Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
den Anpu hast du ebenfalls ihre Zukunft vorausgesagt?«
»Nein. Sie haben keine«, antwortete Marethyu kurz angebunden. Unter seinem weißen Umhang kam ein Metallhaken zum Vorschein. »Sie zu verhexen, war wesentlich einfacher. Sie sind primitive Geschöpfe. Der Zauber wird keinerlei Spuren hinterlassen.«
»Bist du gekommen, um mich zu befreien?«, erkundigte sich Aten.
»Ich kann es tun, wenn du es möchtest.«
»Aber es ist nicht Teil deines Plans, stimmt’s?«
»Nein, ist es nicht. Ich kann dich trotzdem befreien, wenn du willst.«
Aten ging nicht auf das Angebot ein. »Sag mir, was draußen geschieht«, bat er.
»Sobald die Menschen von Danu Talis hörten, dass man dich gefangen genommen hat, versammelten sie sich vor dem Gefängnis und dem Sonnentempel. Es kam bereits zu Auseinandersetzungen und weitere werden folgen«, prophezeite er. »Du bist sehr beliebt.«
»Ich hätte mehr für sie tun sollen«, murmelte Aten.
»Du hast genug getan. Deine Gefangennahme hat deine Untertanen erzürnt und genauso deine Freunde. Hekate hat das Baumvolk ausgeschickt, damit sie dich befreien. Huitzilopochtli führt sie an. Viele sind es nicht, das muss ich zugeben, aber es sind genug und es wird den Leuten Mut machen, sich zu erheben.«
»Und wenn sie es nicht tun?«
»Sie werden es tun«, versicherte Marethyu. »Ich habe ihnen eine Stimme gegeben. Jemanden, der für sie spricht. Die einzige unwägbare Größe sind die Zwillinge. Auf welcher Seite werden sie stehen?«
»In schweren Zeiten liegt es in der Natur der Kinder, sich auf die Seite ihrer Eltern zu stellen«, meinte Aten.
»Das würde sich ändern, wenn sie erführen, dass Isis und Osiris gar nicht ihre Eltern sind«, hielt Marethyu dagegen.
»Aber man bietet ihnen ein Weltreich«, erinnerte Aten ihn. »Damit kann man jeden in Versuchung führen.«
»Aber sie sind nicht jeder. Sie sind die legendären Zwillinge.«
»Der Junge hat die Schwerter«, flüsterte Aten, »das ist gefährlich.«
»Die Pyramide wird ihre Kräfte schmälern«, erwiderte Marethyu ebenso leise. Er tippte mit seinem Haken an einen der Steinstäbe des Zellengitters und ein Splitter sprang ab.
»Und der Junge ist stark?«, fragte Aten. Eine gewaltige Lavablase platzte und machte das Atmen für einen Augenblick unmöglich. Der Ältere hustete.
»Stärker, als er glaubt. Aber er hat Clarent und Excalibur bei sich. Die beiden Schwerter neigen dazu, sich gegenseitig zu neutralisieren.«
»Was geschieht jetzt, Tod?«, fragte Aten.
»Der Herrscherrat ist zusammengetreten. Jeder Ältere, der gehen oder auch nur kriechen kann, ist da. Bastet und Anubis warten. Sie sind überzeugt, dass Anubis zu deinem Nachfolger ausgerufen wird. Und Isis und Osiris sind mit den Zwillingen hierher unterwegs.«
Aten schüttelte den Kopf. »Bei diesem Treffen wäre ich zu gern eine Fliege an der Wand.«
»Ich glaube, der Wunsch wird dir erfüllt.« Marethyu lächelte. »Der erste Punkt auf der Tagesordnung ist deine Verhandlung. Man wird deine Exekution dem neuen Herrscher überlassen – Anubis oder den Zwillingen.«
»Mein Bruder hat sicherlich kein Problem damit.« Aten hob eine Augenbraue. »Ich frage mich, wie er wohl auf das Erscheinen der Zwillinge reagiert.«
»Freuen wird er sich vermutlich nicht. Und Bastet wird schäumen vor Wut.«
KAPITEL ACHTUNDDREISSIG
N ebel wirbelte auf, als die Sparten den Ring um den schutzlosen Japaner enger zogen. Blitzschnell griff einer an und versetzte ihm einen Schlag auf die Hüfte. Niten stöhnte vor Schmerz und stürzte auf die Brücke. Er lag auf dem Rücken, blickte zu den echsenähnlichen Kreaturen auf und ihm war klar, dass er sterben würde. Ein ganz leises Bedauern regte sich in dem Unsterblichen. Sein Wunsch war es immer gewesen, in seinem geliebten Japan zu sterben. Und Aoife hatte ihm versprechen müssen, dass sie, sollte er in einem fremden Land oder Schattenreich sterben, seinen Leichnam nach Reigando im Südwesten seiner Heimat bringen würde. Aber Aoife gab es nicht mehr. Er hatte ihr versprochen, sie zu retten, doch dieses Versprechen konnte er nun nicht mehr halten. Und er würde nie in heimatlicher Erde ruhen.
»Wir werden dich langsam umbringen«, sagte eine der Kreaturen mit der Stimme eines Kindes. Sie stellte sich neben den Unsterblichen und blickte mit offenem Maul auf ihn herunter. Speichelfäden tropften von ihren Zähnen.
Im nächsten Moment preschte ein Toyota Prius aus dem Nebel und quetschte zwei der Kreaturen gegen das
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