Die Geheimnisse der Therapeuten
weniger wert bin als andere und dass ich mindestens genauso kompetent bin.
â Ich bekomme wieder Vertrauen zu meinen Fähigkeiten, das ist wesentlich für alles Kommende. Ich habe die ganze Sache tatsächlich zu lange schleifen lassen. Inzwischen weià ich, dass die Prognose umso besser ist, je eher das psychische Leiden behandelt wird.
â Achtung, man darf den Kampf niemals frontal aufnehmen. Es werden immer Sie sein, die Federn lassen oder Kopf und Kragen verlieren, liebe Leserinnen! Bösartige Menschen sind stets die Stärkeren, wenn es um Angriffe oder Folterstrategien geht, denn nur davon leben sie. Gleichgültigkeit hingegen verletzt sie, emotionale Neutralität macht ihnen Angst, aber sie schützt Sie.
Haben es Psychiaterinnen leichter?
Wie Sie, liebe Leserinnen, habe auch ich jongliert. Ich habe immer die ersten drei Monate abgewartet, bevor ich die Katastrophe verkündet habe, die meine Schwangerschaften waren. Nach der Geburt habe ich meine Arbeitszeiten vorverlegt und in der Mittagspause ein Sandwich vor dem Computer gegessen. Ich musste wie Sie die Bemerkungen von Kollegen einstecken, die mich um 17.30 Uhr gehen sahen: »Ach, hast du deinen freien Nachmittag?« Wie Sie habe ich die Zurechtweisungen des Chefs geschluckt, wenn ich nicht bei Konferenzen zur Verfügung stand, die abends abgehalten wurden.
Ja, die Mutterschaft bringt das Leben der Frauen durcheinander, und ich will Ihnen erzählen, wie es mir ergangen ist. Am Arbeitsplatz war die eine Hälfte von mir woanders, während die andere präsent und effizient blieb. Aber es gab eine »dritte Hälfte«, diejenige, die dauernd versuchte, alles perfekt zu machen, und das an allen Fronten! Diese Hälfte â die der hohen Anforderungen an mich selbst und der Leistung um jeden Preis â drängte mich dazu, meine beruflichen Ambitionen realisieren zu wollen, als meine Kinder selbständiger wurden. Das ist mir schlecht bekommen! Wie Sie habe ich mehrere berufliche Disqualifizierungen hinnehmen müssen, die mich fertigmachten. Trotz guter Leistungen musste ich mir einen Schwall von Sätzen anhören in der Art von: »Du bist schwierig im Umgang« oder »Du nimmst dir die Sachen zu sehr zu Herzen«. Man warf mir sogar eine angeblich »mangelnde Einsatzbereitschaft« vor und so weiter und so fort â¦
Als ich meinen Kollegen davon erzählte, waren sie über meine Reaktionen erstaunt: »Du bist doch Therapeutin, du kannst die Dinge analysieren und besser damit umgehen als andere Menschen, oder nicht?« Nein! Das Leiden ist nicht das Vorrecht von »Laien«, und auch Psychologen bleibt es nicht erspart, die Perfidie des Lebens zu erdulden. Sicher erlaubt uns unser Beruf vielleicht mehr als anderen Menschen, ein Beziehungsproblem oder eine pathologische Persönlichkeit zu erkennen. Gewiss, unsere Fähigkeit zur Introspektion macht es uns vielleicht einfacher, Situationen neu zu bewerten, uns infrage zu stellen oder auch um Hilfe zu bitten. Psychologe sein kann dazu dienen, anderen zu raten und bestimmte Tricks zu erkennen. Worin bestehen nun die Geheimnisse der Therapeuten? Sie sind im Allgemeinen nichts weiter als gesunder Menschenverstand.
Ratschläge für Sie und nur für Sie, liebe Leserin
â Akzeptieren Sie nicht zu leiden.
â Ãberwinden Sie Ihre Selbstzensur und äuÃern Sie regelmäÃig, was Sie stört. Brüten Sie nicht allein in Ihrem Stübchen über Ihrem Kummer.
â Befreien Sie sich von Schuldgefühlen, die eine Ãngstlichkeit in Hinblick auf einen Fehler ausdrücken, den Sie nicht begangen haben.
â Wiederholen Sie sich regelmäÃig: »Ich bin mindestens genauso kompetent wie die anderen, und ich bin zu Recht an meinem Platz.«
â Lassen Sie sich nicht von oben herab behandeln, als wären Sie ein dummes Ding oder ein Kind, Sie sind eine Frau mit Verantwortung.
â Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Sie sind nicht durch Zufall oder Betrug auf Ihre Stelle gekommen, sondern dank Ihrer Fähigkeiten.
â Sie sind eine Frau; stehen Sie dazu, verwandeln Sie sich nicht in einen Mann.
â Setzen Sie sich das Ziel, zu Beginn einmal pro Konferenz und Woche das Wort zu ergreifen, dann erhöhen Sie die Anzahl Ihrer Beiträge.
â Fordern Sie nicht zu viel von sich. Sie sind keine »Ãberfrau«, finden Sie Ihr eigenes Tempo.
â Müde? Gönnen Sie sich
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