Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
haben. Wer ist er?«
»Aten ist der Herrscher über Danu Talis«, erklärte John Dee lapidar. »Er gehört dem Älteren Geschlecht an, ist aber den Humani wohlgesonnen. Den Menschen«, korrigierte er sich. »Jetzt ist er ein Gefangener und wartet auf seine Exekution.«
»Willst du mir nicht sagen, was los ist, Doktor?«
»Wenn ich das nur selbst wüsste.« Dee versuchte ein Lächeln. »Ich weiß nur, dass ich Jahrhunderte damit zugebracht habe, Pläne und Ränke zu schmieden. Ich hielt mich für besonders schlau und entwickelte Pläne, die sich erst nach Jahren oder sogar Jahrzehnten erfüllen sollten. Ich hatte doch keine Ahnung, dass ich Teil von etwas viel Größerem war, etwas, das sich Kreaturen ausgedacht haben, die nie menschlich waren und deren Pläne sich über Jahrtausende erstreckten. Heute habe ich erfahren, dass alles, was ich getan habe, entweder bereits so festgelegt war oder gebilligt wurde. Man hat mir nur erlaubt, das zu tun, was in die Pläne passte«, schloss er wütend.
»Ein Jammer«, murmelte Virginia. »Mitleid habe ich trotzdem nicht mit dir.«
»Oh, aber du bist davon nicht ausgenommen. Wie kämst du dir vor, wenn ich dir sagen würde, dass auch du Teil dieses allumfassenden Plans bist? Er umfasst Jahrtausende.«
Virginia betrachtete den gebeugten Unsterblichen ganz genau. Seine Augen leuchteten im Dämmerlicht. Es war ihr vorher noch nie aufgefallen, aber sie hatten dieselbe Farbe wie ihre. Sie runzelte die Stirn, als ihr etwas einfiel. Dieselbe Farbe wie die von Machiavelli. »Teil eines Plans?«
»Vor einer Weile habe ich mit einem Älteren gesprochen, der sich langsam in eine goldene Statue verwandelt.« Dee griff unter seine Robe und zog ein schmales, rechteckiges Päckchen hervor, das in ein Palmblatt eingeschlagen war. »Er bat mich, dir das zu geben.«
Virginia drehte das Päckchen hin und her. »Was ist es?«
»Er sagte, es sei eine Botschaft.«
»Für mich?«
Dee nickte. »Für dich.«
»Ausgeschlossen. Woher wusste er denn, dass ich hier sein würde?«
»Und woher wusste er, dass ich hier sein würde?«, stellte Dee die Gegenfrage. »Weil er es so geplant hat. Er und Marethyu haben alles geplant.«
»Was geplant?«
»Nichts Geringeres als die Zerstörung der Welt, Virginia.«
KAPITEL DREIUNDDREISSIG
I ch hasse Trolle«, stöhnte Perenelle Flamel.
Das Wesen, das den schmalen, mit Steinplatten belegten Pfad herunterklickte und -klackte, sah aus wie ein primitiver Mensch. Es war klein und gedrungen, hatte ein flaches, grobschlächtiges Gesicht und der gesamte Körper war mit fettigem rotem Haar bedeckt, das sich kaum von den Tierfellen unterschied, in die es sich gehüllt hatte. Es trug eine aus dem Schienbeinknochen eines Tieres geschnitzte Waffe. Dieses Tier war schon ausgestorben, als die Dinosaurier die Erde bevölkerten. Die Augen des kleinen Wesens hatten die Farbe von schmutzigem Schnee und wenn es lächelte, zeigte es abstoßend spitze Zähne.
»Hat das Ding sich gerade die Lippen geleckt?«, fragte die Zauberin angeekelt.
»Abendessen.« Die Stimme des Trolls war erstaunlich klar und rein. Er sprach lediglich mit der Spur eines Akzents.
»So einer kommt selten allein …«, begann Flamel.
Erneut war das Klicken von Krallen zu hören und zwei weitere Trolle tauchten aus dem wabernden Nebel auf. Eine der Kreaturen war unverkennbar weiblich. Sie hatte ihre wilde rote Mähne zu zwei Zöpfen geflochten. Selbst über dem Geruch des Meeres und dem fleischigen Beigeschmack des Nebels war der Gestank, den die Kreaturen verströmten, kaum auszuhalten.
»Keine Trolle.« Das Weibchen verzog angeekelt das Gesicht. »Trolle sind dreckige Bestien. Wir sind Fir Dearg«, verkündete sie stolz.
»Na ja, technisch gesehen sind nur wir Fir Dearg«, korrigierte ihr Kamerad. »Wir sind männlich. Du bist eine Mna Dearg. Weiblich.«
Seufzend lehnte sich die Zauberin auf den steinernen Dreizack und verwandelte die drei Kreaturen mit einer einzigen Geste in Stein. »Gewöhnliche Trolle wollen dich wenigstens nur fressen und quatschen dich nicht zu Tode.«
»Hätte schlimmer sein können.« Flamel trat zu den versteinerten Kreaturen und stupste eine – die weibliche – im Vorbeigehen an. Gelbe Augen starrten ihn aus dem Steingesicht heraus finster an. »Es hätten auch Kobolde sein können.«
Perenelle schauderte. »Du weißt, dass ich Kobolde mehr als fast alles andere hasse.«
Vorsichtig folgten der Alchemyst und die Zauberin dem schmalen Pfad um die Insel herum zu
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