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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Pencroff seinerseits über Cyrus Smith nieder; sein Ohr vernahm einige schwache Pulsschläge, und seine Lippen fühlten einen leisen Hauch, der von denen des Ingenieurs kam.
    Auf einen Wink des Reporters sprang Harbert hinaus, um Wasser aufzutreiben. In einer Entfernung von hundert Schritten entdeckte er einen klaren, offenbar durch den Regenguß der letzten Nacht geschwellten Bach, der durch den Sand plätscherte. Womit sollte er aber Wasser schöpfen, da sich ringsum in den Dünen nicht einmal eine einzige Muschel zeigte? Der junge Mensch mußte sich begnügen, sein Taschentuch in den Bach zu tauchen, und eilends lief er nach der Höhle zurück.
    Zum Glücke genügte das benetzte Tuch, da Gedeon Spilett nur die Lippen des Ingenieurs anfeuchten wollte. Die wenigen Tropfen frischen Wassers erzielten einen fast unmittelbaren Erfolg. Ein Seufzer entrang sich der Brust Cyrus Smith’s und er schien sogar einige Worte sprechen zu wollen.
    »Wir retten ihn noch!« sagte der Reporter.
    Nab schöpfte bei diesen Worten wieder Hoffnung. Er entkleidete seinen Herrn, um nachzusehen, ob er vielleicht irgend eine Wunde habe. Weder Kopf, Rumpf noch Gliedmaßen zeigten eine Verletzung, nicht einmal eine Schramme, was gewiß zu verwundern war, da der Körper Cyrus Smith’s doch mit aller Wahrscheinlichkeit durch die Risse hindurch geschwemmt worden war. Selbst die Hände erwiesen sich gänzlich unverletzt, und es blieb ganz unerklärlich, daß der Ingenieur keine Spuren von seinem Durchkämpfen der Klippen davon getragen haben sollte
    Später sollte sich ja dieses Dunkel lüften. Konnte Cyrus Smith wieder sprechen, so würde er schon erzählen, was mit ihm vorgegangen war. Für jetzt handelte es sich darum, ihn ins Leben zurück zu rufen, wozu man Frictionen der Haut für angezeigt hielt. Man führte diese mittels des groben Kittels des Seemanns aus. Erwärmt durch das kräftige Reiben, bewegte der Ingenieur schwach die Arme und stellten sich regelmäßigere Athembewegungen wieder her. Ohne Zwischenkunft des Reporters und seiner Begleiter wäre Cyrus Smith wohl an Erschöpfung zu Grunde gegangen.
    »Hast ihn also für todt gehalten, Deinen Herrn? fragte der Seemann den Neger.
    – Ja wohl, für todt! antwortete Nab; und hätte Top Sie nicht gefunden und hierher geführt, so hätte ich meinen Herrn begraben und wäre neben ihm gestorben.«
    Man sieht, an welch dünnem Fädchen Cyrus Smiths Leben gehangen hatte!
    Nad erzählte hierauf, was vorgegangen war. Nach seinem Weggange aus den Kaminen am Morgen des verflossenen Tages gelangte er, in der Richtung nach Norden zuschreitend, zu dem Küstengebiete, das er schon durchsucht hatte.
    Ohne eigentliche Hoffnung, wie er jetzt eingestand, forschte er am Ufer, im Sande, zwischen dem Gesteine nach Spuren, die ihn hätten leiten können. Vorzüglich faßte er dabei den etwas höher liegenden Strand in’s Auge, da Ebbe und Fluth am Rande selbst jede Spur verwaschen haben mußten. Seinen Herrn lebend wieder zu finden, hatte er völlig aufgegeben. Nur zur Entdeckung eines Leichnams zog er aus, eines Leichnams, der wenigstens das Grab noch von seinen Händen finden sollte!
    Lange Zeit suchte Nab umher. Seine Mühe blieb erfolglos. Diese wüste Küste schien noch keines Menschen Fuß betreten zu haben. Die Muscheln, welche die Wellen nicht erreichen konnten und die außerhalb der Fluthgrenze den Boden zu Millionen überdeckten, erschienen unberührt. Keine einzige war zertreten. Auf einer Strecke von zweihundert Yards 1 verrieth keine Spur ein früheres oder neuerliches Anlanden.
    Nab beschloß also, an der Küste noch einige Meilen weiter hinauf zu gehen. Möglicher Weise konnte die Strömung einen Körper ja etwas weiterhin getragen haben. Schwimmt nämlich ein Leichnam nahe einem flachen Ufer, so kommt es nur sehr selten vor, daß er nicht an’s Land gespült würde. Das wußte Nab, und ein letztes Mal mußte er seinen Herrn noch wiedersehen.
    »Zwei Meilen weit lief ich an der Küste hin, durchsuchte zur Zeit der Ebbe die ganze Klippenreihe, das Küstengebiet zur Zeit der Fluth; schon verzweifelte ich, überhaupt etwas zu finden, da fielen mir gestern Nachmittag gegen fünf Uhr die Spuren von Schritten ins Auge.
    – Fußspuren? unterbrach ihn Pencroff.
    – Ja, bestätigte Nab.
    – Und diese Spur begann zwischen den Rissen selbst? fragte der Reporter.
    – Nein, entgegnete Nab, erst bei der Fluthgrenze, denn die Eindrücke zwischen dieser und den Rissen mußten wohl verwischt sein.
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