Die geheimnißvolle Insel
oder einer aus seiner Mannschaft zweifellos auffinden würde.
– Es ist recht bedauerlich, sagte der Seemann, daß wir bei unserer ersten Fahrt nach Tabor diese Vorsicht außer Acht ließen.
– Warum geschah das? antwortete Harbert. Bis jetzt kannten wir weder Ayrton’s Geschichte, noch ahnten wir, daß je eine Wiederabholung desselben in Aussicht stehe; und als wir jene erfuhren, verbot die schon zu weit vorgeschrittene Jahreszeit, noch einmal nach der Insel Tabor zu segeln.
– Ja wohl, stimmte auch Cyrus Smith bei, dazu war und ist es jetzt zu spät, und werden wir den Wiedereintritt des kommenden Frühlings abwarten müssen.
– Wenn die schottische Yacht aber inzwischen dort anliefe? warf Pencroff ein.
– Das ist kaum anzunehmen, erwiderte der Ingenieur, da Lord Glenarvan nicht gerade die Wintersaison zu einer Reise in so entlegene Meere wählen wird. Entweder hat er jetzt, seitdem Ayrton bei uns lebt, Tabor schon wieder aufgesucht und die Rückreise angetreten, oder er trifft erst später ein, so daß es Zeit sein wird, in den ersten schönen Octobertagen nach Tabor zu segeln, um die betreffenden Nachrichten dort zu deponiren.
– Man muß gestehen, meldete sich auch Nab, daß es wirklich ein Unglück wäre, wenn der Duncan sich gerade in den letzten fünf Monaten dort gezeigt hätte.
– Ich hoffe, das wird nicht der Fall sein, antwortete Cyrus Smith; der Himmel wird uns die günstigste Aussicht auf Erlösung nicht schon geraubt haben.
– Und ich glaube, bemerkte der Reporter, wir werden auch darüber nach einem zweiten Besuche der Insel Tabor klar sehen, denn die Schotten müssen doch irgend welche Spuren ihrer Anwesenheit hinterlassen haben.
– Das versteht sich, erwiderte der Ingenieur. Nun also, meine Freunde, da uns diese Aussicht heimzukehren noch offen bleibt, so warten wir jetzt in Geduld; ist sie uns genommen, so werden wir dann sehen, was zu thun ist.
– Jedenfalls, betonte Pencroff, verlassen wir die Insel, wenn es einmal geschieht, nicht deshalb, weil es uns hier schlecht ergangen wäre!
– Nein, Pencroff, beruhigte ihn der Ingenieur, nur weil wir fern von Allem sind, was dem Menschenherzen auf der Welt das Theuerste ist, fern von den Unseren, von Freunden, fern vom Heimatlande!«
Nach Klarlegung dieser Verhältnisse dachte man zunächst nicht mehr daran ein Schiff zu erbauen, das groß und seetüchtig genug wäre, entweder nach Norden bis zu den dort verstreuten Inselgruppen, oder nach Westen, bis Neu-Seeland, zu segeln, und beschäftigte sich angesichts der bevorstehenden dritten Ueberwinterung mit den hergebrachten Arbeiten im Granithause.
Auf jeden Fall wurde beschlossen, mittels der Schaluppe noch vor Eintritt allzu ungünstiger Tage eine Umsegelung der ganzen Insel vorzunehmen. Noch waren deren Küsten nicht vollständig erforscht und hatten die Colonisten z.B. von dem zwischen dem Cascadenflusse und den Kiefern-Caps nördlich und westlich verlaufenden Gestade nur eine sehr oberflächliche Kenntniß, ebenso wie von der engen Bucht, welche letztere wie einen Haifischrachen umschlossen.
Der Vorschlag zu diesem Ausfluge ging von Pencroff aus, erfreute sich aber sofort auch der Zustimmung des Ingenieurs, der selbst diesen Theil ihres Gebietes genauer kennen zu lernen wünschte.
Trotz der schon etwas veränderlichen Witterung zeigte das Barometer doch keine zu großen Schwankungen, so daß man wohl auf erträgliches Wetter hoffen durfte. In der ersten Aprilwoche kündigte sich das Steigen der Quecksilbersäule, nach vorausgegangenem bedeutenden Fallen derselben, durch einen kräftigen fünf bis sechs Tage anhaltenden Westwind an; bei 28,° Zoll ( = 759 mm ,45) wurde die Nadel stationär, und somit schienen die Umstände der Excursion günstig.
Als Tag der Abreise bestimmte man den 16. April und versorgte den im Ballonhafen ankernden Bonadventure mit dem nöthigen, für eine ausgedehntere Fahrt bemessenen Proviant.
Cyrus Smith benachrichtigte auch Ayrton von der bevorstehenden Reise, mit der Einladung, sich ihr anzuschließen; da es dieser aber vorzog auf dem Lande zu bleiben, so einigte man sich dahin, daß er für die Dauer der Abwesenheit seiner Genossen im Granithause Wohnung nehmen sollte. Meister Jup blieb ihm zur Gesellschaft da und erhob dagegen keinerlei Einwendung.
Am Morgen des 16. April schifften sich alle Colonisten in Begleitung Top’s ein. Der Wind, eine gute Brise, wehte aus Südwesten und mußte der Bonadventure beim Verlassen des Ballonhafens laviren, um
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