Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
hielten Abstand zu den anderen – vor allem zu den Hundekriegern.
»Sie rechnen mit Schwierigkeiten«, bemerkte Sophie.
»Nein, nein, das ist rein zeremoniell«, widersprach Isis rasch. »Ein Tag wie heute ist die absolute Ausnahme. Ich erinnere mich nicht, wann das letzte Mal sämtliche Älteren zu einer Ratssitzung zusammengekommen sind.« Wieder drehte sie sich auf ihrem Sitz um und Josh musste plötzlich an endlose Autofahrten durch Amerika im Sommer denken. Sein Vater saß am Steuer und seine Mutter drehte sich zu ihnen um, gab Instruktionen oder wies auf Sehenswürdigkeiten hin. In den meisten Fällen schlichtete sie auch nur einen Streit. »Heute sehen wir wahrscheinlich zum letzten Mal alle Älteren von Danu Talis an einem Ort versammelt. Bei vielen ist der Wandel bereits vollendet. Sie sind jetzt …« Sie suchte nach dem richtigen Wort.
»Hässlich«, schlug Sophie vor.
»Hässlich«, bestätigte Isis.
»Aber bei euch sieht man noch nichts vom Wandel, oder?«, fragte Josh.
»Nein, bei uns noch nicht«, antwortete Isis mit einem dünnen Lächeln.
»Wobei der Wandel sich auch innerlich vollziehen kann«, murmelte Sophie.
Das Fluggerät sackte erschreckend schnell ab, setzte dann aber sanft schaukelnd auf dem Platz vor der gewaltigen Pyramide auf. Anpu in schwarz-roten Keramikrüstungen stellten sich zu beiden Seiten des Vimanas auf. »Ihr haltet jetzt den Mund und tut, was wir euch sagen«, befahl Isis nachdrücklich.
Josh senkte den Kopf, damit man sein Lächeln nicht sah. Es war genau wie früher bei einem Sonntagsausflug.
KAPITEL FÜNFUNDVIERZIG
N iten stellte sich über den am Boden liegenden Prometheus.
Aus dem Nebel tauchten weitere Speere auf, doch der unsterbliche Japaner war schnell und in seiner Jugend hatte er gelernt, wie man Schwerter und Pfeile aus der Luft holt und unschädlich macht. Eine solche Kunst zu beherrschen, war für einen Krieger ausgesprochen nützlich. Als er jung war, hatte er sie blind ausgeübt, indem er auf das leise Sirren der Klinge lauschte, wenn sie näher kam. Mit derselben Methode arbeitete er auch jetzt wieder. Er stand mit gesenktem Kopf da, die linke Seite – sein gutes Ohr – dem Nebel zugewandt. Er hörte das leiseste Pfeifen der Speerspitze, das Zischen, wenn sie durch die Luft schnitt, selbst das schwache Knacken, wenn der hölzerne Speerschaft sich bog. Das Schwierigste war, den richtigen Augenblick zu bestimmen, wann er in Aktion treten musste. Zu früh, und er verfehlte den Speer; zu spät, und die Spitze steckte bereits in ihm.
Zwei unterschiedlich klingende Speere kamen angeflogen.
Niten hatte die Augen halb geschlossen. Er entspannte sich und verfolgte ihren Weg aufgrund der Geräusche. Dann trat er in Aktion. Die Sparten-Keule in seiner Linken schlug den einen Speer beiseite, das Wakizashi in seiner Rechten trennte den anderen mitten durch. Der Boden vor ihm war bereits mit Holzstücken übersät.
Im Dämmerlicht erhaschte Niten immer wieder einen Blick auf Sparten, doch sie waren nur als undeutliche Schatten zu erkennen und kamen nicht näher. Er konnte nur hoffen, dass es ihnen nicht gelungen war, die Wagenbarriere an irgendeiner Stelle zu durchbrechen, denn nachsehen konnte er nicht. Ihm war klar, dass er seine derzeitige Position nicht aufgeben durfte.
Langjährige und bittere Erfahrung hatte den Schwertkämpfer gelehrt, sich ausschließlich auf den Kampf zu konzentrieren. Ließe er sich auch nur einen Moment ablenken, konnte sich das als tödlicher Fehler erweisen. Ein Krieger durfte sich nicht beirren lassen. Er verschwendete keine Zeit mit Gedanken an die Flamels, fragte sich nicht, wie es ihnen wohl erging. Er konnte ihnen nicht helfen.
Drei mit Haken versehene Speere zischten aus der Nacht auf ihn zu. Sie zogen Nebelschwaden wie Rauchfahnen hinter sich her. Er lenkte einen ab und zerschnitt den anderen, doch der dritte traf ihn an der Schulter, drang in sein Fleisch und lähmte den ganzen Arm. Die Keule fiel ihm aus der Hand.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ Niten es zu, dass sich ein wenig von seiner königsblauen Aura um seinen Arm legte und die Wunde verschloss. Doch während er heilte, spürte er, wie er älter wurde, spürte die Schwere in den Beinen, die Enge im Brustkorb und er wusste, es würde einige Zeit dauern, bis er seinen Arm wieder voll einsetzen konnte. Diesen Kampf würde er einhändig zu Ende bringen müssen.
Weiterhin dem Feind zugewandt, kauerte er sich neben Prometheus, legte einen Finger auf dessen
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