Die geheimnißvolle Insel
staunende Befriedigung, welche Jup eines Tages bei den Tischgästen des Granithauses hervorrief, als er mit der Serviette unter dem Arme erschien, um sie bei der Mahlzeit zu bedienen. Geschickt und aufmerksam versah er seinen Dienst mit vollendeter Gewandtheit, wechselte die Teller, brachte die Schüsseln herbei, schenkte ein und führte das Alles mit einem solchen Ernste aus, daß es die Colonisten höchlichst ergötzte und Pencroff laut aufjubeln ließ.
»Jup, Suppe!
– Jup, etwas Agoutibraten!
– Jup, einen Teller!
– Schön Jup, brav, wackerer Junge!«
Man hörte gar nichts Anderes, und Jup entsprach dem Verlangen, ohne je in Verlegenheit zu gerathen, paßte auf Alles auf und schüttelte den klugen Kopf, als Pencroff auf seinen früheren Scherz zurückkam und sagte:
»Jup, wir werden entschieden Deinen Lohn verdoppeln müssen!«
Es versteht sich von selbst, daß der Orang-Utang jetzt vollständig an das Granithaus gewöhnt war und seine Herren häufig in den Wald begleitete, ohne jemals einen Fluchtversuch zu machen. Man mußte ihn sehen, wie er drollig dahin wanderte, mit einem Stocke, den ihm Pencroff gegeben hatte, und den er wie ein Gewehr auf der Schulter trug. Wollte man vom Gipfel eines Baumes einige Früchte geschüttelt haben, wie schnell war er da oben. Wenn das Wagenrad in den Boden einsank, mit welcher Kraft hob Jup den Wagen mittels der Schulter wieder auf den besseren Weg!
»Ein famoser Kerl! rief Pencroff einmal über das andere. Wenn der ebenso bösartig wäre, als er gutmüthig ist, würden wir schwerlich mit ihm fertig werden!«
Gegen Ende Januar war es, als die Colonisten zu den umfänglicheren Arbeiten im Innern der Insel vorschritten. Man hatte beschlossen, nahe den Quellen des Rothen Flusses, am Fuße des Franklin-Berges, eine Umfriedigung für Wiederkäuer herzustellen, welche man im Granithause selbst doch nicht halten konnte, und speciell für Mufflons (wilde Schafe), von denen Wolle für die Winterkleider gewonnen werden sollte.
Jeden Morgen begab sich entweder die ganze Colonie, oder auch nur Cyrus Smith, Harbert und Pencroff nach den Quellen des Flusses; mit Hilfe der Quagga’s war das ja nur eine Spazierfahrt von fünf Meilen auf der unter einem grünen Blätterdache hingeführten neuen Straße, welche den Namen der Hürden-Straße erhielt.
Vor dem Abhange des südlichen Berggipfels hatte man daselbst ein umfängliches Areal ausgewählt, eine Art Wiese mit einzelnen Baumgruppen, am Fuße eines Vorberges, der sie auf der einen Seite abschloß. Ein kleiner dem Ausläufer entspringender Wildbach durchschnitt dieses Terrain in schiefer Richtung und verlor sich dann im Rothen Flusse. Das Gras war saftig und frisch, und die nur vereinzelt stehenden Bäume gestatteten einen reichlichen Luftwechsel. Besagte Wiesenfläche brauchte also nur mit einer kreisförmigen Palissade eingezäunt zu werden, die sich an jede Seite des Vorberges lehnte und hoch genug war, um auch den gewandtesten Thieren das Ueberklettern unmöglich zu machen. Die Hürde vermochte gleichzeitig wohl an hundert Thiere, Schafe und wilde Ziegen, nebst den etwa später geworfenen Jungen zu bergen.
Nachdem der Ingenieur den Umfang der Hürde abgesteckt hatte, sollten die zur Errichtung der Palissade nöthigen Bäume gefällt werden; da aber beim Durchbruch der Straße schon eine Menge Stämme umgelegt worden waren, fuhr man diese heran, und gewann so gegen hundert starke Pfähle, welche fest in den Boden versenkt wurden.
Im vorderen Theile der Einzäunung sparte man einen hinlänglich breiten Eingang aus, der durch eine zweiflügelige, aus starken Planken bestehende Thür verschließbar war.
Der Bau dieser Hürde nahm übrigens nicht weniger als drei Wochen in Anspruch, denn außer der eigentlichen Palissade errichtete Cyrus Smith noch verschiedene große Bretterschuppen als Zuflucht für die Thiere.
Auf die Festigkeit aller Constructionen mußte man ganz besonders achten, denn die Mufflons sind sehr kräftige Thiere und ließen befürchten, daß sie in der ersten Zeit sehr ungeberdig sein würden. Die am oberen Theile zugespitzten und angesengten Pfähle verband man durch übergenagelte Querhölzer, und stützte sie auch in gewissen Entfernungen noch angemessen ab.
Nach Vollendung der Einfriedigung sollte am Fuße des Franklin-Berges, dessen fette Weiden die Wiederkäuer mit Vorliebe besuchten, ein großes Treibjagen abgehalten werden. Das geschah am 7. Februar, einem herrlichen Sommertage, und Alle
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