Die Geheimnisse der Therapeuten
benachteiligen und schlieÃlich in ihrer Karriere behindern. Zum Beispiel: »Sie können diese Art von Verantwortung nicht übernehmen, Sie sind zu emotional und nicht imstande, Ihren Stress auf einer solchen Stelle in den Griff zu bekommen.« Oder: »Sie nehmen sich die Dinge zu sehr zu Herzen, lernen Sie erst einmal Distanz.«
Einen Mann mit denselben Eigenschaften würde man für seine Autorität und die Führungsqualitäten beglückwünschen, die er unter Beweis stellt. Und das Schlimmste ist, dass die Frauen sich damit abfinden, der Rückmeldung, die man ihnen gibt, Glauben zu schenken. Pierre Bourdieu schrieb: »Die männliche Dominanz ist in unserem Unbewussten derart verankert, dass wir sie nicht mehr wahrnehmen; sie stimmt so mit unseren Erwartungen überein, dass es uns schwerfällt, sie infrage zu stellen.« 28 Das aktuelle System, das die Bösartigkeit toleriert, wird selbst bösartig, denn es übt Macht über die Opfer aus und führt dazu, dass sie sich für das verantwortlich halten, was ihnen widerfährt: »Vielleicht ist es meine Schuld?«
28 Pierre Bourdieu: Die männliche Herrschaft. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2005.
Der gröÃte Teil der Ungerechtigkeiten, die Ihnen am Arbeitsplatz widerfahren, ist leider nur der simplen Tatsache zuzuschreiben, dass Sie eine Frau sind. Brigitte Gresy spricht vom Betrug des dreifachen Nicht: »nicht verfügbar, nicht flexibel, nicht mobil« 29 , um die Anschuldigung zu entlarven, die Frauen in Unternehmen am häufigsten zu hören bekommen. Wenn man dem noch die Frauen unterstellte »emotionale Inkontinenz« und ihre angebliche »Schwierigkeit, mit ihrem Stress umzugehen«, hinzufügt, kann man sich fragen, wie Unternehmen überhaupt bestehen können mit den Verrückten, die wir sind! Doch aufgrund ihres mangelnden Selbstvertrauens knebeln die Frauen sich selbst, statt Anerkennung für ihre besonderen Fähigkeiten zu fordern. Tatsachen zeigen es, ebenso wie es Untersuchungen zu diesem Thema offenbaren: »Je mehr Frauen in verantwortlichen Positionen sind, desto besser floriert das Unternehmen«, bestätigt Michel Ferrary. 30 Doch wer zieht daraus die Konsequenzen?
29 Brigitte Grezy: Petit traité contre le sexisme ordinaire . Albin Michel, Paris 2009, S.128.
30 Eine von Michel Ferrary zwischen Januar und Oktober 2008 durchgeführte Untersuchung, erschienen in Le Monde 2009.
Merksätze, um den Mund aufzumachen, statt zu grübeln
Wenn Sie sich wie Muriel allmählich in ängstlichen, zwanghaften und erschöpfenden Grübeleien verlieren, ohne je zu wagen, den Mund aufzumachen, folgen hier einige Schlüsselsätze, die Ihnen helfen, sich schnell Ihrer Haut zu wehren.
â Da ich mich nicht damit abfinden darf zu leiden, muss ich mich anderen öffnen, um meinen Schmerz herauszulassen und Lösungen zu finden.
â Als Erstes â wenn ich dazu noch den Mut habe â teile ich dem Mobber oder der Mobberin mit, dass ich seine oder ihre Angriffe nicht hinnehmen werde. Wenn sich nichts ändert, teile ich es erst den Vorgesetzten mit, dann dem Personalchef, anschlieÃend der Personalvertretung, ohne den Arbeitsmediziner zu vergessen.
â Ich kann mir auch bei einem Arzt, Psychologen oder selbst bei Angehörigen Hilfe holen. Wenn ich das Schneckenhaus verlasse, in das ich mich verkrochen habe, werde ich von meiner Umgebung und meinem Arzt Unterstützung bekommen. Ihre Reaktionen bringen mich wieder in die Realität zurück. Bis dahin habe ich in einer Art Wahn gelebt.
â Ich habe geglaubt, dass ich etwas falsch gemacht habe, und die Figur meines Henkers hat mich innerlich total (oder fast total) verfolgt. Ich habe Zeit gebraucht, um die Anomalie meines Zustandes zu erkennen. Das ist, was mein Arzt Anosognosie (das Nichterkennenkönnen einer Körperstörung) nennt. Dadurch dass ich mein Leiden äuÃere, bekomme ich Unterstützung von Fachleuten und weiÃ, woran ich bin. Ich fühle mich stärker und kann nun darüber entscheiden, welchen Verlauf diese Geschichte nehmen soll.
â Das Problem kommt nicht von mir. Ich weià jetzt, dass er oder sie in mir heimtückisch Zweifel an meinen Fähigkeiten gesät hat, und es war dieser Zweifel, der mich in einer Position der Passivität und Schwäche festgehalten hat. Wenn ich die Dinge mit kühlem Kopf analysiere, stelle ich fest, dass ich nicht
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