Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
schwarze Zunge fuhr in ihrem Mund hin und her. »Bald seid ihr in der Lage, eure eigenen Schattenreiche zu erschaffen. Stellt euch das vor: Ihr könnt euch eine Welt bauen und sie mit allem, was ihr wollt, bevölkern.«
Josh grinste. »Cool. In meinen Welten wird es keine Schlangen geben.«
»Wenn ihr erst Herrscher über Danu Talis seid, könnt ihr alles haben, was ihr wollt – ohne Ausnahme«, fügte Osiris hinzu.
»Ihr habt uns noch nicht wirklich erklärt, was wir tun müssen, um Herrscher zu werden«, warf Sophie zögernd ein.
Isis machte eine ganze Umdrehung auf ihrem Sitz. »Überhaupt nichts. Wir präsentieren euch einfach als Gold und Silber.«
»Wir brauchen wirklich nichts zu tun?« Irgendwie konnte Sophie es nicht recht glauben.
»Nichts«, bestätigte Isis und wandte sich wieder ab.
Die Zwillinge schauten sich an. Sie glaubten ihr beide nicht.
»Die versammelten Älteren werden in euch die wahren Herrscher der Insel erkennen«, erklärte Osiris. »Während der letzten Jahrtausende hat eine einzige Familie die Insel regiert, aber so war es nicht immer. Ganz zu Anfang, noch bevor sie vom Meeresgrund gehoben wurde, wurden die Älteren und auch die Großen Älteren von Gold und Silber regiert – von Individuen mit außergewöhnlichen Auren.«
»Individuen?« Sophie warf ihrem Bruder einen kurzen Blick zu. Sie fragte sich, ob auch er gemerkt hatte, was hinter den Worten ihres Vaters – Osiris, korrigierte sie sich – steckte. »Nicht Zwillingen?«
»Gewöhnlich waren es Einzelpersonen«, antwortete Osiris, »nur selten, sehr, sehr selten Zwillinge. In der gesamten Geschichte der Insel gab es nur eine Handvoll Zwillinge mit Auren in Gold und Silber. Ihre Kräfte überstiegen fast alles Begreifen. Man sagt, dass die ursprünglichen Zwillinge die ersten Schattenreiche schufen und sich beliebig durch die Zeit bewegen konnten. Es gibt sogar Berichte« – er lachte –, »wonach diese Welt ein von ihnen geschaffenes Schattenreich ist. Aber die wahren Herrscher über die Insel waren immer Gold-und-Silber-Zwillinge.«
»Ihr seht also«, ergriff Isis wieder das Wort, »dass die Älteren von Danu Talis euch als ihre Herrscher anerkennen müssen.«
Sophie lehnte sich in ihrem Sitz zurück. »Aber irgendjemand muss doch Einwände erheben.«
»Natürlich«, gab Isis leise zu, »und wir werden uns zu gegebener Zeit mit diesen Einwänden befassen.« Obwohl ihr Ton noch genauso locker und emotionslos war wie vorher, lag eine unmissverständliche Drohung in ihren Worten.
»Ist es normal, dass hier so viele Leute auf der Straße sind?«, fragte Josh. Er hatte sich nach rechts gebeugt und schaute hinunter auf die Stadt und ihre Kanäle.
Sophie sah, wie Isis und Osiris einen Blick wechselten, aber nichts darauf erwiderten. Sie blickte über Danu Talis. Rauchwolken stiegen in den windstillen Abendhimmel. Ihr Herz schlug schneller. »Seht mal! Da sind Feuer! Es sieht so aus, als würden Häuser brennen!«
»Es gibt Unruhen«, blaffte Osiris voller Wut. Seine Stimme war lauter geworden, doch dann atmete er tief durch und fuhr ruhiger fort: »Es ist zu kleineren Unruhen in der Bevölkerung gekommen. Unzufriedene Bürger gibt es in jeder Stadt und zu allen Zeiten.«
»Auch mit ihnen werden wir uns befassen«, meinte Isis leichthin. »Aber nicht jetzt und nicht heute Abend. Da wird gefeiert!«
Das Vimana schwang herum und flog hinunter in Richtung Pyramide. Sein runder Schatten streifte die Kanäle und goldenen Straßen.
Sophie fiel auf, dass sämtliche zur Pyramide führenden Kanäle von Anpu bewacht wurden. Am Ufer des äußeren Kanalrings standen jede Menge weiß gekleideter Menschen. Wie es aussah, riefen sie etwas und reckten die Fäuste in die Luft und Sophie glaubte zu sehen, dass Früchte und andere Wurfgeschosse über den Kanal in die engen Reihen der Anpu flogen.
»Ich dachte, wir landen auf der Pyramide«, sagte Josh.
»Wir landen nicht darauf, sondern davor«, informierte Isis ihn. »Sie ist innen hohl. Wir gehen hinein.«
Osiris senkte die Nase des Fluggeräts ab und ein großer goldener Platz vor der Pyramide kam ins Blickfeld. Beim Näherkommen sahen die Zwillinge, dass der Platz voller Menschen und Wagen war. Zwischen den Wagen und Kutschen, die alle nicht von Pferden gezogen wurden, stand ein halbes Dutzend Vimanas, die einen mehr, die anderen weniger verbeult. Es wimmelte nur so von Kriegern mit Hunde-, Schakal-, Bullen- und Schweineköpfen. Ein paar Katzenkrieger waren auch dabei, doch die
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