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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Haut!
    »Wie viel Uhr ist es? fragte er.
    – Um zehn Uhr, antwortete Gedeon Spilett.
    – Und wie weit haben wir noch bis zum Cap, Herr Cyrus?
    – Gegen fünfzehn Meilen.
    – Das ist eine Sache von zwei und einhalb Stunden, sagte darauf der Seemann; zwischen zwölf und ein Uhr schwimmen wir dem Cap gegenüber. Leider wechseln dann gerade die Gezeiten und veranlaßt die Ebbe eine scharfe Strömung aus dem Golfe. Wind und Wasser entgegen dürfte es uns wohl schwer werden, in jenen einzufahren.
    – Zumal, da wir heute Vollmond haben, setzte Harbert hinzu, und die Fluth im April gewöhnlich eine sehr hohe ist.
    – Können wir aber nicht an der Spitze des Caps vor Anker gehen? fragte Cyrus Smith.
    – Mit der Nase am Land liegen bei dem drohenden schlechten Wetter! rief der erfahrene Seemann. Wo denken Sie hin, Herr Cyrus? Das hieße sich freiwillig auf den Strand setzen wollen!
    – Nun, und was denken Sie zu thun?
    – Ich will versuchen, mich bis zum Eintritt der Fluth, also bis gegen sieben Uhr, in der offenen See zu halten, und wenn es dann noch hell genug wäre, die Einfahrt in den Golf zu ermöglichen; wenn nicht, werden wir die Nacht über kreuzen und mit Sonnenaufgang hineinsegeln.
    – Ich wiederhole Ihnen, Pencroff, antwortete der Reporter, daß wir uns ganz und gar auf Sie verlassen.
    – Ja, wenn auf dieser Küste, versetzte Pencroff, noch ein Leuchtthurm stände, das wäre für die Seefahrer sehr angenehm.
    – Gewiß, fügte Harbert hinzu; und heute haben wir keinen zuvorkommenden Ingenieur dort, der ein Feuer entzündete, um uns zum Hafen zu leiten.
    – Ah, da fällt mir ein, lieber Cyrus, sagte Gedeon Spilett, daß wir Ihnen dafür noch nicht einmal unseren Dank abgestattet haben, und offen gestanden, wäre es uns ohne jenes Feuer nie gelungen …
    – Ein Feuer? fragte Cyrus Smith, höchlichst erstaunt über die Rede des Reporters.
    – Das heißt, Herr Cyrus, fiel Pencroff ein, wir befanden uns die letzten Stunden vor unserer Rückkehr an Bord des Bonadventure in nicht geringer Verlegenheit, und hätten die Insel unter dem Winde passirt, wenn Sie nicht die Vorsorge gebrauchten, in der Nacht vom 19. zum 20. October auf dem Plateau über dem Granithause ein Signalfeuer zu unterhalten.
    – Ach, richtig! Das war damals doch ein glücklicher Gedanke, antwortete der Ingenieur.
    – Heute aber, fuhr der Seemann fort, wenn Ayrton nicht zufällig darauf verfällt, wird Niemand zur Hand sein, uns diesen kleinen Dienst zu leisten.
    – Nein! Kein Mensch!« erwiderte Cyrus Smith.
    Wenig später, als er sich im Vordertheile des Schiffes mit dem Reporter allein befand, neigte er sich zu dessen Ohre und sagte:
    »Wenn Etwas in der Welt gewiß ist, Spilett, so ist es das, daß ich in der Nacht vom 19. zum 20. October weder auf dem Plateau des Granithauses, noch irgendwo auf der Insel ein Feuer angesteckt hatte!«
Zwanzigstes Capitel.
Eine Nacht auf dem Meere. – Der Haifisch-Golf. – Gutes Zutrauen. – Vorbereitungen für den Winter. – Vorzeitige schlechte Jahreszeit. – Strenge Kälte. – Arbeiten im Innern. – Nach sechs Monaten. – Ein photographisches Negativ. – Ein unerwarteter Vorfall.
    Alles kam so, wie es Pencroff, der sich hierin nicht wohl täuschen konnte, vorhergesagt. Der Wind frischte auf, ging aus der guten Brise zur steifen Böe über, d.h. er erreichte eine Geschwindigkeit von vierzig bis fünfundvierzig Meilen in der Stunde, bei der ein Schiff selbst auf offenem Meere schon reffen und die Besanstengen einziehen muß. Da es aber gegen sechs Uhr war, als der Bonadventure sich gegenüber dem Golfe befand und eben die Ebbe sich fühlbar machte, so wurde es unmöglich, in denselben einzufahren. Pencroff sah sich also gezwungen, auf offenem Wasser zu halten, da er auch bei dem besten Willen die Mercy-Mündung zu erreichen außer Stande gewesen wäre. Nach Versetzung des Focksegels an dem Maste an Stelle des Bugspriets legte er also, die Spitze nach dem Lande gerichtet, bei.
    Zum Glück ging das Meer, trotz des scharfen Windes, nicht sehr hoch, da es die nahe Küste etwas schützte. Heftigere Wellenschläge, die für kleinere Fahrzeuge besonders gefährlich sind, hatte man also nicht zu fürchten. Der Bonadventure würde zwar schwerlich gekentert sein, dazu war er zu gut belastet; durch starke Sturzseen hätte er aber doch, wenn die Verdeckfelder nicht Widerstand leisteten, ernstlich gefährdet werden können. Pencroff richtete sich, als geschickter Seemann, auf alle Zufälle ein. Gewiß

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