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Die Geheimnisse der Therapeuten

Die Geheimnisse der Therapeuten

Titel: Die Geheimnisse der Therapeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christophe André
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Psychiater zu wenden, der mir ein Antidepressivum verschrieb, mir zu einer Psychotherapie riet und von einer neuen Methode erzählte: einer einwöchigen Einführung in die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie. Diese Erfahrung hat mir so viel genützt, dass ich hier davon berichten möchte.

    Die Depressionsspirale
    Trauer, Motivationsverlust, starke Müdigkeit, Appetitlosigkeit, drei Stunden Dämmerschlaf, der Eindruck, meiner Umgebung zur Last zu fallen, das Gefühl, in meinen eigenen Gedanken gefangen zu sein, intensiver emotionaler Schmerz – all das waren Symptome, die ich während meiner Depression Tag für Tag erlebte. Die Grübeleien, in die ich verfiel und die mein Denken vergifteten, waren mir besonders lästig. Diese Endlosschleife negativer Gedanken steigerte meine Traurigkeit noch mehr: »Wo ist die Aus-Taste? Ich arbeite zu viel, ich verbringe zu wenig Zeit mit meiner Familie, ich bin eine schlechte Mutter, eine schlechte Ehefrau, eine schlechte Freundin … Ich nehme mir zwar Zeit, jeden Tag meine Patienten anzuhören; ich bin geduldig und ihnen zugewandt, doch wenn meine Familie, meine Freunde oder meine Kinder wollen, dass ich ihnen freundlich zuhöre, habe ich nicht mehr die Energie, ihre Erwartungen zu erfüllen. Ich komme abends erschöpft nach Hause, habe keine Lust mehr zu reden und interpretiere alles falsch. Sie fallen mir nicht um den Hals, wenn ich nach Hause komme, ich bin ihnen egal, ich bedeute ihnen nichts. Ich bin erbärmlich! Schließlich bin ich nichts wert.« Dieser unaufhörliche innere Monolog nagte an mir. Ich bestand nur noch aus diesen unerträglichen Gedanken.
    Nicht mehr denken, nicht mehr leiden
    Ich versuchte mit allen mir bekannten Mitteln, diesen Zustand zu ändern, anfangs allein. Ich probierte vor allem ein Verfahren, das man im Fachjargon »kognitive Umstrukturierung« nennt.

    Die kognitive Umstrukturierung: Funktionsweise und Prinzip
    Die kognitive Umstrukturierung besteht darin, dass man seine negativen Gedanken einem Realitätstest unterwirft: Wie weit ist dieser Glaube, den ich habe, realistisch? Welches sind die konkreten Beweise für oder gegen ihn? Diese »rationale« Methode besteht darin, die negativen Überzeugungen zu relativieren und auf diese Weise die daraus entstehenden leidvollen Emotionen zu reduzieren.

    Ich schrieb also meine Glaubenssätze gewissenhaft in ein Notizbuch und fragte mich, wie weit sie auf einer Skala von 0 bis 100 realistisch seien. Das Resultat? Es lag bei 100 Prozent. Ich fand nur Beweise für und keinen gegen sie. Es war nichts zu machen, ich steckte im Strudel meines Pessimismus und meiner Traurigkeit fest. Die kognitive Umstrukturierung ist eine sehr wirksame Methode, wenn die Symptome der Depression noch leicht ausgeprägt sind, wenn man noch Abstand von ihnen nehmen kann oder schon wieder auf dem Wege der Besserung ist, die Heilung festigen und einem Rückfall vorbeugen will. Bei mir waren die Symptome schon zu stark, und ich hatte keine Energie mehr, um gegen sie zu argumentieren. Die Traurigkeit hatte mich fest im Griff, und ich sah alles durch ihre Brille.
    Ich begann eine medikamentöse Behandlung. Einen Monat später kehrte meine Energie wieder zurück, und ich konnte zwei therapeutische Verfahren mit seltsamen Namen beginnen: EMDR und MBCT!
    Der notwendige Zwischenschritt der Antidepressiva
    Wenn man sehr depressiv, konfus sowie von emotionalem Leid und Pessimismus zurückgeworfen oder überwältigt ist, ist eine psychologische Therapie oft eine Überforderung. Ein Antidepressivum kann dann die entscheidende Hilfe sein, um therapiefähig zu werden.

    Die Befreiung von schmerzhaften und unverarbeiteten Lebensereignissen durch EMDR
    Was ist EMDR?
    EMDR, die englische Abkürzung für Eye Movement Desensitization and Reprocessing (übersetzt etwa: »Desensibilisierung und Neuverarbeitung mithilfe von Augenbewegungen«), wurde von der amerikanischen Psychiaterin Francine Shapiro Ende der 1980er Jahre mit dem speziellen Ziel entwickelt, seelisches Leid nach traumatischen Ereignissen zu behandeln.
    Die meisten unserer Erinnerungen, seien sie positiv, neutral oder negativ, sind gewöhnlich im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Manchmal fällt uns spontan eine negative Erinnerung ein. Das ist unangenehm, aber reaktiviert keine negativen Emotionen, weil wir wissen, dass das Ereignis erledigt ist; es ist »verarbeitet«.

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