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Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)

Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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auf, dass die obersten Stufen dunkle Flecken aufwiesen. Angewidert verzog sie das Gesicht.
    Plötzlich spürte die Unsterbliche, wie ihre Haut sich kräuselte. Derselbe Instinkt, der sie über Jahrhunderte vor Gefahren bewahrt und am Leben erhalten hatte, warnte sie, dass gleich etwas passieren würde. Sie legte die Hand auf ihren weißen Kaftan. Die Flöte war in ihrem Beutel sicher verwahrt und lag warm auf ihrer Haut. Ein Funke stieg vom Holz auf und drang durch den Stoff an ihren Finger.
    Virginia ging zur Mitte des Platzes, weg von den Mauern und Statuen. Als das Erdbeben die Stadt erschütterte, kauerte sie am Boden, beide Hände flach auf die Pflastersteine gepresst.
    Der Boden vibrierte heftig genug, dass Staubfahnen aufgewirbelt wurden. Die Menge um sie herum stöhnte auf, ein einzelner Atemzug, ein Laut puren Entsetzens. Die Reaktion wunderte sie. So stark war das Beben gar nicht gewesen – eine Vier auf der Richterskala vielleicht –, und außer dass ein paar sorgfältig aufgeschichtete Obstpyramiden an den Ständen eingefallen waren, war kein Schaden entstanden. Als sie sich umschaute, fiel ihr auf, dass alle sich dem riesigen Vulkan zugewandt hatten, der die Insel dominierte. Schmale, grauweiße Wolkenfahnen schossen in den Himmel und kurz darauf eine schwarze Rauchsäule.
    Es folgte ein zweites Beben und aus dem Vulkan brodelte grauschwarzer Rauch. Die dunkle Wolke verdichtete sich zu einer Scheibe, die sich über die Krateröffnung legte und dann rasch auflöste.
    In der nachfolgenden Stille hörte Virginia ein hohes, fast hysterisches Lachen. Danach setzten mit einem Schlag sämtliche Geräusche der Stadt wieder ein. Die Leute eilten zum Gefängnistor und jemand stimmte einen leisen Singsang an: »Aten … Aten … Aten …«
    Neugierig ging Virginia am Rand der stetig wachsenden Menge entlang auf eine Seite. Das hier schien das gemeine Volk von Danu Talis zu sein – kleine, dunkelhäutige Menschen mit dunklem Haar. Reich war dem Anschein nach keiner. Viele gingen barfuß, niemand trug Schmuck und auch die Kleider waren schmucklos. Die meisten trugen die üblichen weißen Kaftans und Roben, nur einige der Standinhaber hatten Lederschürzen umgebunden. Fast alle trugen einen kegelförmigen Strohhut zum Schutz gegen die stechende Sonne. Virginia ließ den Blick über die Menge schweifen und stellte fest, dass sich keine Mensch-Tier-Hybriden darunter befanden. Von den Wachen wiederum war keiner menschlich. Bei den meisten handelte es sich um schakalköpfige Anpu. Einige trugen auch Hörner und ihr Kopf glich dem eines Bullen oder Ebers.
    Ein Flügel des schweren Gefängnistores schwang auf und ein Dutzend großer Anpu in voller schwarzer Rüstung stürmte heraus. Mit schmalen Bambusstangen schlugen und schnitten sie sich den Weg durch die schreiende Menge frei.
    Ein Junge in einer schmutzigen weißen Tunika – Virginia schätzte ihn nicht älter als dreizehn – warf eine Handvoll fauler Früchte. Sie segelten durch die Luft und explodierten auf der Brustplatte eines Anpu. Die Menge brach in Jubel aus. Sofort drängte sich ein Trupp Wachen durch das Menschenknäuel und ergriff den Jungen. Er schrie und trat um sich, als sie ihn hochhoben und zum Gefängnis schleiften. Eine weinende Frau lief ihnen nach. Offenbar flehte sie die Wachen an, den Jungen freizulassen. Ein Anpu drehte sich um, hob den Bambusstock und fletschte die Zähne und sie wich entsetzt zurück.
    »Oh, das glaube ich jetzt nicht«, murmelte Virginia. Mit der Hand über der Flöte setzte sie sich in Bewegung. Das Instrument prickelte warm auf ihrer Haut.
    »Du kannst es nicht mit allen aufnehmen.«
    Virginia wirbelte herum. Ihr gegenüber stand ein großer junger Mann in einer langen weißen Tunika. Der Stoff seiner Bekleidung verbarg auch Kinn und Mund und der große Strohhut beschattete fast den ganzen Rest seines Gesichts. Seine Augen waren leuchtend blau.
    »Das muss ich auch nicht«, blaffte sie. »Nur mit diesen Schlägertypen.«
    »Im Fort sind noch einmal tausend von ihrer Sorte. Und zehntausend sind über die Stadt verteilt. Willst du gegen alle kämpfen?«
    »Wenn es sein muss«, antwortete die Unsterbliche und wandte sich wieder dem Gefängnis zu. Die Anpu hatten sich wahllos eine Handvoll Leute gegriffen – Männer und Frauen, junge und alte – und schleiften sie zum Gefängnis. Sie sah den Jungen. Er wehrte sich immer noch gegen die Umklammerung eines hünenhaften Anpu. Wieder und wieder rief er einen Namen. Virginia

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