Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
mußten die Ansiedler hierüber Aufschluß haben.
    Cyrus Smith und Harbert, die auch Gedeon Spilett, Pencroff und Nab eiligst herbeigerufen hatten, setzten diese von dem Vorfall in Kenntniß. Pencroff ergriff das Fernrohr, durchmusterte schnell den Horizont und rief, als er die bezeichnete Stelle, welche das unerkennbare Fleckchen auf dem photographischen Negativ verursacht hatte, auffand, mit einem Tone, der wenig Befriedigung über das Gesehene verrieth:
    »Tausend Teufel! Ja, das ist ein Schiff!
    – Kommt es auf uns zu?
    – Kann ich noch nicht bestimmen, erwiderte Pencroff; jetzt ragen nur die Masten über den Horizont, der Rumpf ist noch ganz unsichtbar.
    – Was ist zu thun? fragte der junge Mann.
    – Ruhig abzuwarten«, antwortete Cyrus Smith.
    Lange Zeit sprachen die Colonisten kein Wort. Gedanken und Gemüthsbewegungen, Furcht und Hoffnung, Alles was sich an dieses unerwartete und seit ihrem Aufenthalte auf Lincoln unbestritten bedeutungsvollste Ereigniß knüpfte, fesselte ihre Zunge.
    Gewiß befanden sich die Ansiedler nicht in der traurigen Lage von Schiffbrüchigen auf unfruchtbarer Insel, die einer stiefmütterlichen Natur ihr elendes Dasein abringen, und nur von der einen Sehnsucht erfüllt sind, bewohnte Länder wiederzusehen. Vorzüglich Pencroff und Nab, welche sich jetzt so reich und glücklich fühlten, hätten ihre Insel sicherlich nicht ohne tiefes Bedauern verlassen. Sie hatten sich in dieses Leben auf einem Stückchen Erde gefunden, das ihre einsichtige Thätigkeit so zu sagen schon civilisirt hatte! Und dennoch, das Schiff da draußen erschien ihnen wie ein Bote vom Festlande, vielleicht ein Stück von ihrem Vaterlande, dem sie hier begegneten. Es trug jedenfalls Ihresgleichen, sollte ihr Herz bei diesem Anblick nicht höher schlagen?
    Von Zeit zu Zeit ergriff Pencroff wieder das Fernrohr und nahm am Fenster Platz. Mit größter Aufmerksamkeit betrachtete er das Schiff, welches noch gegen zwanzig Meilen im Osten entfernt sein mochte. Die Colonisten vermochten ihre Anwesenheit also noch auf keine Weise zu erkennen zu geben. Eine Flagge wäre nicht bemerkt, ein Signalschuß nicht gehört, ein Feuer jetzt nicht erkannt worden.
    Auf keinen Fall konnte aber die vom Franklin-Berge hoch überragte Insel den Augen der Schiffswache entgangen sein. Was veranlaßte das Schiff jedoch hier zu landen? Lenkte es nur der blinde Zufall nach diesem Theile des Stillen Oceanes, in dem die Seekarten doch, außer der kleinen und abseits von den Schiffscursen gelegenen Insel Tabor, kein Land verzeichneten?
    Auf diese Frage, welche Allen vorschwebte, gab Harbert plötzlich eine Antwort.
    »Sollte das nicht der Duncan sein?« rief er aus.
    Der Duncan war, wie der Leser sich erinnert, die Yacht Lord Glenarvan’s, der Ayrton einst auf dem Eiland aussetzte und einmal zu dessen Wiederaufnahme zurückkehren sollte. Das Eiland nun lag keineswegs so entfernt von der Insel Lincoln, daß ein dorthin segelndes Schiff nicht hätte in Sicht der letzteren vorüber kommen können. Nur hundertundfünfzig Meilen in der Länge und fünfundsiebenzig Meilen in der Breite trennten beide Punkte von einander.
    »Wir werden Ayrton Nachricht geben, sagte Gedeon Spilett, und ihn unverzüglich hierher rufen müssen. Er allein vermag uns bald zu sagen, ob das der Duncan ist.«
    Alle theilten diese Ansicht, der Ingenieur begab sich nach dem Telegraphen-Apparate, der das Granithaus mit der Wohnung neben der Hürde verband, und ließ folgendes Telegramm ab:
    »Sofort hierher kommen!«
    Wenige Augenblicke nachher schlug die Weckerglocke wieder an.
    »Ich komme«, lautete Ayrtons Antwort.
    Die Colonisten setzten inzwischen die Beobachtung des Schiffes fort.
    »Wenn es der Duncan ist, begann Harbert, so muß ihn Ayrton leicht erkennen, da er sich eine Zeit lang darauf befunden hat.
    – Und wenn er ihn wieder erkennt, fügte Pencroff hinzu, so mag er wohl etwas Herzklopfen bekommen.
    – Gewiß, antwortete Cyrus Smith, doch jetzt ist Ayrton würdig, an Bord des Duncan zurückzukehren, und gebe der Himmel, daß jenes die Yacht Lord Glenarvan’s sei, denn jedes andere Schiff flößt mir unwillkürlich einen beängstigenden Verdacht ein! Diese Meere werden nicht viel befahren, und immer fürchte ich noch den Besuch irgend welcher malayischen Seeräuber auf unserer Insel.
    – O, wir vertheidigen sie! rief Harbert muthig.
    – Gewiß, mein Kind, erwiderte lächelnd der Ingenieur, besser ist’s aber doch, das nicht nöthig zu haben.
    – Erlauben

Weitere Kostenlose Bücher