Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
einer Anlegestelle. Sie konnten die Nereiden zwar nicht sehen, doch am Plätschern der Wellen hörten sie, dass sie ihnen im Wasser folgten.
»Dee ist kein Dummkopf.« Flamel blieb an der Mole, wo früher die Touristenboote angelegt hatten, stehen und blickte über den leeren Pier. »Er hat alle diese Kreaturen auf die Insel gebracht …«
Ein Junge mit Rattengesicht tauchte aus der Dunkelheit auf und rannte auf den Alchemysten zu, die Finger wie Klauen gekrümmt. Perenelle wirbelte herum und trat ihm, als er vorbeilief, auf den Schwanz. Er kam quiekend zum Stehen, drehte sich um und wollte die Zauberin angreifen. Die wandte noch einmal denselben Zauber von vorhin an und verwandelte ihn in Stein.
Ohne sich umzudrehen, fuhr Flamel fort: »Er muss einen Plan gehabt haben, wie er die Kreaturen an Land bringt.«
»Man kommt nur mit dem Schiff von oder zu der Insel«, erwiderte Perenelle. »Vielleicht wurde der Plan geändert oder die Ereignisse überschlugen sich so rasant, dass er sich nicht an die zeitliche Abfolge halten konnte. Vergiss nicht, ursprünglich sollten die Dunklen Älteren erst an Litha, also zur Sommersonnwende, ins Schattenreich Erde zurückkommen. Bis dahin sind es immer noch zwei Wochen.«
»Dee hätte in jedem Fall Alternativpläne gehabt. Es muss Monate gedauert haben, bis er die Kreaturen alle hier hatte. Bleibt die Frage, wie er das geschafft hat? Es gibt keine Krafttore auf der Insel.«
Perenelle nickte. »Und keiner von uns hat einen übermäßigen Kräfteeinsatz gespürt. Er muss Boote eingesetzt haben.«
»Und nur so kann man, wie du gesagt hast, die Insel auch wieder verlassen.« Flamel überlegte einen Augenblick. »Er hat den Lotan an Land geschickt, damit er durch die Straßen tobt und alle Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Jede Wette, dass derweil eine Bootsladung dieser Kreaturen von Alcatraz hinüberschippern und nach der Landung mitmischen sollte.«
»Und jetzt, da Dee aus dem Rennen ist, hat die Gefiederte Schlange das Sagen?«
»Oder Bastet«, vermutete Flamel. »Wie wir wissen, hat Dee mit beiden zusammengearbeitet.«
»Ich könnte mir eher vorstellen, dass Dee mit Quetzalcoatl gearbeitet hat. Die Gefiederte Schlange lebt hier – zumindest in der Nähe. Und vergiss nicht – als ich auf der Insel gefangen war, wurde Areop-Enap von Fliegen angegriffen. Die kann nur Quetzalcoatl geschickt haben.«
»Dann schickt Quetzalcoatl auch ein Boot«, vermutete Flamel. »Aber wir haben in der Bucht keines gesehen. Es ist keines an uns vorbeigefahren.«
»Es gibt noch eine Möglichkeit«, warf Perenelle ein.
Ihr Mann blickte sie an und nickte dann langsam. »Er ist schon da«, flüsterte er.
»Aber wo könnte er sein?« Perenelle war plötzlich sehr nervös. »Es gibt nicht viele Plätze, an denen man auf Alcatraz landen kann.«
Nicholas nahm seine Frau an der Hand und zog sie hinüber zu der Buchhandlung, vor der eine Tafel mit einer Karte der Insel war. Die beschichtete Oberfläche war voller Wassertröpfchen und er wischte mit der Hand darüber. Auf der vereinfachten Karte waren sämtliche Gebäude der Insel in Grau dargestellt und mit roten Ziffern durchnummeriert. Über der Grafik wurde abwechselnd in roten und schwarzen Streifen erklärt, wofür die Ziffern standen.
»Wir sind hier am Pier.« Er tippte auf einen Punkt rechts unten auf der Karte. Neben einem roten Kreis mit der Information » SIE BEFINDEN SICH HIER « stand eine Zwei.
Perenelle fuhr mit dem Finger am Ufer entlang nach oben, vorbei am Wachturm, dem Wärterhaus und der Elektrowerkstatt. »Was ist Nummer sechs?«, fragte sie. »Das Gebäude sieht ziemlich groß aus.«
Flamel schaute nach. »Die Sechs liegt an der North Road. Dort haben die Gefangenen gearbeitet.«
»Schau dir das Versorgungslager an«, sagte sie. »Es ist groß und dicht am Wasser, neben dem Maschinenhaus. Man könnte ein Boot direkt bis zur Insel bringen, ohne dass bei diesem Nebel jemand etwas merken würde.«
»Wie weit ist es bis da hin?«
»Nicholas, wir sind auf Alcatraz. Es sind nur zehn Minuten.«
»Bei diesem Nebel?« fragte er zweifelnd.
»Du hast recht.« Sie verdrehte die Augen. »Mag sein, dass wir fünfzehn Minuten brauchen.«
KAPITEL VIERUNDDREISSIG
D urch den dichten Nebel auf der Golden Gate Brücke drang das Scheppern von Metall. Niten setzte sich mitten auf die Brücke. Er konnte die Vibrationen im Boden spüren und musste plötzlich lächeln, als er sich vorstellte, wie Prometheus Autos von einer Seite der Brücke auf
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