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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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Kontinuaskop genannt. Tyler selbst jedoch war ohne ein solches Hilfsmittel sicher und unbeschadet durch die Verwerfungsspalte hin und wieder zurück gelangt. War das ein einmaliger Zufall gewesen, oder war Tyler eine Art Mutantenfreak, wie aus einem Comicheft? Die Frage war ihm seit dem vorigen Sommer oft durch den Kopf gegangen, und auf einmal sprang ihn ein Satz in einem von Octavios langen, drögen und schwer zu entziffernden Ergüssen wie ein Schachtelteufel an:
     
    Ich komme langsam zu der Überzeugung, dass einige Leute wie ich ein natürliches Gespür für die Verwerfungsspalte haben, die angeborene Fähigkeit, ihre extrem komprimierten Schichten auseinanderzuhalten und sich vielleicht sogar von einer zur anderen zu BEWEGEN
.
     
    Komprimiert.
Tyler ging Lucindas Schulwörterbuch suchen, um das Wort nachzuschlagen; es hieß »zusammengepresst, verdichtet«. Es war nur ein Satz, aber in seinem Kopf wirkte er wie Dynamit. Octavio meinte also, manche Leute könnten sich |75| auch ohne ein Instrument wie das Kontinuaskop in der Verwerfungsspalte zurechtfinden! Tyler war wie vor den Kopf geschlagen. Octavio Tinker meinte, manche Leute könnten ein angeborenes Gespür für die Verwerfungsspalte haben, Leute wie Octavio selbst.
    Und vielleicht auch wie Tyler Jenkins!
    Octavio hatte das Land hier vor langer Zeit gekauft, und er hatte sein verrücktes Haus unter anderem deswegen gebaut, um von der Verwerfungsspalte abzulenken, die er hier gefunden hatte. Vielleicht hatte Octavio diesen Ort ja überhaupt nur gefunden, weil er dieses »natürliche Gespür« besaß. Und Tyler war Octavios Nachkomme – ein Blutsverwandter mütterlicherseits. Er hatte bewiesen, dass er auf sich allein gestellt in der Verwerfungsspalte reisen konnte. Und jetzt dachte Onkel Gideon daran, ihn und seine Schwester zu Erben der Farm zu machen. Es passte alles zusammen, als ob es so geplant gewesen wäre!
    Tyler hielt es nicht länger allein in seinem Zimmer aus. Er zog sich die Schuhe an und raste die Treppe hinunter, total wild darauf, Lucinda zu finden und ihr diese Neuigkeit mitzuteilen.

    Er sah an allen in Frage kommenden Plätzen im Haus nach, doch er konnte seine Schwester nicht finden. Er hatte den Verdacht, dass sie die Drachen auf der anderen Seite der Farm besuchte, aber sicherheitshalber wollte er noch einen kurzen Blick in den Garten hinterm Haus werfen – manchmal ging sie dort gern spazieren.
    Oola, das Mädchen, das er aus der Eiszeit mitgebracht hatte, kniete im Gemüsebeet, als würde sie Unkraut ausreißen.
    |76| »He, Oola«, rief er. »Hast du meine Schwester gesehen? Ich suche sie überall.«
    Sie dachte gründlich nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich sehe sie nicht.« Sie lächelte. »Komm du und helf mir, Tyler? Sammele ich Schnäken.«
    »Schnäken?« Er ging näher heran und spähte über den Zaun. Oola kniete vor einem Beet mit leuchtenden Sonnenblumen. Hinter ihr stand das alte verlassene Treibhaus einsam am hinteren Ende der Pflanzenreihen und hob sich grau von den strahlenden Blumen ab. Es hatte etwas von einem voll verglasten Grabmal.
    »Seh du?« Das Höhlenmädchen hielt Tyler eine Aluform voll ekliger, glänzender kleiner Haufen hin. »Finde ich viele Schnäken!«
    »Ach so, du meinst Schnecken.«
    »Schnäcken, ja. Sie gehen hier von überall, diese Schnäcken«, sagte sie. »Viele und viele folgen. Wie die Hirschen, die in meinem Land laufen alle zusammen.«
    »Schneckenherden. Verstehe.« Tyler wusste nicht so recht, warum sie so aufgeregt war. Es gab eine Menge Schnecken im Garten, na und? Trieben Schnecken sich nicht immer in Gärten herum? Tyler mochte Oola gern, aber sie machte ihn auch ein bisschen nervös: Er hielt es für möglich, dass sie irgendwie in ihn verschossen war, weil er sie vor einem Bären gerettet hatte. Außerdem wollte er um keinen Preis den Tag damit verbringen, in der heißen Sonne zu hocken und schleimige Schnecken aufzusammeln. »Tut mir leid, Oola, aber ich kann dir grade nicht helfen. Ich muss Lucinda finden.«
    Sie blickte enttäuscht, aber lächelte gleich wieder. »Ist gut, aber Gid-i-on sagen: viele sehre Schnäcken!«
    Als er zurückblickte, winkte sie ihm. »Warte, Tyler! Etwas ist erinnern.«
    |77| »Ich weiß, sehre viele Schnecken.«
    »Nein!« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Erinnern
mich!
Wie ich liege hier und gucke Schnäcken, jemand höre gehen. Vielleicht deine Schwester. Gehen da lang.« Sie deutete auf den Weg, wo dieser vom Gemüsegarten abbog und

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