Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geheimnisse der Therapeuten

Die Geheimnisse der Therapeuten

Titel: Die Geheimnisse der Therapeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christophe André
Vom Netzwerk:
viele Dinge.

    Eine gestörte Chemie
    Ich hatte also die Chemie eines Angstkranken, wie ich rasch erfuhr. Mein Stoffwechsel war hypersensibel, ich befand mich meistens in einem Zustand der »Hyperwachsamkeit«, reagierte also unverhältnismäßig stark auf Reize, die gefährlich waren, oder solche, die ich dafür hielt. Meine »Alarmglocken«, diese Art Radar, das einem Menschen erlaubt, Situationen zu vermeiden, die ihn in Gefahr bringen könnten, schrillten bei der kleinsten Veränderung: wenn abends die Dunkelheit einsetzte, wenn ich vom festen Boden abhob und in die Höhe stieg (beim Fliegen), wenn ich von der frischen Luft in die stickige Luft der U-Bahn-Stationen oder an geschlossene Orte geriet (von der Metro bis hin zu Tunneln). Kurzum, so war ich »gestrickt« – mit einer Art Behinderung, die aus übermäßiger Wachsamkeit und Hypersensibilität bestand. Ich konnte dem, was mir die kognitiven Therapeuten am Ellis-Institut empfahlen, nicht länger zuwiderhandeln: Ich musste diese wahrscheinlich genetische Störung akzeptieren und konstant gegen die allgegenwärtige Angst angehen, um sie zu mildern: mich den Situationen, die mir am meisten Angst machten, ganz allmählich aussetzen und akzeptieren, es ein Leben lang zu tun.
    Es war zweifellos diese Akzeptanz, die mir am schwersten fiel: Da es mit meiner »Chemie« (in diesem Fall dem Serotonin) in Situationen haperte, die ich unbewusst als gefährlich überbewertet hatte, musste ich sie dadurch provozieren, dass ich mein Vermeidungsverhalten aufgab.
    Wenn ich heute die Wahl habe, in einer großen Stadt die U-Bahn oder ein Taxi zu nehmen, wähle ich die unterirdischen Transportwege. So auch, wenn ich an meinem Wohnort zwischen Bus oder Straßenbahn wählen kann: Ich nötige mich, mich wenn möglich zur Hauptverkehrszeit in die Tram zu zwängen. Und jedes Mal, wenn ich meine Praxis verlasse, beschließe ich, unseren schwankenden Aufzug zu nehmen, während mir die Treppe zuzwinkert. Ich gewöhne mein Gehirn nach und nach daran, diese überschätzten Pseudogefahren zu relativieren, und stimuliere wahrscheinlich mein Serotonin, denn manchmal entspanne ich mich sogar an diesen Orten, an denen ich so viel Angst erlebt habe.
    Beim Fliegen ist es anders, weil ich nicht die Gelegenheit habe, regelmäßig zu fliegen. Aber auch da zwinge ich mich, kein Medikament zu nehmen, und wenn ich beim Start sofort die unverhältnismäßige Angst spüre, die zur Panik und dann zur Panikattacke ausufern will, fange ich sofort an, langsam und mit Unterbrechungen zu atmen, um die Hyperventilation zu vermeiden.
    Mit meiner Klaustrophobie leben heißt also, damit umzugehen und sie zu akzeptieren, um sie besser beherrschen und besiegen zu können. Dieser Modus vivendi ermöglicht mir auch, die universelle Überzeugung zu hinterfragen, die bei den Menschen so tief verankert ist: »Das Leben darf mir keine Unlust bereiten … Frustrationen sind unerträglich.« Jedes Mal, wenn ich die Schwierigkeit spüre, meine Ängste zu besiegen, jedes Mal, wenn ich meine Angst »bearbeiten« muss, denke ich an Ellis und seinen Ausspruch: »Wo steht denn geschrieben, dass es dem Menschen immer gutgehen muss?«
    Können wir Philosophen werden?
    Das ist wahrscheinlich die schwierigste Hypothese beim kognitiven Ansatz von Ellis. Ich kann mich mithilfe von kognitiven und Verhaltensmethoden durch Dekonditionierung von den Symptomen befreien, an denen ich leide, vor allem indem ich unablässig an der Selbsterkenntnis arbeite: Wie sind meine Erwartungen, meine meist irrationalen Forderungen an mich, die anderen oder das Leben entstanden, und wie kann ich sie hinterfragen?
    Es gibt eine zweite unerlässliche Phase in jedem psychotherapeutischen Prozess: Es ist nicht nur notwendig, den (genetischen, soziokulturellen, familiären, affektiven, auf der Erziehung basierenden) Ursprung der gestörten emotionalen Reaktionen zu erkennen, sondern auch und vor allem die eigene Lebensphilosophie zu bewerten. Ist meine Art, in der Welt zu sein, rational und bringt sie mir Lebensfreude? Gründet sie auf den drei unumgänglichen Bejahungen des Realitätsprinzips: auf bedingungsloser Selbstakzeptanz, Akzeptanz anderer und der Realität?
    Sätze mit Aha-Effekt, die mir weiterhelfen
    â€“Ich bin ängstlich, alle angsterregenden Situationen werden Stress auslösen.
    â€“Ich

Weitere Kostenlose Bücher