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Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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Via Mesi, der großen Durchgangsstraße von Konstantinopel. Die Mauern aber sind so dick, dass kein Lärm von draußen hereindringt. Ich kann die Sklaven hören, die in den Räumen hinter mir Öl in die Lampen füllen und mit Geschirr hantieren. Es ist spät am Tag. Die Sonne fällt schräg in den Säulengang und taucht die Wandgemälde und die Skulpturen in Gold. Ich lasse meinen Blick darüber hinwegschweifen – und halte plötzlich inne.
    «Wer ist das?»
    Ich gehe auf die Büste zu, auf der mein Blick haften geblieben ist. Symmachus’ Stimme holt mich ein.
    «Hierocles.»
    Klingt er überrascht? Oder hat er damit gerechnet, dass mir dieser Kopf ins Auge fällt?
    «Kennst du Texte von ihm?», fragt er. «Wenn nicht, empfehle ich sie dir. Er war kein Freund neuer Religionen. Das bist du auch nicht, wie man hört.»
    Ich murmele einen von Konstantins Gemeinplätzen vor mich hin: «Jedermann sollte die Freiheit haben, seinen Glauben zu praktizieren, wie es ihm beliebt.»
    «Vielleicht hast du dich deshalb mit dem Kaiser zerstritten», stichelt er. Aber ich lasse mich nicht provozieren. Er wird wissen, dass es nicht so ist, trotzdem fährt er fort: «Es heißt, du lässt dich im Palast nicht mehr so häufig blicken wie früher.»
    Wir schauen uns für eine Weile schweigend an.
    «Hat dich Konstantin zu seinem statuarius gemacht? Zum Büttel, der gute Männer in den Schmutz zieht?» Symmachus spricht in ruhigem Ton, doch sein zerfurchtes Gesicht ist entflammt. «Falsche Anschuldigungen stehen unter Strafe, Gaius Valerius. Auch mit dem Kaiser im Rücken würdest du ihr nicht entgehen.»
    «Deine Einstellung den Christen gegenüber ist hinlänglich bekannt.» Auf der anderen Seite des Gartens sehe ich neben der Tür das kleine lararium , den Schrein seiner Hausgötter. Soweit ich weiß, sind solche Einrichtungen aus der Mode gekommen. Viele Familien haben sie deshalb ins Haus geholt, wo man sie nicht mehr sieht oder über sie hinwegsehen kann.
    «Jedermann sollte die Freiheit haben, seinen Glauben zu praktizieren, wie es ihm beliebt.» Er spuckt mir das Zitat vor die Füße. Ich mustere ihn aufmerksam. Seine Wut ist echt und nicht aufgesetzt – in meinem Alter weiß ich das zu unterscheiden. Aber warum bezähmt er sie nicht?
    «Ja, diese Freiheit sollte jeder haben, vorausgesetzt, sie dient dem öffentlichen Wohl.»
    Er schlägt mit dem Stock auf den Boden. «Wenn du mir den Mord unterstellst, so sage es. Sprich es aus oder verlasse mein Haus.»
    In diesem Moment öffnet sich die Tür neben dem lararium, und ein neuer Protagonist betritt die Szene unseres kleinen Dramas. Er muss älter sein als ich, bewegt sich aber so frei und unbeschwert wie ein junger Mann. Er hat dunkle Haare und ein immer noch hübsches Gesicht; sein Lächeln wirkt gelöst. Er schlürft eine Feige aus und wirft die Haut im Vorbeigehen in den Fischteich. Zum ersten Mal sehe ich, wie sich der Karpfen bewegt.
    Symmachus zwingt sich, seine Verärgerung hinunterzuschlucken.
    «Gaius Valerius», stellt er mich vor. «Und das ist mein Freund Publilius Optatianus Porfyrius.»
    Die Erwähnung seines Namens überrascht mich. Ich höre ihn heute nicht zum ersten Mal. Er steht auf meiner Liste.
    «Warst du heute in der Ägyptischen Bibliothek?»
    Obwohl ich die Frage möglichst höflich gestellt habe, scheint er meinen Argwohn herausgehört zu haben. Er schaut mich verblüfft an. «Ist das verboten?»
    «Es kam dort ein Mann ums Leben», erklärt Symmachus. Seinen Worten lässt er einen Blick folgen, den man als Warnung deuten könnte. Porfyrius aber scheint davon unbeeindruckt und lacht, als habe der alte Mann einen Witz gemacht.
    Weil aber weder Symmachus noch ich mitlachen, fasst er sich wieder und schaut uns abwechselnd an.
    «Ich war doch selbst zugegen», erklärt er überflüssigerweise. «Habe aber nichts gehört.»
    «Was wolltest du dort?»
    «Mich mit Alexander von Cyrene treffen.»
    Ich lasse ihm Zeit, meine Miene zu studieren, und warte darauf, dass ihm ein Licht aufgeht. Es dauert nicht lange.
    «Nein.» Porfyrius blickt verwirrt drein. Er weicht zurück, als habe er selbst einen Schlag verspürt, und wirft die Hände in die Luft. Seine Bewegungen sind übertrieben wie die eines Schauspielers auf der Bühne. Trotzdem wirken sie wie bei einem Schauspieler durchaus natürlich.
    «Er wurde erschlagen», fügt Symmachus hinzu.
    Porfyrius setzt sich auf den Rand des Fischbeckens und vergräbt das Gesicht in den Händen. «Er lebte noch und war guter

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