Die geheimnißvolle Insel
sich sofort nach dem nördlichen Ufer des Sees zu wenden, umkreisten die Colonisten den Rand des Plateaus, um an der linken Seite der Mündung des Creeks anzukommen, wodurch allerdings ein Umweg von anderthalb Meilen entstand. Doch war der Weg bequem, da die nicht so dicht stehenden Bäume einen freien Durchgang gestatteten. Man bemerkte recht deutlich, daß die fruchtbare Zone an dieser Grenze aufhörte und die Vegetation minder üppig erschien, als in dem Theile zwischen dem Laufe des Creeks und der Mercy.
Nicht ohne Beachtung einer gewissen Vorsicht betraten Cyrus Smith und seine Genossen diesen für sie neuen. Boden. Bogen und Pfeile und einige mit eisernen Spitzen versehene Stöcke bildeten ja ihre ganze Bewaffnung; doch zeigte sich kein wildes Thier und schienen diese mehr die dichten Wälder im Süden zu bewohnen. Dafür sollten sie jedoch unangenehm überrascht werden, als Top plötzlich vor einer großen, wohl vierzehn bis fünfzehn Fuß messenden Schlange zurückprallte. Nab tödtete sie durch einen geschickten Hieb mit dem Stocke. Cyrus Smith untersuchte dieselbe näher und erklärte, daß sie nicht giftig sei, sondern zu der Art der Brillant-Schlangen gehöre, welche die Eingeborenen von Neu-Süd-Wales sogar als Nahrungsmittel betrachten. Damit aber war noch nicht bewiesen, daß sich nicht andere giftige Arten in der Nähe aufhielten. Nachdem sich Top von dem ersten Schrecken erholt, jagte er die Reptilien mit einer solchen Erbitterung, daß man für ihn fürchten und sein Herr denselben immer wieder zurückrufen mußte.
Bald erreichte man den Rothen Fluß an der Stelle, wo dieser in den See mündete. Am gegenüberliegenden Ufer erkannten die Wanderer auch die Stelle wieder, die sie bei ihrem Rückwege vom Franklin-Berge besucht hatten. Cyrus Smith überzeugte sich nochmals, daß die Wasserzufuhr durch den Creek gar nicht so unbeträchtlich war und daß an irgend einer Stelle nothwendiger Weise eine Abflußöffnung für den Wasserüberschuß vorhanden sein müsse. Diesen Abfluß, welcher voraussichtlich in Form von Wasserfällen statthaben würde, galt es aufzufinden, um bei gegebener Gelegenheit aus der Wasserkraft desselben Nutzen zu ziehen.
Die Colonisten verfolgten Jeder nach eigenem Belieben, doch ohne sich weit von einander zu entfernen, das Ufer des Sees, welches im Allgemeinen sehr steil erschien. Das Gewässer selbst hatte offenbar Ueberfluß an Fischen, und Pencroff nahm sich vor, baldmöglichst Angelgeräthschaften zur Ausbeutung desselben zurecht zu machen.
Das spitze Ende des Sees im Nordosten mußte umgangen werden. An dieser Stelle durfte man wohl den gesuchten Ausfluß vermuthen, denn hier berührte das Wasser des Sees fast die Grenze des Plateaus. Nichts fand sich aber und weiter setzten die Colonisten die Erforschung des Ufers fort, das jetzt der Küste parallel dahinlief.
An dieser Seite zeigte sich dasselbe minder bewaldet, doch erhöhten einige da und dort verstreute Baumgruppen den Reiz der Landschaft. Der Grants-See zeigte sich hier in seiner ganzen Ausdehnung und kein Lüftchen kräuselte jetzt seinen Wasserspiegel. Top, der durch die Gebüsche schlüpfte, trieb ganze Schwärme verschiedener Vögel auf, welche Gedeon Spilett und Harbert mit ihren Pfeilen begrüßten. Einer dieser Vögel wurde von dem jungen Manne tödtlich getroffen und fiel mitten in eine Partie Sumpfpflanzen nieder. Top stürzte ihm nach und apportirte einen schönen Schwimmvogel von Schieferfarbe mit kurzem Schnabel, sehr entwickelter Stirnplatte und mit weißem Rande verzierten Flügeln. Es war ein Wasserhuhn, von der Größe unserer Rebhühner und zu jener Gruppe von Makrodaktylen gehörig, welche den Uebergang zwischen den Strandläufern und den Plattfüßlern bildet. Alles in Allem erkannte man es als ein dürftiges Stück Wild, dessen Geschmack sehr viel zu wünschen übrig läßt. Top schien nicht so wählerisch wie seine Herren, und so bewahrte man den Vogel diesem für den Abend auf.
Die Colonisten wanderten jetzt längs des östlichen Seeufers und mußten den ihnen schon bekannten Theil desselben binnen Kurzem erreichen. Der Ingenieur erstaunte nicht wenig, nirgends einen Wasserabfluß zu finden. Der Reporter und der Seemann sprachen mit ihm und verhehlte er ihnen seine Verwunderung über jene Eigenthümlichkeit nicht.
In diesem Augenblicke ließ Top, der jetzt so ziemlich ruhig gewesen war, offenbare Zeichen von Unruhe bemerken. Das kluge Thier lief am Ufer hin und her, blieb plötzlich mit
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