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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sodann weitere geschmolzene Portionen hinzugefügt und zuletzt entstand eine Kugel von etwa einem Fuß Durchmesser. Cyrus Smith nahm sodann das Rohr wieder aus Harbert’s Händen, schwenkte es pendelartig und verlängerte so die weiche Kugel zu einem konischen Cylinder.
    Das Blasen ergab demnach einen Glascylinder mit zwei halbkugeligen Enden, die mittels eines in kaltes Wasser getauchten Messers leicht losgelöst wurden. Auf dieselbe Art und Weise zerschnitt man hierauf den Cylinder seiner ganzen Länge nach, und nachdem er durch eine zweite Erhitzung wieder schmiegsam gemacht war, wurde er auf einer Platte mittels einer Holzrolle ausgebreitet.
    Die erste Fensterscheibe war hiermit fertig und die Operation nur fünfzig Mal zu wiederholen, um eben so viel Scheiben zu erzielen. Bald erglänzten nun die Fenster des Granithauses mit ihren durchsichtigen Scheiben, und wenn diese sich auch nicht durch ihre Farblosigkeit auszeichneten, so drangen doch genügende Lichtstrahlen durch sie hindurch.
    Die Herstellung der Trinkgeschirre, als Gläser und Flaschen, erfolgte wirklich spielend. Man nahm eben mit ihnen vorlieb, wie sie sich am Ende des Blaserohres gestalteten. Pencroff hatte auch seinerseits einmal zu »blasen« gewünscht, aber er blies so stark, daß seine Erzeugnisse oft die wunderlichsten Formen annahmen, die er denn auch mit ungeheuchelter Freude begrüßte.
    Bei Gelegenheit eines Ausfluges zu jener Jahreszeit wurde auch ein neuer Baum entdeckt, der die Bezugsquellen der Lebensmittel für die Colonie neuerdings vermehrte.
     

    Pencroff als Glasbläser. (S. 343.)
     
    Cyrus Smith und Harbert gelangten jagend eines Tages bis in die Wälder des fernen Westens. Wie immer richtete der junge Mann tausend Fragen an den Ingenieur, welche dieser bereitwillig beantwortete. Von der Jagd gilt aber dasselbe, wie von jeder anderen Beschäftigung auf Erden:
     

    Nach vollbrachtem Tagewerke. (S. 347.)
     
    wenn man ihr nicht den nöthigen Eifer widmet, erzielt man keine sonderlichen Erfolge. Da nun Cyrus Smith kein leidenschaftlicher Jäger war und Harbert auch mehr von Chemie und Physik sprach, so entkamen heute viele Wasserschweine, Kängurus und Agutis dem Gewehre des jungen Mannes, und als der Tag sich zu Ende neigte, mußten die beiden Jäger befürchten, eine nutzlose Excursion unternommen zu haben, als Harbert plötzlich stehen blieb und freudig ausrief:
    »Ach, Herr Cyrus, sehen Sie jenen Baum da?«
    Er wies dabei mehr nach einem Strauche, als einem Baum, denn derselbe bestand nur aus einem einzelnen Stengel, den eine schuppige Rinde überzog und der gestreifte Blätter mit kleinen parallelen Adern trug.
    »Nun, was ist’s mit diesem Baume, der einer kleinen Palme nicht unähnlich aussieht? fragte Cyrus Smith.
    – Es ist eine ›
Cycas revoluta
‹, deren Abbildung sich in unserem naturwissenschaftlichen Wörterbuche befindet.
    – Früchte sehe ich aber an dem Baume nicht?
    – Nein, Herr Cyrus, aber sein Stamm enthält ein von Natur ganz fertig gebildetes Mehl.
    – Das wäre also ein Brodbaum?
    – Richtig, ein Brodbaum.
    – Nun, mein Sohn, fuhr der Ingenieur fort, da wäre ja für die Zwischenzeit bis zur ersten Getreideernte ein sehr schätzbarer Fund gethan. Wir wollen uns überzeugen, und der Himmel gebe, daß Du Dich nicht getäuscht!«
    Harbert hatte sich nicht getäuscht. Er brach einen Cycas-Zweig ab, der sich aus einem Maschengewebe von mehligem Mark bestehend zeigte; zwischendurch verliefen holzige Fasern, welche durch concentrische Jahresringe getrennt wurden. Das Mehl selbst erschien mit einem schleimigen Safte gemischt, der jedoch durch Pressung leicht zu entfernen sein mußte. Die Substanz in den Zellen bildete ein wirkliches Mehl von ausgezeichneter Qualität und sehr nährenden Eigenschaften, dessen Export die japanischen Gesetze ausdrücklich verbieten.
    Cyrus Smith und Harbert versicherten sich durch einige Merkzeichen der Stelle, an der die Cycas wuchsen, und kehrten nach dem Granithause zurück, wo sie von ihrer schätzenswerthen Entdeckung Mittheilung machten.
    Am folgenden Tage begaben sich die Ansiedler zum Einsammeln dieser Pflanzen, und Pencroff, der sich für seine Insel mehr und mehr begeisterte, sagte zu dem Ingenieur:
    »Herr Cyrus, glauben Sie, daß es Inseln für Schiffbrüchige giebt?
    – Was meinen Sie damit, Pencroff?
    – Nun, ich meine Inseln, die ganz besonders dazu geschaffen sind, daran Schiffbruch zu leiden und auf welchen die armen Teufel doch alles Nothwendige

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