Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)
weiter, als dass wie immer der Sand oder die Masse von winzigen Kügelchen, nach oben rieselte oder lief oder flog oder was weiß ich.
Nachdem wir kurz nach zehn Uhr alle Gäste verabschiedet hatten, setzte ich mich erschöpft in meinen Fernsehsessel und schenkte mir ein Glas Bowle ein. Meine Frau protestierte. „Ich würde an deiner Stelle heute keinen Alkohol mehr trinken. Das verträgt sich bestimmt nicht mit den starken Schmerztabletten, die du heute eingenommen hast.“ Der Einwand mochte berechtigt sein, hielt mich jedoch nicht davon ab, das Glas mit Ausnahme einiger Pfirsichstücke, die am Boden kleben blieben, in einem Zug zu leeren. „Du bist unvernünftig.“ Ich stimmte meiner Frau zu. „Genau. Das ist das Problem. Setz dich bitte. Ich muss dir etwas erzählen.“
„Eigentlich wollte ich noch abräumen und das Geschirr in die Spülmaschine stellen, dann haben wir morgen früh weniger aufzuräumen.“ Ich winkte ab. „Die Arbeit rennt nicht weg.“ Misstrauisch schaute meine Frau in meine Augen, vielleicht erwartete sie, Hinweise auf einen fortgeschrittenen Alkoholkonsum zu entdecken. „Es ist mir ernst. Ich glaube, ich bin verrückt geworden.“
Meine Frau nahm meine Bemerkung alles andere als ernst. „Wenn es weiter nichts ist. Das bist du doch schon, seitdem ich dich kenne.“
„Ha, ha. Muss ich ja wohl gewesen sein, sonst hätte ich dich nicht geheiratet.“ Nach einer Pause. „Ich habe dir doch heute früh erzählt, ich habe den gesamten heutigen Tag im Traum erlebt.“ Meine Frau nickte. „Ich habe mich geirrt. Es war der 24. Dezember 2008.“
„Aha, du bist jetzt also unter die Hellseher gegangen.“ „Vielleicht. Dies wäre eine von vier möglichen Erklärungen.“ Meine Frau nahm mich immer noch nicht besonders ernst. „Hast du mir nicht einmal erzählt, deine Großmutter väterlicherseits hätte hellseherische Fähigkeiten besessen?“
„Das habe ich zumindest als Kind geglaubt.“
„Na also, dann hast du diese Gabe geerbt. Damit dürften unsere finanziellen Probleme ein für alle Mal geklärt sein. Du spielst nächste Woche im Lotto.“
„Ich kenne die Zahlen nicht, da ich mich noch nie um das Lottospielen gekümmert habe. Woher sollte ich also die Zahlen in meinen Kopf bekommen haben?“
„Ich denke, du siehst die Zukunft voraus?“
„Das habe ich nicht behauptet. Ich zog außer der Tatsache, dass ich verrückt geworden sein könnte in Betracht, dass ich eine, die bekannten Naturgesetze übersteigende Fähigkeit erhalten haben könnte.“ Meine Frau schaute auf den unabgeräumten Esstisch und das dreckige Geschirr. „Und, was sind die anderen beiden Möglichkeiten?“ Ich überlegte kurz. „Beide beruhen auf keinem Geisteszustand, sondern auf körperlichen Erlebnissen. Entweder hat Stephen Hawking recht und es gibt das, was er als Wurmlöcher bezeichnet und ich habe tatsächlich eine Reise in die Vergangenheit angetreten entsprechend der bekannten Naturgesetze oder aber ich wurde durch eine unbekannte Macht, nennen wir es ein Wunder, um ein Jahr meines Lebens zurückversetzt.“
„Bist du wirklich sicher, dass du nur zwei Schmerztabletten genommen hast und nicht heimlich den größten Teil der Bowle alleine ausgetrunken hast?“
Meine Frau verlor langsam die Geduld. Ich hatte dafür durchaus Verständnis. „Hör zu, es mag alles verrückt klingen, aber ich frage dich, woher sollte ich wissen, was im nächsten Jahr passieren wird, wenn ich es nicht schon erlebt hätte oder vorausahnen könnte?“
„Du meinst also, du könntest voraussagen, was 2008 passieren wird?“ „Mit absoluter Sicherheit.“ „Gut, dann sag mir doch, was am 1. Januar alles geschehen wird. Was werden wir unternehmen?“
„Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Es wird nicht so bedeutsam gewesen sein.“
„Nicht so bedeutsam? Dann verrate mir, was sich an Bedeutsamem im kommenden Jahr ereignen wird!“
„Zum Beispiel wird der Finanzmarkt weltweit zusammenbrechen und alle Banken und Finanzhäuser erschüttern und wirtschaftliche Krisen nach sich ziehen.“
„Toll. Das habe ich dir schon im vergangenen Jahr gesagt. Dazu bedarf es keines großen ökonomischen Sachverstandes oder hellseherischer Kräfte, ein wenig gesunder Menschenverstand und hin und wieder bei Karl Marx oder anderen Wirtschaftsweisen nachlesen, dann könnte ich auch als Wahrsagerin im Astro-Kanal auftreten.“
Der pragmatische Sinn meiner Frau hatte etwas Erfrischendes und gab mir die Überzeugung zurück, dass
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