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Die Geheimnisse der Therapeuten

Die Geheimnisse der Therapeuten

Titel: Die Geheimnisse der Therapeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christophe André
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erfolgreich zu verändern, wenn es wünschenswert oder notwendig ist. Hier folgen ein paar Einsichten, die mich die Erfahrung im Hinblick auf die persönliche Veränderung gelehrt hat.
    Wie ändert man sich?
    Wenn man an »Veränderung« denkt, kommt automatisch der Gedanke, etwas (oder jemanden) durch etwas anderes (oder jemand anderen) zu ersetzen. Das Verhalten eines Menschen ist seine Art, in einer bestimmten Situation zu handeln, zu fühlen und zu denken. Nach dieser Definition heißt ändern anders machen , ein nicht adäquates Verhalten durch ein anderes Verhalten zu ersetzen, das man als adäquat oder wünschenswerter betrachtet.
    Es anders machen ist also eine Art, sich zu verändern. Es gibt aber noch eine weitere. Sie besteht nicht darin, es anders zu machen, sondern es stattdessen hinzunehmen . Wie ich später noch erläutern werde, habe ich persönlich viel Zeit gebraucht, um das Hinnehmen als Mittel der Veränderung zu betrachten. Ich bin also nicht erstaunt, wenn einige meiner Patienten sich überrascht zeigen, sobald ich ihnen empfehle, diesen Weg einzuschlagen, um eine Veränderung zu bewirken. Aus diesem Grunde werde ich mich bei dieser Art der Veränderung etwas länger aufhalten.
    In Wirklichkeit sind Andersmachen und Hinnehmen zwei Arten der Veränderung, die sich ergänzen. Schauen wir uns ein wenig näher an, wie man sie praktisch umsetzen kann.
    Es anders machen
    Dies besteht darin, ein nicht adäquates, ineffizientes und unerwünschtes Verhalten durch ein neues Verhalten zu ersetzen, das der Situation angemessener ist oder den eigenen Wünschen mehr entspricht. Dazu muss man ein wenig Fantasie haben und nach neuen Wegen des Handelns, Denkens und Fühlens Ausschau halten. Wenn man sie gefunden hat, empfiehlt es sich, die Machbarkeit und Effizienz jeder neuen Art des Tuns zu testen. Man behält bei, was funktioniert, und man übt unermüdlich, bis das neue Verhalten gut sitzt.
    Ein Beispiel: Prüfungsangst
    Jacques, einer meiner Patienten, ist ein Student, der unter so großer Prüfungsangst leidet, dass er wiederholt in letzter Minute nicht zur mündlichen Prüfung erschienen ist. Er schilderte mir, dass er im Augenblick, als er das Prüfungszimmer betreten sollte, zu sich sagte: »Ich kann nichts, ich werde durchfallen, das ist furchtbar. Ich werde diese Prüfung nie bestehen.« Gleichzeitig war sein Körper angespannt, ihm war heiß, er schwitzte, ihm zitterten die Beine, und er hatte ein Loch in der Magengrube. Falls er doch in die Prüfung ging, war er mit seinen unangenehmen Empfindungen und Katastrophengedanken so beschäftigt, dass er sich nicht konzentrieren konnte und seine Ausführungen konfus und unvollständig waren.
    Jacques kann in dieser Situation drei Veränderungen vornehmen: Er kann die unangenehmen Empfindungen (Muskelverspannungen und Zittern) durch adäquatere Empfindungen ersetzen, indem er sich mit einer Methode der Muskelentspannung vertraut macht. Er kann auch lernen, seine irrationalen Katastrophengedanken durch realistischere Gedanken zu ersetzen, wie etwa: »Es ist möglich, dass ich durchfalle, aber es ist nicht sicher. Und ist es außerdem so ein Drama, wenn man eine Prüfung nicht besteht?« Jacques kann sich auch vornehmen, sein Vorgehen zu ändern, indem er beispielsweise vor der Prüfung seine Aufmerksamkeit auf seine unmittelbare Umgebung richtet (die Landschaft draußen vor dem Fenster, die Wände, die Ausstattung des Raums usw.), statt zuzulassen, dass er sich auf unangenehme innere Phänomene (negative Empfindungen und Gedanken) konzentriert.
    Es anders machen in meinem Leben
    Und dennoch ist über alle Ähnlichkeiten hinaus jede Situation auch anders.
    In meinem Beruf als Psychiater und Psychotherapeut bin ich aufgerufen, ständig neue Lösungen, neue Arten des Denkens und Handelns zu erforschen. Tatsächlich ist jede Behandlung immer ein neues Abenteuer. Es bestehen zwar Übereinstimmungen bei den Symptomen zweier Patienten, die an derselben Krankheit, beispielsweise einer Zwangsstörung, leiden. Die Behandlungsprinzipien sind bekannt und auf die Mehrzahl der Patienten anwendbar. Und dennoch ist über alle Ähnlichkeiten hinaus jede Situation auch anders und weist unendliche Variationen auf, die auf die jeweils verschiedenen Persönlichkeiten und Umstände zurückzuführen sind. Hier setzt die Kreativität

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