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Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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nie wieder herauskommen würden, wenn sie erst einmal über die Schwelle getreten waren.
    Sie waren noch kaum drei Schritte auf die Tür zugegangen, als diese aufflog und eine hochgewachsene, in einen Umhang gehüllte Gestalt erschien, die sie mit einer dreifingrigen Hand heranwinkte.
    Es war Kellen.

Kapitel 25
    E he jemand Gelegenheit hatte, sich zu bewegen, schlug ein versprengter Gesteinsbrocken zwischen Levi und seinen Begleitern und der Tür in den Boden ein. Pflastersteine flogen durch die Luft wie Spielkarten, und ein gewaltiges Loch tat sich auf. Kellen stieß einen Wutschrei aus.
    »He!«, rief der Goblin mit der Narbe den Männern am Geschütz zu. »Passt auf, wo ihr hinschießt!«
    Levi spähte durch den schartigen Rand des Lochs nach unten. Rauch stieg auf und raubte ihm kurz die Sicht. Als der Qualm verflog, war Kellen wieder zu sehen. Die Raben kreisten über ihnen und ließen sich schließlich auf einer nahegelegenen Zinne nieder.
    »Du musst darüberspringen, Levi«, sagte Kellen. »Erst du, dann die Gefangenen.«
    Levi zögerte und brüllte dann den drei Goblins Befehle zu.
    »Hannah«, raunte Avi. »Kannst du sie ablenken?«
    »Womit?«
    Er wies mit dem Kopf auf die Raben, die wie eine Reihe aus Kohle geschnitzter Wasserspeier dahockten. Es waren mindestens zwanzig.
    Hannahs Augen weiteten sich. »Ich versuche es«, flüsterte sie.
    Sie tat, als sei sie gestolpert, blieb auf dem Steinboden liegen und hielt sich das Bein.
    »Aufstehen!«, befahl Levi mit einem ängstlichen Blick auf seinen Vater.
    »Sie muss sich ausruhen«, meinte Avi. »Gib ihr nur eine Minute.«
    Hannah hatte beide Fäuste seitlich an den Kopf gehoben, ihr Gesicht war verzerrt. »Kommt her …«, murmelte sie. »Kommt her …«
    »Wir haben keine Minute!«, rief Levi und sprang von einem Fuß auf den anderen. »Warum gehorcht sie mir nicht?«
    Avi beugte sich über sie, vorgeblich, um ihren Knöchel zu massieren. In Wirklichkeit aber wollte er Levi die Sicht auf ihre Augen versperren, die zurückgerollt waren, so dass man nur noch das Weiße erkennen konnte.
    »Levi«, drohte Kellen. »Ich verliere allmählich die Geduld.«
    Händeringend kam Levi zu Hannah herüber. Avi blickte ihn an. Er sah aus wie ein verängstigter kleiner Junge. Unter seiner Tunika zeichnete sich etwas ab, das Avi bis jetzt für einen Körperpanzer oder ein Kettenhemd gehalten hatte, doch als Levi sich vorbeugte, platzte eine der Nähte auf, und Avi erkannte die vergoldete Kante eines in rotes Leder gebundenen Buchs.
    Er widerstand der Versuchung, das Buch sofort an sich zu reißen, und sagte stattdessen das Erste, was ihm einfiel.
    »Warum hasst dein Vater dich so?«
    Levi fuhr zurück, als hätte man ihn geschlagen. »Mein Vater liebt mich«, protestierte er. »Was mehr ist, als du von deinem behaupten kannst …« Er brach ab und musterte Hannah. »Was macht sie da?« Sein Tonfall klang panisch.
    »Warum drehst du dich nicht um?«, schlug Avi vor. »Dann merkst du es selbst.«
    Als Levi sich umwandte, stürzten sich die Raben wie eine gefiederte Woge auf ihn. Im grellen Sonnenlicht schimmerten ihre schwarzen Federn ölig blau. Mit einem Aufschrei hob er die Hände, um sie abzuwehren, und Avi zog das Buch unter seiner Tunika weg.
    Allerdings war Levi genauso schnell. Trotz des Rabenangriffs gelang es ihm, das Buch festzuhalten. »Gib es zurück!«, schrie er. Avi zog an einem Einbanddeckel, während Levis Faust sich um die übrigen Seiten geschlossen hatte. Ein lauter Ratsch ertönte, als Avi nach hinten stürzte. Im ersten Moment dachte er, dass alles in Ordnung sei, denn das Buch befand sich in seiner Hand, dann jedoch schienen unzählige weiße Vögel in der Luft zu schweben, und er verstand. Entsetzt beobachtete er, wie die herausgerissenen Seiten in einer Rauchwolke davonschwebten. Seine Erinnerungen waren für immer fort. Sein Blick fiel auf Hannahs Gesicht. In der Anstrengung, die es bedeutete, die Raben zu lenken, hatte sie die Zähne gefletscht. Levi rannte los und schlug dabei weiter nach den Raben. Er machte einen Satz über das Loch im Boden und landete in den Armen seines Vaters. Kellens Gesicht war vor Wut verzerrt.
    Meine Erinnerungen … alles dahin.
    »Hilf mir!«, schrie Levi. »Bitte hilf mir!«
    »Scheuch diese Biester weg, du Dummkopf!«, brüllte Kellen.
    In einem unbeholfenen Tanz drehten sie sich um die eigene Achse. Levi klammerte sich an seinen Vater, während Kellen, der das Gleichgewicht verloren hatte, versuchte, seinen

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