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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Tenner
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Sie nicht weiter. Deshalb verzichte ich auf weitere Abschweifungen und Selbstbekenntnisse und kehre zu den Ereignissen des Juli 1990 zurück.
    Nach der Stadtrundfahrt blieben etwa drei Stunden zur freien Verfügung. Ich wollte unbedingt das Grab eines meiner Lieblingsdichter besuchen. Bis zum Montmartre Friedhof waren es nur wenige Hundert Meter Fußweg. Das Grab Heines war schnell gefunden und ich blieb einige Minuten in Gedanken versunken vor dem Marmor-Grab stehen und legte eine einzelne Rose nieder. Die Inschrift der weißen Marmorplatte kannte ich bereits, aber etwas in einem Buch zu lesen oder auf einem Marmorstein eines Grabes zu betrachten, sind doch zwei grundverschiedene Dinge. „Wo wird einst des Wandermüden Ruhestätte sein.“ Ich las die Zeilen halblaut vor. Meine Frau hatte wenig übrig für Friedhöfe, aber sie wusste um meine Bewunderung Heinrich Heines und enthielt sich aller kritischen Kommentare oder der Aufforderung, endlich aufzubrechen und in ein kleines romantisches Café einzukehren. Aber es gibt eine Art Selbstzensur und ich wollte nicht, dass sich von der facettenreichen Stadt Paris vor allem eine weiße Marmorbüste im Gedächtnis einbrennen würde. Obwohl es Heines Lebensleistung angemessen gewesen wäre. Trotz der wenigen Minuten, die wir am Grab verbrachten, war dies unbeabsichtigt dann doch das Hauptergebnis der dreitägigen Tour. Ausgenommen diese verfluchte Sanduhr. Oder gesegnete , später fiel mir die Unterscheidung schwer. Ich hätte nicht auf die Idee kommen sollen, nach dem gemütlichen Espresso noch ins gegenüberliegende Antiquariat zu gehen. Aber es war wie ein innerer Drang, dem man nicht widerstehen kann. Meine Frau hatte nach einem kurzen Blick auf die Schaufensterauslage, die vor allem mit unzähligen kleinen und großen Messingleuchtern, Briefbeschwerern und zwei großen Gemälden mit Schlachtszenen aus den Napoleonischen Kriegen aufzuwarten hatte, wenig Interesse und Lust, das Geschäft zu betreten.
    Meine Überzeugungs- und Durchsetzungskraft waren stärker. Sie bereute diesen Schritt des partnerschaftlichen Einlenkens und Nachgebens nicht, denn gleich auf dem ersten Regal entdeckte sie einen niedlichen Baby-Elefanten aus Ebenholz, der eine Bereicherung ihrer Sammlung darstellen sollte und für wenige Franc zu erwerben war. Ich musste nicht lange suchen, um meinem Schicksal zu begegnen. Obwohl ich noch nie auf einer Fläche von höchstens 20 Quadratmetern so viele Gegenstände in allen Formen, Farben, Größen, aus den unterschiedlichsten Materialien, vom vergilbten Pergament bis zum goldenen Porzellan-Buddha gesehen hatte, die Augen und Wahrnehmung reizüberflutet wurden, fiel mein Blick doch sofort auf diesen einen, mein weiteres oder vergangenes Leben so nachhaltig verändernden Gegenstand: eine große Sanduhr. Sie war nicht besonders schön, im Gegenteil. Mit ihren über 30 Zentimetern Größe war sie nicht sehr filigran. Die Glaszylinder waren glatt, außen mit einer Strichskala versehen; beide verdünnten sich erst kurz vor ihrem Zusammentreffen. Die drei gedrechselten Holzstangen, die den Glaskörper hielten, waren untereinander mit einem bronzenen Reifen verbunden. Die Glaskörper hatten jeweils leicht angerostete runde Metallplatten als Böden und einen schmalen Metallreifen mit Rand, der verhinderte, dass die Böden herausfielen. Als ich mir diese Böden genauer anschaute, entdeckte ich eingravierte Schriftzeichen und Ziffern.
    Der Verkäufer war ein kleiner Klischeefranzose. Vielleicht handelt es sich bei diesen Klischees aber einfach nur um Bilder der Wirklichkeit, die vermischt mit unseren eigenen Urteilen signifikante Merkmale von Menschen oder Gegenständen widerspiegeln und nur durch ihre ständige Wiederholung den Charakter des Abgedroschenen, Langweiligen, Übertriebenen und damit Falschen erhalten. Jedenfalls war er klein, hatte einen schwarzen, gezwirbelten Schnauzbart, flinke, freundliche Augen und eine dunkelblaue Baskenmütze auf den schwarzen, leicht lockigen Haaren. Er sprach zwar kein Wort deutsch, hatte uns aber sofort als Deutsche erkannt und erhoffte sich ein gutes Geschäft. Er konnte nicht ahnen, dass wir aus dem Teil Deutschlands stammten, der nur geringe Kaufkraft vorzuweisen hatte. Er lächelte verschmitzt und brauchte nur wenige Sekunden, um den Babyelefanten an den Mann, besser an meine Frau zu bringen. Als er mein Interesse an der Sanduhr bemerkte und ich auf seine auf französisch gestellte Frage nicht antworten konnte, schaltete

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