und der Schlüssel dazu liegt dort."
Und außerdem beherrschte mich der Gedanke an Tom. So sehr ich mich auch zu
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