Die geheimnißvolle Insel
versprachen.
Da die Colonisten außerhalb keine dringlichen Arbeiten vorhatten, beschäftigten sie sich im Innern des Granithauses, dessen Einrichtung sich von Tag zu Tag vervollkommnete und verbesserte. Der Ingenieur baute eine einfache Drehbank, auf der er verschiedene Toiletten-und Küchengegenstände abdrehte, vor allem Knöpfe, deren Mangel sich besonders fühlbar machte. Für die Waffen, denen man die größte Sorgfalt zuwendete, war ein Gewehrgestell errichtet worden, und weder Regale noch Schränke ließen zu wünschen übrig. Man sägte, hobelte, feilte, drehte, und während dieser ganzen Zeit der schlechten Witterung hörte man nichts als das Geräusch der Werkzeuge und das Knarren der Drehbank, die einzige Antwort auf das mächtige Rollen der Donnerschläge.
Meister Jup wurde nicht vergessen und bewohnte neben dem Hauptmagazine einen eigenen Raum mit einem Lager von weicher Streu, das ihm sehr wohl zu gefallen schien.
»Dieser wackere Jup, lobte ihn Pencroff öfters, veranlaßt doch nie einen Streit oder verletzt durch vorlaute Antworten; das ist mir ein Diener ohne Gleichen, Nab, ein wahres Prachtexemplar von dienstbarem Geist!
– Mein Schüler, antwortete Nab, und bald meines Gleichen!
– O, er überflügelt Dich noch, versetzte lächelnd der Seemann, denn Du sprichst, Nab, und er schweigt!«
Es versteht sich von selbst, daß Jup denselben Dienst fortan regelmäßig versah. Er reinigte auch die Kleider, drehte den Bratspieß, fegte die Zimmer aus, schichtete Holz auf, und – was Pencroff vor Allem schmeichelte – er legte sich niemals nieder, ohne den würdigen Seemann in sein Bett einzuwickeln.
Die Gesundheit aller Mitglieder der Colonie, Zweihänder und Zweifüßer, Vierhänder und Vierfüßer, ließ nicht das Mindeste zu wünschen übrig.
Bei dieser Lebensweise in freier Luft, auf dem gesunden Boden, unter gemäßigter Zone, immer mit Kopf und Hand thätig, konnten sie gar nicht daran glauben, von einer Krankheit befallen zu werden.
Wirklich befanden sich Alle ausnehmend wohl; Harbert war seit einem Jahre um zwei Zoll gewachsen. Sein Ansehen wurde zunehmend männlicher, und er versprach körperlich und geistig ein vollkommener Mann zu werden. Dazu bemühte er sich, seine Muße zwischen den nothwendigen Arbeiten auf jede Weise nutzbringend zu verwenden, las die verschiedenen Bücher aus der gefundenen Kiste, und nach den praktischen Lectionen, welche die Sachlage selbst an die Hand gab, fand er in Cyrus Smith für die Wissenschaften, und im Reporter für die Sprachen zwei Lehrer, die sich seiner Fortbildung freundlich annahmen.
Bei dem Ingenieur wurde es fast zur fixen Idee, Alles, was er wußte, auf den jungen Mann zu übertragen, ihn ebenso durch das lebendige Beispiel, wie durch Worte zu unterrichten, und Harbert dagegen zeigte den redlichsten Fleiß in den Unterrichtsstunden seines Professors.
»Sollte ich mit Tode abgehen, so dachte Cyrus Smith, dann wird er an meine Stelle treten können!«
Das Unwetter legte sich endlich am 9. März, doch blieb der Himmel diesen ganzen letzten Sommermonat über von Wolken bedeckt. Die durch die elektrischen Entladungen gestörte Atmosphäre schien die frühere Reinheit nicht wieder finden zu können, und drei oder vier schöne Tage ausgenommen, welche Ausflüge aller Art begünstigten, gab es fortwährend Regen und Nebel.
Zu dieser Zeit warf das Quagga-Weibchen ein Junges von dem Geschlecht der Mutter, das ganz nach Wunsch gedieh. Auch in der Hürde war die Mufflonsheerde auf dieselbe Art gewachsen, und mehrere Lämmer blökten in den Schuppen zur größten Freude Harberts und Nab’s, die Jeder ihre Lieblinge unter den Neugeborenen halten.
Jetzt versuchte man auch die Züchtung der Pecaris, welche vollkommen gelang; in der Nähe des Hühnerhofes wurde ein Stall errichtet, in dem sich bald mehrere Junge befanden, welche aufgezogen, d.h. durch Nab’s Sorgfalt fett gemacht wurden. Meister Jup, dem es oblag, ihnen das tägliche Futter, wie das Aufwaschwasser, die Küchenabfälle u. dgl. zu bringen, entledigte sich dessen zur größten Zufriedenheit. Zwar konnte er manchmal nicht umhin, sich auf Kosten seiner kleinen Pfleglinge zu amüsiren und sie am Schwanze zu zupfen, aber das geschah nur im Scherz, nicht aus Bosheit, denn diese kleinen Ringelschwänzchen ergötzten ihn wie ein Spielzeug, und sein Instinct war nun einmal der eines Kindes.
Im Verlaufe dieses Monates erinnerte Pencroff, als er mit dem Ingenieur sprach, Cyrus Smith auch an ein
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